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Über Voodoo und Homöopathie am Auto: Spritsparzauber!

Tanken ist teuer geworden! Darüber müssen wir nicht reden. Und um unsere Tankrechnungen niedrig zu halten, wollen wir natürlich Kraftstoff sparen. Doch Vorsicht, es gibt da einiges an Nepp fürs Auto!

Autor: Andre Wolf

Voodoo fürs Auto. Zum ersten Mal sind mir irgendwelche Nepp-Produkte für das Auto vor über 10 Jahren begegnet, sogar in der Realität! Ich habe in der Vergangenheit für eine Firma gearbeitet, die einen großen Fuhrpark betrieben hat. Um die Kosten des Fuhrparks zu senken, kam die Idee auf den Tisch, die Fahrzeuge mit Magneten an den Schläuchen im Motorraum zu versehen. Diese Magneten sollten für eine bessere Verbrennung sorgen.

Tatsächlich rollte damals sogar der Geschäftsführer einer Firma an, der mit Wunderzertifikaten und irgendwelchen Diagrammen von der Wirksamkeit diverser Magnetringe für das Auto erzählt hat. Diese müssten nur in der Nähe des Motors an Ansaugtrakt und Einspritzleitungen angebracht werden. Zu Vorführzwecken wurde sogar ein Fahrzeug vor Ort präpariert, mit dem jeder dann fahren durfte, um sich selbst zu überzeugen.

Das Ergebnis war spannend: die drei kleinen Teile, die im Motorraum eines der PKW aus der Firmenflotte installiert wurden, schienen Wunder zu bewirken! Denn nicht nur der Spritverbrauch sollte damit gesenkt werden, sondern der Motor sollte generell besser laufen und auch mehr Leistung bringen. Und genau das „bestätigten“ alle meine Kollegen (sic), die eine Runde mit dem Geschäftsführer der Firma in dem modifizierten Wagen gedreht haben. Warum das so ist, erkläre ich im Verlaufe des Artikels.

Am Ende landete ein Kostenvoranschlag mit 5-stelliger Summe auf dem Tisch. Ob diese Voodoo-Teile fürs Auto jemals gekauft wurden, lasse ich offen. Doch mit diesen Dingern lässt sich generell viel Geld verdienen (zumindest bei jenen, die sie VERKAUFEN), bis heute!

Magnete und andere Zaubereien am Auto!

Meine Erfahrung mit den Wundermittelchen ist mittlerweile viele Jahre her und seinerzeit kannte ich auch Mimikama nicht. Insofern war es ein schweres innerbetriebliches Gerangel, diese magnetischen Dinger als Voodoo fürs Auto verdeutlichen zu können.

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All die vielen Jahre später muss ich jedoch feststellen, dass es auch heute noch eine Vielzahl von Zaubergeräten auf dem Markt gibt, die Spritsenkungen, höhere Effizienz oder mehr Leistung versprechen, ohne wesentliche Eingriffe vorzunehmen. Und auch der „Magnetring“, unter welchen Bezeichnungen er auch immer vertrieben wird, wird weiterhin verkauft.

Ob Magneten oder Ringe, sie alle haben gemein, dass sie leicht installiert am Auto werden können. Sie werden außerhalb eines Motors angebracht und greifen somit nicht auf diesen zu. Nein, diese Teile sollen anders wirken. Diese Gerätschaften sollen Moleküle so ausrichten, dass sie effizienter verbrannt werden. Magnetische Schwingungen würden angeblich auf molekularer Basis auf den Kraftstoff einwirken. Das kann nach unterschiedlichen Aussagen direkt an der Benzinpumpe sein oder kurz vor dem Motor bei der Einspritzung.

In netten kleinen animierten Grafiken sind dann immer wieder Luft und Kraftstoffmoleküle zu sehen, die durch die Magneten wie kleine Armeen in Reih und Glied sortiert werden (siehe hier). Wenn also diese kleinen Molekülsoldaten geordnet in den Motor marschieren, sollen sie besser verbrannt werden. So augenscheinlich die Logik.

Chemisch gesehen Nonsens!

Doch aus Sicht der Chemiebrille absoluter Unsinn! In erster Instanz einmal fernab vom klassischen Verbrennungsmotor im Auto: Prinzipiell lassen sich Moleküle schon durch Magneten beeinflussen. Vor allem Moleküle, die auf irgendeine Art magnetisch oder paramagnetisch sind.

