Der Vergleich E-Porsche und Waschmaschinen hinkt gewaltig!

Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Aber wenn wir schon dabei sind: Für den Preis eines Porsche Taycan bekommt man auch ca. 200 neue Waschmaschinen.

Autor: Walter Feichtinger

Die Behauptung

Um den Porsche Taycan in 25 Minuten vollständig laden zu können, benötigt man 270.000 Watt. Das ist die Leistung
270 laufender Waschmaschinen!

Unser Fazit

Die 270.000 Watt sind die mögliche Ladespitze. Die 25 Minuten zum Vollladen per HPC decken etwa den Ladestandbereich von 5 bis 90 Prozent ab. Aber der Vergleich mit den Waschmaschinen stimmt ganz und gar nicht. Die Größenordnung 10 Hochleistungs-Maschinen oder 110 Haushalts-Maschinen kommt eher hin. Aber generell gilt: ein ziemlicher Äpfel-Birnen-Vergleich.

Porsche-Waschmaschinen-Vergleich
Klingt komisch, ist aber nicht so.

Dieses Sharepic macht immer wieder die Runde in diversen Facebook- und Telegram-Gruppen, die eines gemeinsam haben: Sie hassen die Grünen, Fridays-for-Future, die Energiewende und Elektroautos. Stattdessen wird viel Verständnis gezeigt für die russische Kriegspolitik oder die menschenverachtende Politik der AfD. Aber was ist dran an der Milchmädchenrechnung?


Der Porsche Taycan: in 17 Minuten von 5 auf 80 (Prozent)

Zuerst einmal eine Klarstellung: Watt (W) bzw. Kilowatt (kW) ist ein Maß für die elektrische Leistung. Kilowattstunde (kWh) ist hingegen das Maß für eine Energiemenge und in diesem Zusammenhang die Kapazität des E-Auto-Akkus. Man „benötigt“ also keine 270 kW Gleichstrom, um den Porsche mit der Performance Batterie Plus zu beladen, sondern das ist die höchste Leistungsspitze, wenn mit einer HPC-Ladestation geladen wird. High Power Charging-Stationen liefern je nach Anbieter bis 350 Kilowatt. Das sind 20 Prozent mehr Leistung, als die ladestärksten Akkus aktuell schaffen.

MIMIKAMA
Die Ladekurve des Porsche Taycan Plus. Daten von Fastned, gefunden auf ev-database.de

Die obige Ladekurve zeigt, etwa zwischen 5 % und 50 % Ladestand kann die Batterie des Porsche sehr schnell geladen werden, danach fällt die Kurve ab. Einmal unterwegs Vollladen wird üblicherweise für den Bereich von 5 bis 80 Prozent angegeben. Das dauert mit einer „Performance Batterie Plus“ und einer Ladestation, die mindestens 270 KW liefern kann, ungefähr 17 Minuten. Fünf Minuten Laden ergeben im Schnitt etwa 100 Kilometer Fahrtstrecke. Die 5 bis 80 % entsprechen einer genutzten Batteriekapazität von 84 Kilowattstunden (der maximal 93 kWh).

Ein E-Auto lädt übrigens mit variablen Spannungen. Die meisten Autos sind auf Spitzen von 400 Volt Gleichstrom ausgelegt, ein leistungsstarker Porsche Taycan auf 800 V DC. Wird ein Elektromobil zu Hause in der Garage aufgeladen, dann passiert das über das „On-Board-Ladegerät“, also den Gleichrichter, der Teil der Batterie-Elektrik im Fahrzeug ist. Mit einer gewöhnlichen Haushaltssteckdose kann so mit max. 2,3 kW, mit dem Typ 2-Stecker je nach Anzahl der Phasen bis zu 22 Kilowatt geladen werden. Das entspricht Ladezeiten von 4h30m bis hin zu 43 Stunden. Das Laden an der HPC-Station geschieht hingegen direkt mit Gleichstrom und einem CCS-Stecker, dafür braucht es eine ganz eigene Strom-Infrastruktur.


Waschen mit dem Golf und dem Porsche unter den Waschmaschinen

Eine klassische Haushaltsmaschine ist so ausgelegt, dass sie über einen ganz gewöhnlichen Stromanschluss laufen kann. Eine typische Maschine wie die Miele WMH 260 WPS zieht dabei bis zu 2400 Watt aus dem Stromnetz (230 V AC). Dieser Wert ist allerdings wieder nur eine Verbrauchsspitze, wenn die Heizspirale und der Antriebsmotor Strom benötigen. Ein Standardwaschgang dauert bei dieser Maschine knapp drei Stunden und verbraucht dabei 0,8 kWh an Strom.

