Manipulativ: Grafik zur angeblicher Untersterblichkeit wegen Corona

Autor: Charlotte Bastam

In einer Grafik, die gerade auf Facebook geteilt wird, heißt es irreführenderweise Corona bedinge keine Übersterblichkeit, sondern Untersterblichkeit.

Die Grafik in dem Facebook-Post zeigt die angeblichen Sterberaten in Deutschland und Österreich. Im Vegrleich zu 2018 sollen demnach 1,83 % weniger Menschen gestorben sein als 2020 und somit bestehe eigentlich eine Untersterblichkeit. Die Aussage des Posts: Die Auswirkungen der Pandemie auf Gesundheit und Leben werden absolut übertrieben. Zusätzlich wurde die Grafik noch mit Totensymbolen und einer Person mit Gasmaske versehen, um die angebliche Lächerlichkeit einer Angst wegen Corona zu unterstreichen.

Doch Vorsicht. Wie die dpa bereits berichtete ist eine solche Schlussfolgerung aus der Grafik vollkommen aus dem Kontext gerissen. Die verwendete Statistik stammt von dem Erhebungsnetzwerk EuroMOMO, das Daten zur Sterblichkeit aus mehreren Ländern und Regionen Europas sammelt und veröffentlicht. Doch anders als in dem Post suggeriert wird, weisen die Daten von EuroMOMO gerade während der ersten Pandemie-Welle eine sehr hohe Übersterblichkeit auf – und das für alle untersuchten Länder.

Was bedeuten Übersterblichkeit und Untersterblichkeit?

EuroMOMO veröffentlicht wöchentlich Statistiken darüber, ob innerhalb einer Woche eine höhere oder geringere Anzahl als erwartbar an Menschen in verschiedenen europäischen Ländern gestorben sind. Falls mehr gestorben sind, spricht man von Übersterblichkeit. Wenn die Zahl geringer ist als die erwartbare, nennt man das Untersterblichkeit. Hierfür setzt EuroMOMO aktuelle Sterbezahlen mit denen aus der Vergangenheit ins Verhältnis. Auch kann man dadurch einzelne Zeiträume analysieren und z.B. Grippewellen miteinander vergleichen.

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Der Facebook-Post ist irreführend

Im Falle des Posts wurde die Statistik aber manipulativ ausgelegt. Zunächst wird behauptet, Zahlen aus Deutschland und Österreich miteinander zu vergleichen. Doch eigentlich handelt es sich in der Grafik bei Deutschland ausschließlich um Zahlen aus Berlin. Denn EuroMOMO sammelt ausschließlich  Daten aus Hessen und der Hauptstadt.

Auch wird in dem Post die Grippewelle von 2018, die zu einer Übersterblichkeit führte, als Vergleich herangezogen. Doch dieser limitierte Blick auf die Grafik, lässt die hohe Sterblichkeit wegen Covid-19 gerade im März und April 2020 in Ländern wie Italien oder Spanien völlig außer Acht. In der Gesamtbetrachtung aller EuroMOMO-Länder zeigen die besonders stark betroffenen Länder eine hohe Übersterblichkeit an. Für einige Wochen im März und April sogar mehr als 30.000 Todesfälle als erwartet. Um den Zusammenhang mit Covid-19 deutlich zu machen, veröffentlichte EuroMOMO für die 14. Kalenderwoche ein spezielles Bulletin.

Auch in Deutschland war die Sterblichkeitsrate für 2020 zeitweise erhöht. Dem Statistischen Bundesamt zufolge gab es zwischen der 12. Und 20. Kalenderwoche im Vergleich zu den Jahren 2016 bis 2019 8.700 Todesfälle mehr.

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Statistiken sollten aufmerksam gelesen werden

Das problematische an Statistiken ist, dass sie uns Wahrheit suggerieren, doch die Informationen, die man tatsächlich daraus ziehen kann, sehr kontextabhängig und damit genau zu betrachten sind.

So sagt uns die Statistik nicht direkt, dass Pandemien – wie das Wort eigentlich schon sagt – keine Ländergrenzen kennen. Auch sagt sie uns nicht, dass bei keinem frühen Eingreifen, es in jenen Zeiträumen nicht doch zu einer sehr hohen Übersterblichkeit in Österreich und Berlin hätte kommen können. Diese Informationen sind bei der Interpretation jedoch wichtig.

Außerdem mutet es doch zynisch an, Untersterblichkeit nicht als Erfolg zu werten, sondern für Hetze gegen den Umgang mit Corona zu verwenden.

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