Diese Moleküle werden dann vom Pol eines Magneten angestoßen oder abgestoßen. Sauerstoff ist tatsächlich paramagnetisch und kann, in flüssiger Form von Magneten beeinflusst werden. ABER eben nur im flüssigen Zustand (sehr, sehr kalt, minus 183 Grad C)!

In seinem natürlichen Zustand, also Gas, geht das allerdings nicht. Aufgrund der starken Beweglichkeit der Teilchen würden wir immens starke Magneten benötigen, um gasförmigen Sauerstoff zu beeinflussen. Dieses Magnetfeld müsste weitaus stärker sein als das bis jetzt stärkste erzeugte Magnetfeld. Sicherlich gibt es auch immer wieder Versuche, Sauerstoff mit Magneten zu beeinflussen.

Aber all das hat nichts mit Ordnung oder Regelmäßigkeit der Moleküle zu tun. Selbst wenn der Magnet so stark wäre, dass er gasförmigen Sauerstoff beeinflussen könnte, würde das keine Ordnung ergeben. Im besten Fall würde der Magnet die Durchströmgeschwindigkeit des Sauerstoffs in der Luftzufuhr hemmen, d.h. der Sauerstoff würde wenige Millisekunden später im Motor ankommen als geplant. Außerdem machen gasförmige Moleküle sowieso was sie wollen.

Selbst wenn wir davon ausgehen, dass zum einen der Magnet stark genug ist, um gasförmigen Sauerstoff zu beeinflussen (was so nicht möglich ist), würden die Moleküle, sobald sie am Magneten vorbei sind, einfach wieder machen was sie wollen.

Ein Blick nun auch auf die Luft, die in den Motor strömt, denn wir reden hier nicht von reinem Sauerstoff. Bei einem Luftzug aus unserer Atmosphäre handelt es sich in der Regel um 21 % Sauerstoff und satte 78 % Stickstoff. Die lieben Stickstoffmoleküle interessieren sich aber nun mal so gar nicht für die Magneten, weil sie nicht paramagnetisch sind, Sie „prügeln“ quasi mit all ihrer Energie auf die Sauerstoffmoleküle ein und sorgen dafür, dass auch diese in Bewegung bleiben.

Ergo: Klassische „Luft“, die für die Verbrennung in einem Verbrennungsmotor gebraucht wird, kann nicht geordnet werden, so wie es uns die Schemata diverser Magnetringe zeigen. Doch was ist mit dem Kraftstoff, lässt sich der durch Magnetringe ordnen, um besser verbrannt zu werden?

Bei dem Kraftstoff für typische Otto- oder Dieselmotoren handelt es sich immer um eine Mischung unterschiedlich langer Kohlenwasserstoffe. Diese sind üblicherweise nicht paramagnetisch, d.h. lassen sich nicht durch Magneten beeinflussen. Dadurch bleiben sie beim Durchlauf durch diese Magnetschellen unbeeindruckt. Also: Magnete bringen da rein gar nichts! Doch geben wir dem Ganzen eine zweite Chance:

Nach der Kraftstoffzufuhr kommen wir zur Einspritzung, jetzt wird es richtig interessant. Das Ziel der Einspritzung ist es nämlich, den Kraftstoff und die Luft (mit dem Sauerstoff) so fein wie möglich zu verteilen. Hierbei wird nach Möglichkeit eine maximale Kontaktfläche zwischen Luft und Kraftstoff geschaffen. Dabei ist sicherlich eine gleichmäßige Verteilung reaktionstechnisch von Vorteil.

Diese erzielt man üblicherweise durch extremen Druck, feine Zerstäubung und danach starke Kompression durch die Kolben, bevor die explosionsfähige Atmosphäre im Zylinder durch eine Zündkerze oder Selbstzündung zur Explosion gebracht wird. Egal in welcher Ordnung unsere Moleküle also zur Einspritzanlage kommen, spätestens ab dieser Stelle ist vor der eigentlichen Verbrennung Schluss, Ende, Aus. Hier wird alles massiv durcheinandergewirbelt und so fein wie möglich verteilt. Es passiert auch weder vor noch bei der Einspritzung eine Anordnung der Moleküle zueinander, alle Teilchen sind ja ungeladen.

