Kontrollieren Merkel und Seehofer die Sea Watch 3?

Autor: Andre Wolf

Artikelbild: Shutterstock / photocosmos1 / Paul Lovis Wagner / Sea-Watch.org
Artikelbild: Shutterstock / photocosmos1 / Paul Lovis Wagner / Sea-Watch.org

Italienische Medien behaupten, die Sea Watch 3 unterstünde dem Befehl der deutschen Regierung und habe Anweisung gehabt, Flüchtlinge nach Italien zu bringen.

Genau diese Schlagzeilen finden sich derzeit in Italien. So liest man „Carola Rackete: „Il governo tedesco mi ordinò di portare i migranti in Italia“ (hier) oder „Carola confessa in TV „il governo tedesco mi ha fatto portare i migranti in Sicilia“ (hier).
Das bedeutet so viel wie „Carola Rackete gesteht im Fernsehen: „Die Bundesregierung hat mich gezwungen, Migranten nach Sizilien zu bringen“

In diesen Artikeln beziehen sich die italienischen Medien auf ein Interview im ZDF. In diesem Interview befragt Dunja Hayali Carola Rackete über den Sea Watch Einsatz. Aus diesem Interview entnehmen die italienischen Medien Folgendes:

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in una intervista alla tv tedesca Zdf, ammette che fu il ministero dell’Interno tedesco a chiederle „di far registrare e portare tutti i clandestini a Lampedusa“
[Sie] gibt in einem Interview mit dem ZDF zu, dass es das Bundesinnenministerium war, das sie aufgefordert hat, „alle illegalen Einwanderer erfassen und nach Lampedusa bringen zu lassen“.

Dieses Video ist öffentlich zu sehen und auch im offiziellen Kanal des ZDF auf YouTube.

Die entscheidende Passage in dem Video beginnt ab Minute 05:10. Hier schildert Carola Rackete eine zivile Lösung, wie man hätte die Flüchtlinge weiterleiten können. Sie erklärt, dass die Stadt Rottenburg die Flüchtlinge aufgenommen hätte. Diese wären mit einem Bus abgeholt und nach Deutschland gebracht worden (siehe auch Stuttgarter Nachrichten).

Das hätte bedeutet: Die Stadt war bereit, jene Flüchtlinge zusätzlich aufzunehmen, die aus Seenot gerettet wurden. So wie im Falle der Sea Watch 3.

Diese zivile Lösung jedoch lehnte Innenminister Seehofer ab, so Carola Rackete in dem Video.

Dementsprechend kommt Dublin III zum Zuge. Dublin III bedeutet, dass jeder Asylbewerber genau in dem EU-Land einen Asylantrag stellen darf, welches er als erstes betreten hat. Und das wäre in diesem Falle Italien und somit wäre Deutschland nicht für die Flüchtlinge verantwortlich.

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Umkehrschluss: Rackete habe Befehle ausgeführt

Der Plot-Twist, den italienische Medien nun anwenden, ist sehr interessant: In den Medienberichten wird das Bild erzeugt, Carola Rackete sammle im Auftrag der deutschen Bundesregierung Flüchtlinge im Mittelmeer auf, um diese gezielt nach Italien zu bringen, damit diese dort Asyl beantragen (müssen).

Wir haben entsprechend mit dem Pressesprecher von Sea Watch Kontakt aufgenommen und ihn mit dieser These konfrontiert.

Das Ergebnis: Sea Watch untersteht keinerlei Kontrolle der deutschen Regierung. Die Aussagen hält der Pressesprecher für eine Verdrehung der Abläufe.

Sea Watch selbst lehnt beispielsweise das Dublin III Abkommen ab und fordert die Abschaffung der Dublin-Abkommen und eine solidarische Verteilung innerhalb der EU, bei der auch die Geflüchteten selbst mitbestimmen können.

Das wiederum widerspricht zum einen komplett der Handlungsweise, die Innenminister Seehofer in dem Falle angestrebt hat, auf der anderen Seite steht die Aussage in Kontrast zu den Medienmitteilungen in Italien. Es gab keine Anweisungen oder einen Zwang seitens der deutschen Regierung, die Geflüchteten nach Italien zu bringen.

Fazit:

Die Darstellung in italienischen Medien entspricht der Verdrehung von Ursache und Wirkung. Zuerst stand die Rettung, dann erst die Weigerung Seehofers, eine zivile Lösung der Stadt Rottenburg anzuerkennen. Nicht umgekehrt.


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