Wie schädlich sind Monatshygieneprodukte?

Stundenlang und das fast 40 Jahre mehrere Tage im Monat kommen Hygieneartikel wie Tampons direkt in Berührung mit der Schleimhaut der Vagina. Gerade die Scheidenschleimhaut nimmt Schadstoffe besonders gut auf. Es ist daher natürlich wichtig, dass die Hygieneprodukte frei von schädlichen Substanzen sind. Immer wieder tauchen darüber Diskussionen auf.

Autor: Nicole Mühl

Öko-Test hat 19 Produkte überprüft und stellt fest: Die Artikel haben sich verbessert. Doch was heißt das konkret? Und von welchen Schadstoffen ist da überhaupt die Rede?

Auch wenn nachhaltige Hygieneprodukte als Alternative zu Tampons, Wegwerf-Binden und Slipeinlagen am Markt erhältlich sind, nutzen 83 Prozent der deutschen Frauen zwischen 14 und 60 Jahren während ihrer Menstruation ausschließlich Wegwerfprodukte. Nur 7 % greifen zu wiederverwendbaren Produkten. Das sind die Ergebnisse einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Verbraucher- und Ratgeberportals sparwelt.de.

Plastik & Weichmacher

Der „Menstruationsladen“ Almo beschäftigt sich auf seinem Online-Portal mit der Monatshygiene und hat zum Thema Schadstoffe einige Punkte aufgelistet. Plastik steht auf dieser Liste ganz oben und wo Plastik ist, seien auch Weichmacher nicht weit. So sollen Weichmacher auf Phthalat-Basis in allen getesteten Hygieneprodukten aus China zu finden sein. Dazu zähle unter anderem auch das sogenannte DEHP, welches als  fortpflanzungsschädigend gilt.

Neben Phthalaten verweist das Online-Portal auch auf andere Weichmacher wie Bisphenol A, kurz BPA – das sogar Einfluss auf das menschliche Erbgut haben soll.

Aber auch Menstruationstassen scheinen nicht frei zu sein von Phthalat. Das Portal verweist darauf, dass in einem solchen Produkt die Silikonverbindung D4 gefunden wurde, die fortpflanzungsschädigend wirken kann.

Klingt beunruhigend. Aber auch Almo bestätigt: Die Produkte haben sich verbessert. Das Problem sei bei den Herstellern angekommen.

2007 hatte Öko-Test noch bei 14 von 16 Produkten bedenkliche Inhaltsstoffe gefunden. In einem aktuelleren Test aus dem Jahr 2020, wurde nur noch in einem Produkt halogenorganische Verbindungen bemängelt.

Quelle: Almo

Die Untersuchungen von Öko-Test beschäftigt auch das WDR Wissenschaftsmagazin Quarks und dieses hält fest, dass man davon ausgehen könne, dass Tampons und Menstruationstassen in der Regel keine Schadstoffe enthalten –  „jedenfalls nicht oberhalb der Grenzwerte, die für Lebensmittel gelten.“ Allerdings wird gleichzeitig auch kritisiert, dass diese Grenzwerte für Tampons und Menstruationstassen niedriger liegen sollten – weil sie stundenlang sehr dicht an der Vagina-Schleimhaut liegen. 

Kritisiert wird auch, dass zu wenig bedacht werde, dass „auch über die Plastikverpackung von Tampons oder über Tampon-Applikatoren aus Plastik störende Stoffe in den Körper der Frau gelangen könnten.“ (Quelle: Quarks)

Auf diese dünne Plastikschicht, in die das Tampon eingehüllt ist, macht auch das Onlineportal Almo aufmerksam. Binden und Slipeinlagen sind über eine Klebefläche mit Plastik verbunden. Hierbei kann auch der Kleber selbst bedenkliche Inhaltsstoffe enthalten. Diese Verpackungsmaterialien kommen meist nicht direkt in Kontakt mit der Haut oder Schleimhaut. Trotzdem ist nicht auszuschließen, dass Rückstände auch auf dem Produkt selbst verbleiben.

