Pandemie führt zunehmend zu Depressionen und Essstörungen bei Jugendlichen

Die Pandemie hat massive Folgen für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.

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Autor: Susanne Breuer

Im Jahr 2021 stiegen Depressionen und Essstörungen bei Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren weiter an. Mädchen wurden mit psychischen Erkrankungen deutlich häufiger stationär behandelt als Jungen. Im Grundschulalter zeigte sich eine spürbare Steigerung von Störungen sozialer Funktionen und eine Zunahme von Entwicklungsstörungen. Das ist das Ergebnis der Analyse aktueller Krankenhausdaten der DAK-Gesundheit für den Kinder- und Jugendreport 2022. (HIER)

DAK-Vorstandschef Andreas Storm und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte fordern angesichts der dramatischen Entwicklung ein schnelles Handeln der Politik.

800.000 Datensätze junger Versicherter untersucht

Für den Report untersuchten Wissenschaftler von Vandage und der Universität Bielefeld anonymisierte Abrechnungsdaten von rund 800.000 Kindern und Jugendlichen im Alter bis 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit versichert sind. Analysiert wurden die Jahre 2019 bis 2021. Die Daten zeigen, dass vor allem Mädchen im späten Teenageralter massiv unter den Auswirkungen der Pandemie leiden. So wurden Mädchen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren über 32-mal so häufig wegen Essstörungen stationär behandelt wie Jungen. Dieser Trend hat sich in der Pandemie verschärft. Der Anteil junger Patientinnen mit Essstörungen stieg 2021 um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zudem kamen sie fünfmal öfter wegen Depressionen, dreimal häufiger wegen Angststörungen und 2,5-mal öfter aufgrund von emotionalen Störungen in deutsche Kliniken.

Hilfeschrei der Kinder und Jugendlichen

Der Vorstandschef der DAK-Gesundheit, Andreas Storm, skizziert die Dramatik der Situation und hat klare Forderungen an die Politik:

„Unser aktueller Kinder- und Jugendreport zeigt, wie sehr Jungen und Mädchen in der Pandemie leiden. Der starke Anstieg bei Depressionen oder Essstörungen ist ein stiller Hilfeschrei, der uns wachrütteln muss. Wir dürfen nicht länger zuschauen, sondern müssen dem Thema Kinder- und Jugendgesundheit endlich mehr Gewicht geben und handeln. Die Lage hat sich im vergangenen Jahr dramatisch verschärft, doch noch hat die Politik darauf nicht entsprechend reagiert. Deshalb ist die Einrichtung einer Enquete-Kommission durch den Deutschen Bundestag aus meiner Sicht der richtige Weg, um die Probleme weiter zu analysieren und noch in dieser Legislaturperiode erste Konsequenzen umzusetzen. Es geht um die gesundheitliche Zukunft einer ganzen Generation.“

Essstörungen: Starker Anstieg seit Pandemie-Beginn

Insgesamt nahmen die Behandlungszahlen 2021 von Jugendlichen mit Depressionen und Essstörungen im Vergleich zum Vorjahr merklich zu. So kamen 28 Prozent mehr 15- bis 17-Jährige mit Depressionen und 17 Prozent mehr ältere Teenager mit Essstörungen in die Kliniken. In Relation zu 2019 stiegen die Krankenhausaufenthalte 2021 bei Essstörungen sogar um 40 Prozent. Auch bei emotionalen Störungen war ein Plus der Behandlungen zu verzeichnen: 2021 wurden 42 Prozent mehr 15- bis 17-Jährige aufgrund von emotionalen Störungen stationär versorgt. Unter emotionale Störungen fallen insbesondere Ängste wie Trennungsangst, soziale Ängstlichkeit oder auch phobische Störungen, zum Beispiel die Angst vor imaginären Gestalten. Die Fallzahlen blieben hier aber unter den Fallzahlen depressiver Episoden und Essstörungen.

Ähnliche Tendenzen gab es auch bei den Schulkindern im Alter zwischen zehn und 14 Jahren. Hier nahmen vor allem stationäre Behandlungen aufgrund von Depressionen (plus 27 Prozent), Angststörungen (plus 25 Prozent) und Essstörungen (plus 21 Prozent) zu.

Psychische Themen im Jugendalter immer häufiger

„Der DAK-Report belegt in sehr eindrucksvoller Weise, wie häufig inzwischen psychische und psychosomatische Auffälligkeiten, Themen und Erkrankungen gerade im Jugendalter in unserer Gesellschaft geworden sind. Es ist zu erwarten, dass die Zahl psychischer Erkrankungen und Problemfelder auch in Zukunft weiter steigen wird“, so Prof. Dr. med. Wieland Kiess, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Leipzig. „Die Daten belegen aber auch, dass sich das Gesundheitswesen durch die Veränderungen in Krisenzeiten, wie einer Pandemie, reorganisiert und die Organisationsformen dringend überdacht werden sollten. Die Trennung zwischen ambulanten und stationären Behandlungs- und Betreuungskonzepten ist falsch und nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen Versorgungsformen neu denken und die Versorgungsstrukturen dem Bedarf der Kinder und Jugendlichen heute und in der Zukunft anpassen.“

Grundschulkinder: mehr Störungen sozialer Funktionen und Entwicklungsstörungen

Die Daten des Kinder- und Jugendreports zeigen zudem, dass Grundschulkinder vor allem unter Störungen sozialer Funktionen und Entwicklungsstörungen leiden. So wurden 2021 36 Prozent mehr Kinder im Alter zwischen fünf und neun Jahren aufgrund von Störungen sozialer Funktionen in Kliniken behandelt. Bei Entwicklungsstörungen war es ein Plus von elf Prozent. Auffallend ist, dass Jungen in diesem Kontext häufiger in Behandlung waren als Mädchen: Sie fanden fast doppelt so häufig wegen der Störung sozialer Funktionen und fast dreimal so häufig aufgrund von Entwicklungsstörungen den Weg in deutsche Krankenhäuser.

