Labor setzt in der Ukraine tödliches Virus frei? – Ein Faktencheck

Autor: Ralf Nowotny

Biologische Kriegsführung mittels tödlicher Viren ist ein langes und hässliches Kapitel in der Geschichte der Kriege. Aus gutem Grund erklärten sich 170 Staaten bereit, darauf zu verzichten.

Insofern stellt sich bei jener Meldung des Kopp-Verlages die Frage, ob es sich nicht um ein Kriegsverbrechen seitens der USA handelt. Wir stellen einmal die bisherigen Erkenntnisse und Fakten gegenüber.

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„US-Labor ‚setzt‘ in der Ukraine tödliches Virus ‚frei‘: 20 Tote und 200 Schwerverletzte“

…so titelt der Kopp-Verlag seine Meldung.

Was genau soll geschehen sein?

Anfang Januar sollen 20 ukrainische Soldaten an einem tödlichen Virus in kürzester Zeit gestorben sein, weitere 200 Soldaten mussten stationär behandelt werden. Es soll sich dabei um die sogenannte „Kalifornische Grippe“ handeln, der Virus soll absichtlich aus einem US-Labor, welches in der Nähe der ukrainischen Stadt Charkiw (auch Kharkov geschrieben) freigesetzt worden sein.


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Woher kommen diese Informationen?

Die einzige Quelle dieser Informationen ist der Geheimdienst der Volksrepublik Donezk.
Donezk ist eine Republik ohne internationale Anerkennung auf dem Staatsgebiet der Ukraine. Die Ukraine nennt die Volksrepublik ein „separates terroristisches Gebilde“, die Regierung ist pro-russisch.

Gibt es in der Ukraine ein geheimes US-Labor?

Gute Frage. Wenn es geheim ist, dürfte dies eigentlich kaum einer wissen. Es soll sich auch nicht um ein vom US-Militär betriebenes Labor handeln, sondern privat finanziert. Insofern kann niemand dazu eine handfeste Aussage machen, der nicht persönlich vor Ort nachsehen kann. Und selbst dann wird kaum „Geheimes US-Labor – Bitte gehen Sie weg!“ auf einem Schild stehen. Auch jene Behauptung stammt einzig und allein vom Donezker Geheimdienst.

Was sagt die USA dazu?

Zeitlich sehr passend behauptete Russland in einem nationalen Sicherheitsdokument am 31.12.2015, noch vor jener Meldung über den Virus-Ausbruch, dass die USA geheime Labore für Experimente mit biologischen Waffen in ganz Europa betreibe.
Die USA dementierten jene Behauptung. Seit 1969, der sogenannten Nixon-Ära, werde keine Forschung mehr an biologischen Waffen durchgeführt. Wie anfangs erwähnt, stimmten im April 1972 170 Staaten, darunter auch die USA und Russland, in einer Konvention überein, nicht mehr nach Biowaffen zu forschen oder sie einzusetzen.
Die damalige Sowjetunion begann allerdings bereits 1973 wieder mit einem offensiven Programm zur Erforschung von Biowaffen, wie Ken Alibek, wissenschaftlicher Leiter jenes Projekts, 1992 nach seiner Flucht in den Westen berichtete.

Was ist die „kalifornische Grippe“?

Jener Virus ist auch als A/H1N1 bekannt, besser kennen wir ihn unter dem Namen „Schweinegrippe“. Bereits 2009 kam es in der Ukraine zu einem Ausbruch jener Grippe, damals beklagte man 96 Todesopfer. Wegen mangelnder Testmöglichkeiten, insbesondere in den ländlichen Regionen, ist allerdings unsicher, ob die Schweinegrippe tatsächlich in allen Fällen die Todesursache war.

Wie wahr ist also jene Meldung im Endeffekt?

Wir gehen davon aus, dass tatsächlich 20 ukrainische Soldaten an einer Grippeerkrankung starben.
Ob es sich dabei allerdings tatsächlich um einen mutierten Schweinegrippe-Virus aus einem geheimen US-Labor handelt, darf zumindest angezweifelt werden, da die Informationen dazu sehr dünn sind:

Die einzige Quelle ist der Geheimdienst einer pro-russischen, international nicht anerkannten Republik. Warum die USA einen solchen Virus auch ausgerechnet an ukrainischen Soldaten austesten soll, wo jene doch angeblich aus russischer Sicht insgeheim von den USA unterstützt werden, ist ebenfalls schleierhaft. Jener Geheimdienst sagt auch selber aus, sie könne das Labor nicht verifizieren, da es im Staatsgebiet der Ukraine liegen soll.

Im Endeffekt wird also auf sehr wackeligen Beinen behauptet, dass es Kampfstoffexperimente der USA an ukrainischen Soldaten gibt. Die Intension hinter der Behauptung liegt auf der Hand: Die Ukraine soll natürlich anti-amerikanisch eingestimmt werden, damit ein Anschluss der Ukraine an Russland vollzogen werden kann.

Wir haben hier also eine wahrscheinliche Wahrheit, gemischt mit Halbwahrheiten und nicht haltbaren Behauptungen, um eine bestimmte politische Stimmung zu erzeugen.

Oder kurz: Kriegspropaganda.

Autor: Ralf, mimikama.org

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