Erst wenn die Zündung erfolgt, werden die Bindungen innerhalb der Moleküle aufgebrochen und neu geformt. Ergo: selbst WENN vor der Einspritzung auch nur ein einziges Molekül geordnet wurde (was schon nicht in dieser Form möglich ist), wird spätestens bei der „Hurra, ab in den Kolben“ Einspritzung alles wieder verwirbelt.

Noch mehr Voodoo für das Auto!

Doch wir finden auf dem Markt noch weitere Produkte für das Auto, die eine Effizienz von Fahrzeugen und einen geringeren Verbrauch versprechen. Hierbei geht es nicht um den Einfluss auf Moleküle, sondern auf die Elektronik eines Fahrzeugs. Wir reden hier von kleinen Steckern, die angeblich Wunder bewirken, genauer gesagt geht es um sog. OBD2-Steckmodule, die im Internet häufig angeboten werden.

Das sind in der Regel kleine weiße Stecker mit einer bunten Kappe, die auf den Anschluss für das Diagnosesystem eines Fahrzeugs gesteckt werden sollen. Angeblich würden diese ein „Remapping“ durchführen und das Steuergerät mit neuen Daten füttern. Aufgesetzt wird dieser kleine Stecker auf den OBD-Anschluss eines jeden Fahrzeugs.

Diesen OBD-Anschluss haben Fahrzeuge mittlerweile seit gut zwei Jahrzehnten. Damit kann in der Werkstatt ausgelesen werden, welche Fehler der Bordcomputer vermeldet. Gleichzeitig kann auch auf das System eines Fahrzeugs zugegriffen werden.

Das klingt ja soweit erstmal gut und tatsächlich kann über diese Schnittstelle nicht nur diagnostiziert, sondern auch auf das Fahrzeug zugegriffen werden. Jetzt kommt aber das große ABER, denn diese kleinen Stecker, die es auf allerlei Verkaufsplattformen im Internet gibt, können das eben nicht. Auch wenn sie das behaupten.

So einfach heruntergebrochen, dass da einzelne Platinen mit einem Steuergerät im Auto kommunizieren und ihn entsprechend optimieren (auch fortlaufend), ist auf mehreren eben völliger Schwachsinn. Denn jeder Verbrennungsmotor wird vom Hersteller von Werk aus mit bestimmten Einstellungen versehen. Das bedeutet auch, dass verschiedene Motoren unterschiedliche Einspritzzeiten und Optimierungen haben.

Die kleinen Stecker vermitteln jedoch den Eindruck, dass sie jeden Motor optimieren können, indem sie einfach aufgesteckt werden. Das würde voraussetzen, dass alle Motoren gleich eingestellt sind, und das ist eben nicht der Fall. Doch dass diese kleinen Stecker und ihren bunt leuchtenden Dioden völliger Murks sind, hat Christof Windeck vom c`t Magazin kürzlich erst recht klar verdeutlicht.

In seinem Artikel „Benzin sparen: Abzocke mit blinkenden Kraftstoffsparsteckern“ hat Windeck sich diese kleinen Teile genauer angeschaut und auch untersucht, was da genau ablaufen soll. Das Ergebnis des Artikels: Diese OBD-2-Stecker können rein gar nichts, außer bunt blinken. Und das dürfte auch beabsichtigt sein, denn ein wahlloser Eingriff in die Steuergeräte könnte am Ende zu fatalen Motorschäden führen. Abgesehen davon, dass die Herstellergarantie sofort erlischt, sobald ein solcher Eingriff wirklich funktionieren würde.

Einer der Stecker treibt den Betrug auf die Spitze: Darin ist keine der Datenleitungen angeschlossen und es gibt auch gar keinen Chip, der kommunizieren könnte. Stattdessen leuchten zwei LEDs dauerhaft und die mittlere blinkt im stets gleichen Rhythmus.

Benzin sparen: Abzocke mit blinkenden Kraftstoffsparsteckern

An dieser Stelle daher eine Leseempfehlung für den Artikel von Christof Windeck.

