Keine kostenlose Staats-Villa für Natalia Klitschko

In den sozialen Netzwerken tauchen vermehrt Posts in der Aufmachung eines Artikels der Münchener TZ mit einer Falschbehauptung zur Wohnsituation von Natalia Klitschko auf.

Autor: Susanne Breuer

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Falschmeldung zu angeblicher Villa von Natalia Klitschko / Artikelbild: Facebook Screenshot
Falschmeldung zu angeblicher Villa von Natalia Klitschko / Artikelbild: Facebook Screenshot

Die Behauptung

Angeblich habe der Kiewer Bürgermeister und ehemaliger Boxer Vitali Klitschko seine Frau Natalia Klitschko mit den drei gemeinsamen Kindern nach Deutschland geschickt. Dort habe die deutsche Regierung seiner Familie kostenlos eine Villa nahe Berlins zur Verfügung gestellt und lasse sie rund um die Uhr beschützen. Außerdem habe die Familie Klitschko all ihre Vermögenswerte aus der Ukraine auf deutsche Banken transferiert. Diese Meldung wird sowohl von der Bundesregierung als auch von der TZ eindeutig dementiert.

Vitali Klitschko lebt in Kiew und ist dort seit Mai 2014 Bürgermeister. Zusammen mit seinem Bruder Wladimir, ebenfalls Ex-Box-Weltmeister, ist er einer der prominentesten Vertreter des ukrainischen Widerstands gegen die Besetzung der Stadt Kiew und der Ukraine durch die russischen Truppen. Er ist mit der Künstlerin Natalia Klitschko seit 1996 verheiratet. Die beiden haben drei Kinder.

Der Fake-Artikel

Der infrage stehende Artikel, der als vermeintlicher Screenshot der TZ-Webseite geteilt wird, weist viele Elemente eines echten Online-Artikels der Münchener Tageszeitung „tz“ auf, aber eben auch große Unterschiede, die auch Nicht-Leser der Zeitung misstrauisch machen sollten.

Reaktion des Verlages der „tz“

Ein Sprecher von Ippen Media, die die „tz“ herausgeben, erklärte am 15. März, dass dieser Screenshot eine Fälschung sei (HIER). „Wir haben zu keiner Zeit einen derartigen Artikel publiziert.“ Es existiere auch kein inhaltlich ähnlich formulierter Artikel auf der tz-Website. Zudem gebe es Fehler im Layout und in der Farbgebung. Ein „Textblock in Fettschrift über dem Artikelbild, dazu ohne Absätze“ kämen bei der „tz“ so nicht vor (HIER).

Die zeigt auch ein direkter Vergleich des Fake-Artikels und eines echten Artikelsauf der Seite der „tz“. Hier ein Vergleich zwischen der gefälschten tz-Meldung links und dem Screenshot eines tatsächlich veröffentlichten Artikels auf der Website rechts. Den Link zum Originalartikel gibt es HIER.

MIMIKAMA
Screenshot des auf Facebook verbreiteten Fake-Artikels (links) und Screenshot eines echten „tz“-Artikels (rechts) vom 16.03.2022, Hervorhebungen durch AFP

Ein weiterer, wenn auch recht versteckter Hinweis auf einen Fake findet sich in der Menüleiste, also der Leiste, wo die dauerhaften Kategorien des Webauftritts aufgeführt sind. Dort ist im Fake-Artikel der Reiter PARODY zu erkennen. Im linken Bild durch den roten Kasten hervorgehoben. Dies könnte als Hinweis auf einen satirischen Hintergrund des Artikels hinwiesen. Allerdings hätte ein seriöses deutsches Medium sicherlich nicht den englischen Begriff Parody verwendet, sondern einen deutschen Begriff wie Satire. Auch wäre die deutsche Übersetzung von Parody, Parodie, in diesem Kontext nicht passend. Es spricht also einiges dafür, dass die Fälschung des Artikels nicht durch einen deutschen Muttersprachler vorgenommen wurde.

Reaktion Bundesinnenministerium

Die Behauptung des Fake-Artikels besagt, dass Natalia Klitschko mit ihren Kindern aus dem unter schweren Angriffen stehenden Kiew ausgereist wäre, ihr durch die Bundesregierung eine Berliner Villa kostenfrei zugewiesen worden sei und die Familie auf Anordnung des Innenministeriums rund um die Uhr bewacht würde.

In einer E-Mail an AFP erklärte ein Sprecher des Bundesinnenministerium (BMI) am 15. März, dass keine Zuweisung einer Villa an Natalia Klitschko bekannt sei und folglich auch kein „Auftrag des BMI zur Überwachung“ dieser Unterkunft existiere.  „Es handelt sich um eine Falschinformation.“ (HIER)

Wo wohnt Natalia Klitschko mit ihren Kindern?

Auch die Präsenz der Natalia Klitschko in den sozialen Netzwerken zeigt keine Hinweise, dass sie sich mit ihrer Familie dauerhaft in Berlin aufhält. Im Gegenteil. Gerade im März sind vermehrt Statusupdates vorwiegend aus der Region um Hamburg zu sehen (HIER, HIER und HIER). In ihrer Instagram-Bio ist Hamburg als Wohnort angegeben. Auch ihre Künstleragentur ist in Hamburg ansässig (HIER).

Instagram-Bio von Natalia Klitschko. Ausschnitt mit Markierung bei Standort Hambug
Screenshot Instagram vom 21.03.22022

Auch das Bild, das in dem Fake-Artikel verwendet wurde, zeigt Natalia Klitschko am 5. März bei einer Demonstration gegen den Ukraine-Krieg in Hamburg. Das Foto steht als Agentur-Foto zum Beispiel HIER zum Kauf zur Verfügung.

Während in dem Fake-Artikel davon die Rede ist, dass sie mit ihren drei Kindern in Berlin lebe, hat sie selbst in der NDR Talkshow darauf hingewiesen, dass einer der Söhne sich derzeit auf einem Internat in England aufhalte (HIER). Sie kann also gar nicht mit drei Kindern in Berlin leben. Auch in älteren Berichten zu Vitali Klitschko heißt es, dass die Familie in Hamburg lebt (HIER, HIER, HIER).

Natalia Klitschko selbst hat sich bislang nicht zu diesem Fake geäußert. Es gibt aber sehr viele Hinweise, dass Natalia Klitschko mit ihrer Familie seit vielen Jahren in Hamburg lebt. Von Berlin ist nirgends die Rede. Auch nicht in der aktuellen Situation

Fazit

Der vermeintliche Screenshot eines „tz“-Artikels ist gefälscht, bzw. zeigt einen gefälschten Artikel.
Der Verlag, der die „tz“ herausgibt, dementiert die Echtheit. Es sei nie ein solcher oder ähnlicher Artikel auf der „tz“-Seite erschienen. Dazu entspricht die grafische Gestaltung des Artikels nicht dem standardisierten Layout der „tz“.

Das Bundesinnenministerium dementiert, dass es eine kostenfreie Bereitstellung einer Villa für Natalia Klitschko und ihre Kinder in oder nahe Berlins gegeben habe. Alle im Netz verfügbaren Informationen besagen, dass die Familie von Vitali Klitschko seit vielen Jahren bereits in Hamburg lebt.

Zu irgendwelchen Finanztransaktionen der Klitschkos gibt es keine öffentlich verfügbaren Informationen. Da der gesamte Artikel aber gefälscht ist und zwei Hautaussagen falsch sind, ist davon auszugehen, dass auch diese Behauptung falsch ist.

Auch interessant: „Rauchende Leiche“ ist keine Aufnahme aus der Ukraine

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