Wer hinter QAnon steckt: Forscher identifizieren mutmaßliche Urheber

Autor: Annika Hommer

Mithilfe maschinellen Lernens könnte es zwei Teams von Forscherinnen und Forschern unabhängig voneinander gelungen sein, die wahrscheinlichen Urheber der Verschwörungsbewegung QAnon entlarvt zu haben. Die Forschenden wollen damit zur Demystifizierung der Bewegung beitragen und deren Zulauf stoppen.

Was ist QAnon?

QAnon ist eine Bewegung, die Verschwörungsmythen anhängt und diese verbreitet. Ihre Anhänger streuen sich mittlerweile beinahe weltweit. Ihnen zufolge agiert eine böswillige Elite im Hintergrund, die weltliche Geschehnisse zu ihren Gunsten manipuliert. Bestandteil der Bewegung ist der Glaube daran, dass diese geheime Elite eine “Neue Weltordnung” plane, eine autoritäre und supranationale Weltregierung. Zudem sei nach QAnon ein Großteil der an der Regierung beteiligten Politiker Mitglieder eines Zusammenschlusses von Pädophilen, die Kinder in unterirdischen Lagern Adrenochrom abzapfen und es trinken, um sich selbst zu verjüngen. In anderen Erzählungen sind die Politiker wiederum Satanisten oder Reptilienmenschen. Weitere Verschwörungserzählungen, die mit QAnon in Verbindung stehen, betreffen mitunter Covid 19 als “globale Biowaffe”. Auch an diversen Corona-Demos hierzulande und am Sturm auf das US-amerikanische Kapitol waren QAnon-Anhängerinnen und Anhänger beteiligt. Das F.B.I. stufte die Bewegung derweil als potenzielle terroristische Bedrohung ein.

Die mutmaßlichen Urheber der Bewegung

Wie Analysen von Forscherinnen und Forschern aus Frankreich und der Schweiz nun ergaben, könnte einer der Köpfe hinter der QAnon-Bewegung der südafrikanische Softwareentwickler und Technikjournalist Paul Furber sein. Dieser sagte in der Vergangenheit in einem Interview, er sei seit langem von Politik und Verschwörungstheorien fasziniert und halte weiter an der bereits widerlegten Internetlüge “Pizzagate” fest. Bei Pizzagate ging es um die Behauptung, Kinder würden in einem Restaurant in Washington von Liberalen verkauft werden. Furber habe im Oktober 2017 anonym mit einem Post auf dem öffentlichen Nachrichten-Board 8Chan die Leser dazu aufgerufen, “ihre Augen [zu] öffnen” und verkündet, dass “viele in unserer Regierung” Satan anbeteten. Seine Botschaften signierte er mit dem Kürzel “Q”.
Wie Analysen zeigten, soll der US-Amerikaner Ron Watkins später ebenfalls unter dem Kürzel Verschwörungserzählungen verbreitet haben. Laut einem Bericht der New York Times habe Watkins zunächst gemeinsam mit Furber und später schließlich allein agiert.

Forensische Linguistik entlarvt Autoren

Zwei Teams von Forscherinnen und Forschern nutzten unabhängig voneinander eine Form der forensischen Linguistik, um herauszufinden, wer hinter Q stecken könnte. Eines der Teams bildete sich um die französischen Computerlinguisten Florian Cafiero und Jean-Baptiste Camps, das andere um Claude-Alain Roten und Lionel Pousaz vom Schweizer Start-Up OrphAnalytics. Die genutzte Methode ist als Stilometrie bekannt und wurde bereits von britischen Behörden zum Lösen von Mordfällen eingesetzt und auch vom F.B.I. zum Ausfindigmachen des Unabombers, Ted Kczynski.
Mithilfe der Stilometrie wurde auch Harry Potter-Autorin J.K. Rowling als Verfasserin des Kriminalromans “Der Ruf des Kuckucks” identifiziert, welchen sie unter dem Pseudonym Robert Gailbrath im Jahr 2013 veröffentlichte.
Bei der Methode der Stilometrie werden Texte mithilfe maschinellen Lernens verglichen, wodurch es möglich ist, herauszufinden, ob diese aus derselben Feder stammen.  Umfangreiche Textproben von Q wurden schließlich mit Social-Media-Beiträgen von 13 Personen verglichen, die hinter dem Kürzel vermutet wurden. Darunter auch solche nahe dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, seiner Ehefrau Melania und seinem Sohn Eric. Die Analysen zeigten bei den Schweizer Forschenden eine Genauigkeitsrate von 93 Prozent Übereinstimmung mit den Schriften von Furber und Watkins. Laut dem französischen Team liege die von ihrer Software ermittelte Übereinstimmung bei 99 Prozent im Falle Watkins und 98 Prozent bei Furber. Diese Ergebnisse wurden diversen Expertinnen und Experten, die die New York Times befragte, als “überzeugend” und glaubhaft” bewertet. Ein befragter forensischen Linguistiker stellt sie infrage.

Identifizierte Autoren streiten Urheberschaft ab

Auf Nachfrage der New York Times stritten sowohl Furber als auch Watkins ab, hinter dem Kürzel Q zu stecken. Furber teilte hierzu mit, Q habe ihn derartig beeinflusst, dass er sich den gleichen Schreibstil angeeignet habe. Dem wurde durch die Forschenden dadurch begegnet, dass sie auch frühere seiner Tweets in ihrer Analyse berücksichtigt haben und sich zudem der Sprachstil von Q nach Übernahme durch Watkins im Jahr 2018 verändert habe. Es sei den Forschenden zufolge allerdings nicht auszuschließen, dass weitere Autoren ab 2018 ebenfalls als Q einige der tausenden Botschaften veröffentlicht haben könnten, jedoch seien Furber und Watkins als Hauptautoren und Initiatoren identifiziert.
Watkins bestritt zwar, hinter dem Kürzel Q zu stehen, befürworte die Botschaften aber inhaltlich. Unterstützt von großen Teilen der QAnon-Bewegung kandidiert er aktuell um den Einzug in den Kongress für die US-Republikaner. Damit wäre Watkins nicht der einzige Politiker, der sich zu QAnon bekennt. Auch Marjorie Taylor Greene aus Georgia und Lauren Boebert aus Colorado zählen sich zur Bewegung.

Forschende erhoffen sich Schwächung von QAnon

Um Q ist es inzwischen ruhig geworden. Sein letzter Post stammt aus dem Dezember 2020. In einem Interview sagte Furber hierzu, er glaube, QAnon sei eine “Operation, die ihren Lauf genommen” habe.
Die Forscherinnen und Forschern erhoffen sich, mit der Veröffentlichung der Identitäten hinter Q zur Schwächung dessen Einflusses auf die QAnon-Gefolgschaft beizutragen. Viele der Anhängerinnen und Anhänger der Verschwörungsbewegung gehen noch immer davon aus, dass hinter Q ein hochrangiger militärischer Insider stecke, der geheime Informationen enthüllen würde.


Quellen:

https://futurezone.at/science/qanon-q-verschwoerungserzaehlung-forscher-koennten-urheber-ausfindig-gemacht-haben/401911705?fbclid=IwAR1bD6S29W8qNPzOtprUTLaE4uQMXlqbBwR4WYPxmOqnWWiZE55F3AdgIYc
https://www.nytimes.com/2022/02/19/technology/qanon-messages-authors.html?fbclid=IwAR17ZffWi-xRL_zd56tYfmCH9fFHoXaN0FCrfZ1Z2ewRl27sfdW-HYVTn6E
https://www.3sat.de/wissen/nano/210319-was-ist-qanon-nano-100.html

 
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