Solidaritätszuschlag wird wegen Griechenland erhöht? – Nein!

Autor: Ralf Nowotny

Politische Sendungen sind was Gutes. Zunächst.

Dadurch kann der Wähler ein wenig mehr über die Politik des eigenen Landes erfahren und sich gut über ein Thema informieren, da dort auch immer verschiedene Standpunkte zu hören sind. Das Problem: Man muss aber auch richtig hinhören.

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So schreibt ein User auf Facebook:

„Wie gestern Abend im Fernsehen diskutiert wurde, will die Regierung in Kürze den „Soli-Beitrag“ aus Solidaritätsgründen „Geld für Griechenland“ um 3 % erhöhen! Da hat „jemand“ verraten, was noch nicht veröffentlicht wurde und auf uns Bürger zukommen wird. Das ist wohl mehr als ein Betrug uns Bürgern gegenüber. — Wo bleiben die Meinungen und Entscheidungen unserer Volksvertreter ? — So nicht mit uns, Frau Merkel und Herr Schäuble !“

Und weil Bildchen auf Facebook immer gut sind (wenig Infos auf wenig Platz), wird das auch gleich mitgeliefert:

„Kein „Soli-Beitrag“ für Griechenland !
Wir sind das Volk! Wir entscheiden!
Wir sind gegen die Erhöhung des
„Soli-Beitrages“!!!
Warum werden wir wieder hintergangen,
belogen und betrogen?
So nicht, Frau Merkel und Herr Schäuble!“


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Die Sendung

Was der User denn am Abend gesehen hat, war nicht so schwer herauszufinden. Es war wahrscheinlich „maybrit illner“, die sich mit dem Thema „Griechen zwangsgerettet – Euopa gespalten?“ in die Sommerpause verabschiedete.

Der Griechen-Soli

In der etwa einstündigen Sendung kam auch jener Vorschlag des Mannheimer Wirtschaftswissenschaftlers Clemens Fuest zur Sprache. Dieser hatte nämlich am selben Tag in einem Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeine“ vorgeschlagen, den Solidaritätszuschlag für drei Jahre von 5,5% auf 8% zu erhöhen.

Was hat Clemens Fuest mit der Regierung zu tun?

Einiges. Durch sein Wissen als Ökonom und Wirtschaftswissenschaftler steht er auch im engen Austausch mit dem Bundesfinanzministerium, seine Vorschläge werden durchaus auch in finanzielle Überlegungen mit einbezogen.

Also beschlossene Sache?

Mitnichten. Clemens Fuest macht Vorschläge, er ist aber kein Teil der Regierung. Die Aussage des Statusbeitrages, dass „die Regierung“ diese Soli-Erhöhung also bereits beschlossen habe, ist schlichtweg falsch.

Und was sagt die Regierung nun dazu?

Bereits am nächsten Tag gab es Reaktionen der Regierung.
– So sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg: „Die Einführung eines Griechenland-Zuschlags auf den Soli steht nicht zur Debatte“.
– Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz äußerte sich zu dem Vorschlag in einer Regierungspressekonferenz so: „Wir deuten das allerdings als einen politischen Meinungsbeitrag und keinen echten Vorschlag mit steuerpolitischer Qualität. Daraus ist aus unserer Sicht kein Handlungsbedarf abzuleiten.“
– Der CDU-Politiker Rehberg nannte das „einen Vorschlag mit wissenschaftlicher Scheinfassade“.
– Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion Sven-Christian Kindler sagte, es stellt sich die Frage einer Steuererhöhung oder Ausgabenkürzung zur Finanzierung der Griechenland-Hilfe nicht, weil es in den Verhandlungen um Kredite und nicht um Transfers gehe.
– Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, sagte gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen“: „Der Solidaritätszuschlag ist moralisch an den Aufbau Ost gekoppelt worden. Ich halte nichts davon, diese Bindung auf die Griechenland-Hilfe zu erweitern“

Fazit

Die Regierung hat nie eine Erhöhung des Solidaritätszuschlages aufgrund der Griechenland-Krise beschlossen. Es handelte sich alleine um einen Vorschlag eines einzelnen Wirtschaftswissenschaftlers. Jener wird auch von der Regierung „zur Kenntnis genommen“ (so Regierungssprecherin Christiane Wirtz), aber steht nicht zur Debatte.

Also viel Rauch um nichts. Weil jemand bei einer politischen Diskussion nur halb hinhörte und nicht mal die Presse am nächsten Tag studierte, ob es dazu Aussagen der Regierung gibt, entstand eine politische Statusmeldung, welcher jegliche Grundlage fehlt, aber über 18.000mal geteilt wurde.

Weil es „in“ ist, sich über Politik aufzuregen. Und über Griechenland. Selbst, wenn es nicht wahr ist.

 

Autor: Ralf, mimikama.org

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