Will man sich wirklich auf den Äpfel-Birnen-Vergleich zwischen Auto und Waschmaschine einlassen, muss zuerst überlegt werden, was da genau verglichen werden soll. Ein Standard-Ladevorgang (5-80 %) des Porsche Taycan Plus an einer HPC-Säule lädt ihn mit 83,7 Kilowattstunden an Energie, dieser Vorgang dauert 17 Minuten und belastet den Gleichstrom-Anschluss mit maximal 268 kW. Eine Miele WMH 260 WPS verbraucht für eine Standardwaschladung (8 Kilogramm Wäsche, 60 Grad Celsius) 0,8 kWh Strom, das dauert 179 Minuten und belastet den Wechselstrom-Anschluss mit maximal 2,4 kW.

Der Vergleich ergibt also: Die Miele hängt 10,5-mal so lange am Netz. Der Porsche hat aber eine 112-mal so hohe Spitzenleistungsaufnahme und einen 105-mal so hohen Stromverbrauch. Aber: Der Porsche ist nun mal ein Sportwagen, die Miele ist, wenn man so sagen will, Mittelklasse. Wie sieht es also mit einem Sportwagen unter den Waschmaschinen aus? Tippt man Hochleistungswaschmaschine bei Google ein, so ist einer der ersten Vorschläge die Diamond DRW30-TS.

Dieses Gewerbemodell schafft pro Ladung 30 kg Wäsche und hat einen Anschlusswert von 28 kW, also dem maximalen Verbrauch bei der Leistungsspitze, wenn alle vier Heizelemente und der Trommelmotor laufen. Das Standardprogramm verbraucht insgesamt 12 kWh Energie. Im Vergleich dazu hat der Porsche eine knapp 10-mal so hohe Spitzenleistungsaufnahme und einen 7-mal so hohen Stromverbrauch.


FAZIT

Die Zahlen des Sharepics ergeben keinen Sinn. Die Einheit Watt steht nämlich für eine Leistung(saufnahme), besser wäre es die geladene Energiemenge in Kilowattstunden anzugeben. Möchte man trotzdem unbedingt Äpfel mit Birnen vergleichen, so liegt man etwa bei 110 Haushaltswaschmaschinen oder 10 Hochleistungsmaschinen, wie sie etwa gewerblich genutzt werden.

Übrigens: Für den Preis eines Porsche Taycan bekommt man etwa 200 neue Waschmaschinen. In der Garage wird es dann aber sehr eng.


Update: 4.10.2022

Aufmerksame Leser haben uns auf ein weiteres Sharepic mit einem ähnlichen Vergleich aufmerksam gemacht: Vielen Dank!

MIMIKAMA
Noch immer falsch.

Wie oben erklärt, werden hier wieder die beiden Einheiten kW (Leistung) und kWh (Energiemenge und Batteriekapazität) verwechselt. Die Batterie des Porsche Taycan fasst nämlich nur max. 93 Kilowattstunden und lädt zwischen 5 und 80 % die schon erwähnten 84 kWh. Die Aussage „Im Mittel verbraucht eine Waschmaschine jährlich 200 kWh Strom“, kommt allerdings in etwa hin, zumindest wenn mehr als 200-mal und nicht nur mit Eco und 40 °C gewaschen wird, wie dieser Stromrechner zeigt.

Übrigens ist die Dusche der zweitgrößte Energieverbraucher in einem Haushalt – gleich nach der Heizung. Deutsche duschen im Schnitt etwa 11 Minuten, das entspricht einem Verbrauch von 176 Liter Wasser und 6,1 kWh Energie. Für einmal Schnellladen des Porsche Taycan an der HPC-Säule könnte man sich zwei Wochen lang täglich duschen. Im Vergleich dazu passen in den Tank des Porsche 911 etwa 64 Liter Super Plus. Bei einem Heizwert von ca. 8,5 kWh/L sind das 544 Kilowattstunden. Und damit gehen sich gleich drei Monate tägliches Duschen aus.

Quellen:

https://www.eon.de/frag-eon/themen/e-mobilitaet/article/was-ist-der-unterschied-zwischen-schnelllade-und-hpc-ladesae
https://ev-database.de/pkw/1394/Porsche-Taycan-Plus (Ladedaten des Porsche Taycan)
https://newsroom.porsche.com/de/produkte/taycan/batterie-18541.html (Batterie des Porsche Taycan)
https://www.vs-elektro.net/out/media/wmh260.pdf (Daten der Miele Waschmaschine)
http://www.cuisimat-doc.be/catalog/pdfdocs/DRW30TSDBBME1.pdf (Daten der Diamond Waschmaschine)
https://stromrechner.com/stromverbrauch-waschmaschine
https://www.energieverbraucher.de/de/duschen__1519

Übrigens: „Sollen Sie doch Porsche fahren“ Lindner-Zitat ist falsch – und strafbar
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