Öko-Test weist in seinem Artikel darauf hin, dass Anbieter seit Juli 2021 einen Hinweis auf die Verpackungen drucken müssen, wenn die Tampons Kunststoff enthalten. Produkte, die davor auf den Markt gekommen sind, dürfen jedoch noch verkauft werden, weshalb Verbraucherinnen nicht bei allen Tamponmarken auf den ersten Blick erkennen, ob sie Plastik enthalten. Bio-Tampons dagegen sind, außer ein Produkt im Test, frei von Plastik. Sie bestehen vollständig aus Bio-Baumwolle.

Fazit: Die Studien zeigten in den Labormodellen kein Problem mit den aktuellen Grenzwerten – doch es gebe keine Studien, bei denen direkt an Frauen überprüft wird, ob sich über Tampons und Co. Schadstoffe im Körper ansammeln. (Quelle: Quarks)

Das zeigen auch die Ergebnisse des Öko-Tests: Verbraucherinnen können nicht immer erkennen, ob Plastik im Tampon enthalten ist.

Worauf noch zu achten ist

Parabene. In Kosmetika werden sie verwendet, um diese bakterienfrei zu halten und angeblich sollen sie auch in Hygieneprodukten enthalten sein. In Verruf sind sie geraten, weil ihnen nachgesagt wird, dass sie eine hormonelle Wirkung haben könnten. Die Deutsche Krebsgesellschaft gab sogar eine Warnung vor Deos heraus, die die Stoffe enthalten. Fakt ist aber auch:

Langzeitstudien zu Parabenen gibt es derzeit nicht. Viele Forschende sind sich aber einig, dass die Angst vor den Stoffen, solange ihre Konzentration unter den Grenzwerten bleibt, nach derzeitigem Kenntnisstand nicht begründet ist. Auch die Deutsche Krebsgesellschaft ist mit ihrer Warnung inzwischen zurückgerudert.

Quelle: Quarks

Das Wissenschaftsmagazin empfiehlt, die Inhaltsstofflisten zu lesen.

Insbesondere Methyl- und Ethylparaben gelten als sicher. Gemäß der europaweiten Kosmetikverordnung sind sie in Kosmetikprodukten bis zu einer Konzentration von 0,4 Prozent zulässig. Wenn sie in Gemischen vorkommen, darf die Konzentration bei 0,8 Prozent liegen.

Propyl- und Butylparaben dürfen in Konzentrationen von 0,19 Prozent vorkommen. Ihr zulässiger Grenzwert ist niedriger, weil die Aufnahme über die Haut nicht ausreichend überprüft ist. Für die Parabene Isopropyl-, Isobutyl-, Pentyl-, Benzyl- und Phenylparaben ist laut BfR die Datenlage nicht ausreichend, um die Gesundheitsauswirkung zu beurteilen. Von ihrer Verwendung rät das Institut ab, Benzylparaben ist als Konservierungsmittel in kosmetischen Mitteln gar nicht zugelassen.

Quelle: Quarks

Das Online-Portal Almo weist darauf hin, dass alternative Chemikalien auch kein besserer Ersatz seien, da Parabene verhältnismäßig gut erforscht sind. Für Binden, Tampons und Slipeinlagen gebe es aber Alternativen, welche keine Parabene enthalten, wie z.B. Stoffbinden und Menstruationstassen.

Duftstoffe. Gerade Binden und Slipeinlagen werden oft mit einem Duftstoff versehen, der in der Regel durch künstliche Chemikalien erzeugt wird. Diese wiederum können Juckreiz und -ausschlag im Intimbereich hervorrufen. Wer empfindlich reagiert, sollte daher besser zu Produkten ohne zusätzliche Duftstoffe greifen.

Flüchtige organische Verbindungen. Diese Stoffe, die als Gas oder Dampf aus Chemikalien entstehen, sind in kleinen Mengen auch in Hygieneprodukten zu finden. Ein „langfristiges Gesundheitsrisiko“ sei auszuschließen. „Reizungen der Haut seien aber möglich. Allerdings weisen die Forschenden darauf hin, dass weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit auch die gefundenen Mengen an VOCs komplett verschwinden“, heißt es in dem Artikel bei Almo.