Hokuspokus und Psychospiele

Wie schaffe ich es, dass so mancher Hokuspokus bei den Anwendern funktioniert? Ganz einfach: ich erschaffe ein entsprechendes Mindsetting. Ich stimme die Menschen gedanklich auf die Gerätschaften ein, die ich Ihnen verkaufe. Um damit das Verhalten meiner Ex-Kollegen vom Anfang des Artikels aufzugreifen: Sie haben sich schlichtweg manipulieren lassen und einen gefühlten Effekt gehabt. Dieser Effekt wurde verstärkt indem der verkaufende Geschäftsführer während der Probefahrt noch auf sie eingeredet hat.

Doch nicht immer ist eine person anwesend, die ein Produkt schmackhaft getaltet. Im Normalfall setzen viele dieser nutzlosen Produkte für das Auto auf andere psychologische Effekte. Einer der immer wiederkehrenden Tricks ist die Angabe, dass ein messbarer Effekt erst nach einiger Zeit auftreten würde.

Wir lesen davon, dass es einige Tankfüllungen dauern würde, bis sich der Motor auf die neue Umgebung eingestellt hätte oder bis die Chips in irgendeiner Form Wirkung zeigen. Das ist in der Regel ein vorgespielter Unsinn. Ein Motor, bzw. ein Auto ist kein Mensch, welcher sich erst an etwas gewöhnen muss. Eine veränderte Verbrennung findet im Grunde direkt statt und nicht erst nach 1000 oder 2000 gefahrenen Kilometer.

Doch was soll das? Es ist ganz einfach eine Beschäftigungstherapie und eine Art der Beeinflussung des Fahrverhaltens. Wir haben es mit einer Form des Placebo-effektes zu tun. Wer ein solches Produkt kauft und daran glaubt, ändert unbewusst das Fahrverhalten in Richtung des Wirkversprechens des Produktes. Ich passe mich also meine Erwartungshaltung an. Und je mehr Zeit ich dafür bekomme, desto größer die Anpassung. Anekdotisch ausgedrückt bedeutet das: „Oh, schau mal, mittlerweile fahre ich 300 km mit dem Teil und der Effekt setzt so langsam ein“.

Insofern könnte man in der Tat schon davon sprechen, dass diese ganzen Dinger in irgendeiner Form funktionieren. Denn sie beeinflussen das Fahrverhalten, auch wenn nicht so, wie angepriesen. Das zumindest kann man mit einem Lächeln im Gesicht an dieser Stelle einräumen.

Doch was hilft denn nun?

Gehen wir einmal weg von Voodoo und Schlangengift fürs Auto. Natürlich gibt es Möglichkeiten, den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren. Auch der Fuhrpark der Firma, für die ich seinerzeit gearbeitet habe und die dazu neigten, Wundermittel einzusetzen, hätten andere, vor allem logische Wege gehen können. Dafür muss ich kein Geld in Hilfsmittel investieren, sondern das Gegenteil ist der Fall: ich spare komplett Geld, wenn einfach mein Fahrverhalten anpasse.

Vorausschauendes Fahren, kein unnötiges Rasen, kein unnötiges laufen lassen des Motors, frühzeitig Geschwindigkeiten reduzieren und ausrollen lassen, kein rasantes Anfahren, keine unnötigen Verbraucher während der Fahrt. Keine unnötigen Fahrten oder Lustfahrten. Eventuell Fahrgemeinschaften in Betracht ziehen. Das sind alles Dinge, die sind nicht neu und in ihrer Summe funktionieren sie. Ein Fahrtraining ist da wesentlich effizienter als alle Wundermittel in ihrer Summe!

Im privaten Umfeld kommen weitere Aspekte ins Spiel. Ich spare am meisten Kraftstoff, wenn ich das Auto gar nicht erst bewege. Es geht also darum, auch im Kopf die Denkweise zu verändern. Wie weit kann ich laufen oder eventuell vorhandene öffentliche Netze nutzen, ohne das Auto bewegen zu müssen? Ich muss mit mir selbst ausmachen, ob eine Fahrt von ein oder zwei Kilometer notwendig ist oder ob ich mir 20 Minuten mehr Zeit für einen Weg einplane und diesen zu Fuß zurücklegen. Oder mit dem Rad, denn ein Fahrrad ist auf Kurzstrecke die ideale Wahl, was Zeit und Geschwindigkeit angeht.

Aber das muss am Ende jede Person für sich selbst entscheiden. Ein Fußweg kostet mich nichts. Ganz ohne Magnetringe oder Steckmodule.

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