Glyphosat. Ja, auch das kann in Hygieneprodukten vorkommen – wenn auch nur minimal, wie Studien aus den Jahren 2015 und 2016 belegen. Auswirkungen auf die Gesundheit müssen nicht befürchtet werden. (HIER)

Das toxische Schocksyndrom

Dabei handelt es sich um eine Infektion, die zu einem Organ- und Kreislaufversagen führen kann. Hervorgerufen wird es durch ein bestimmtes Bakterium, das über eine offene Wunde oder über die Gebärmutter in den Blutkreislauf kommt. Es handelt sich dabei um giftige Stoffe der Bakterienart Staphylokokken. TSS tritt häufig bei menstruierenden Frauen auf, die „sehr saugfähige Tampons benutzten und diese über einen längeren Zeitraum nicht wechselten.“ (utopia.de)

Was kann man tun

Tipps zum Verwenden von Tampons

  • Wechseln Sie den Tampon erst, wenn er vollgesogen ist. Ist die Watte zu trocken, kann sie beim Herausziehen die Vaginalhaut minimal aufschürfen. Das begünstigt Infektionen.
  • Mit sauberen Fingern eingesetzt, sind Tampons absolut hygienisch. Applikatoren sind unnötig und überflüssig.
  • Während der Periode reicht es aus, sich mit klarem Wasser und nur den äußeren Intimbereich zu waschen. Übertriebene Hygiene ist unnötig und stört das gesunde Scheidenmilieu. Eine Alternative sind milde Intimwaschlotionen.
  • Sind die Tampons aus Bio-Baumwolle, profitiert auch die Umwelt: Die Naturfaser wird pestizidfrei angebaut – und Bio-Tampons verzichten meist auf ein Kunststoffvlies um den Saugkern.

Quelle: Öko-Test

Almo empfiehlt auch Stoffbinden aus Bio-Baumwolle. Sie sind plastikfrei, wiederverwendbar und waschbar. Beim Waschen sollte man aber auf ein entsprechendes Waschmittel zurückgreifen.

Bei Menstruationstassen ist die Gefahr von Rückständen reduzierter. Um diese noch weiter zu senken, ist auf nachhaltige Anbieter zurückzugreifen.

Unser Fazit

Ja, es gibt Giftstoffe in Binden und Tampons. Diese sind aber so gering, dass sie grundsätzlich keine Auswirkungen auf den Körper haben sollten. Laut Öko-Test haben sich die Artikel in den letzten Jahren sehr verbessert. Waren halogenorganische Verbindungen aus dem Bleichprozess, optische Aufheller und umweltschädliche chlorierte Kunststoffe beispielsweise immer ein Thema, zeigt eine aktuelle Schadstoffanalyse, dass sich die Produkte sehr verbessert haben.

Auch das Info-Portal für Menstruation, Zyklus & Co. erdbeerwoche weist auf die problematischen Inhaltsstoffe hin, betont aber auch, dass alle Substanzen deutlich unter den vorhandenen Grenzwerten liegen. Allerdings gilt es zu bedenken, dass wir verschiedene Schadstoffe über die Luft, die Haut (z.B. in Form von Kleidung oder Kosmetik) oder über die Nahrung aufnehmen. Es sei bisher nicht wirklich erforscht, wie sich diese Gesamtmenge an möglicherweise schädlichen Substanzen auf unseren Körper auswirkt.

Wer aufgrund fehlender Langzeitstudien und unzureichender Kennzeichnung auf Wegwerf-Hygieneartikel lieber verzichtet, findet bereits einige Alternativen auf dem Markt, wie Bio-Tampons, Stoffbinden und -einlagen, Menstruationsunterwäsche, Menstruationsschwamm etc.

Quelle: sparwelt.de, Öko-Test, Almo, Quarks, erdbeerwoche

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