Auswirkungen von Pandemie und Pandemiemaßnahmen

„Die Corona-Pandemie und ganz besonders die von der Politik verhängten Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung haben Kindern in allen Altersstufen erheblichen gesundheitlichen Schaden zugefügt. Neben eher organischen Krankheiten wie Adipositas betreffen die feststellbaren Gesundheitsschäden vorwiegend den psychosozioemotionalen Bereich“, sagt Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte.

„Kinder und Jugendliche stellen eine ebenso vulnerable Gruppe innerhalb der Bevölkerung dar wie alte beziehungsweise vorerkrankte Bürgerinnen und Bürger während der Corona-Pandemie. Während letzteren natürlich auch zu Recht Aufmerksamkeit und Fürsorge gewidmet wurden, haben die politisch Verantwortlichen über zwei Jahre lang die ebenso existentiell wichtigen Bedürfnisse und Bedarfe der jungen Generation schlichtweg ignoriert. Der dadurch bedingte Schaden ist erheblich, wie der vorliegende DAK-Report zeigt. Wie viele Dauerschäden entstanden sind, ist heute noch schwer zu erfassen.

Aus den Fehlern der Pandemiebekämpfung müssen Lehren gezogen werden, insbesondere von Seiten der Politik. Auch Kinder haben die gleichen Rechte wie Erwachsene, und zwar immer. Und diese Rechte gehören in unser Grundgesetz.“

Die DAK-Gesundheit ist mit 5,5 Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands und engagiert sich besonders für Kinder- und Jugendgesundheit.

Kritik an kausalen Schlussfolgerungen des Reports

Einen Tag, nachdem die DAK-Gesundheit ihre Pressemitteilung veröffentlicht hat, wurde ein weiteres Statement herausgebracht, in dem der zitierte Prof. Dr. med. Wieland Kiess sich erneut äußert. Er kritisiert die kausalen Schlussfolgerungen des Reports und weist darauf hin, dass dazu deutlich längere Beobachtungszeiträume notwendig sind. (HIER)

„Der DAK-Krankenhausreport 2022 hat es sich zur Aufgabe gemacht die pandemiebegleitenden Jahre 2020 und 2021 miteinander zu Vergleichen. Hier muss eine inhaltlich-methodische Kritik erlaubt sein: Die Analyse von aufeinanderfolgenden Jahren sind erlaubt und möglich. Allerdings sollten auf keinen Fall kausale Schlussfolgerungen, wie sie leider offensichtlich den wissenschaftlichen Autorinnen und Autoren des Reports erlaubt wurde, gezogen werden. Schwankungen bei Krankenhausaufnahmen, Veränderungen des Gesundheitsverhaltens oder der Inanspruchnahme und der Hilfe-Ansuche unterliegen starken regionalen, zeitlichen und kulturellen Unterschieden. Eine Assoziation z. Bsp.: mit einer Pandemie zu einem spezifischen Geschehen zu ziehen, sollte deswegen auf der Grundlage von längerfristigen Beobachtungen, wie sie ja auch den Krankenkassen zur Verfügung stehen, gezogen werden.

So hat die Arbeitsgruppe des Kommentierenden z. Bsp. gezeigt, dass während der vergangenen 20 Jahre die Adipositas-häufigkeit bei deutschen Kindern und Jugendlichen nur mehr langsam angestiegen ist, interessanterweise während der Lockdown-Phasen in der Pandemie die Adipositas-häufigkeit, abgebildet durch eine individuelle Gewichtszunahme jedes einzelnen Kindes und jedes Jugendlichen, drastisch zugenommen hatte. Nach der pandemiebedingten Lockdown-Zeit setzt sich der vor der Pandemie gemessene Trend zur langsamen Adipositas-Zunahme fort. Ähnliche Trends sind auch bei z. Bsp. der Inanspruchnahme von Kindervorsorgeuntersuchungen oder der stationären Aufnahme von Kindern und Jugendlichen mit chronischen Krankheiten in ein Kinderkrankenhaus in Deutschland vom Kommentierenden selbst, aber auch von anderen Arbeitsgruppen in Deutschland berichtet worden.

Im DAK-Report wird berichtet, dass eine starke Zunahme von stationären Aufenthalten bzw. von Hospitalisierungen von Jugendlichen neben emotionalen Störungen und auch depressiven Episoden während der Pandemie zu verzeichnen sind. Wegen Alkoholmissbrauchs wurden interessanterweise weniger Jugendliche hospitalisiert. Die Interpretation dieser Daten, die wir in unseren wissenschaftlichen Arbeiten im Stadtgebiet Leipzig aber auch in unserer Klinik nachvollziehen und so bestätigen können, ist aber komplex.

Möglicherweise wurden die Störungen der Jugendlichen erst durch den Lockdown im häuslichen Setting von den Eltern bemerkt und ernst genommen. Möglicherweise hatte die Familie Zeit sich um das Thema zu kümmern, weil andere Aktivitäten pandemiebedingt zurückgedrängt waren. Möglicherweise haben sich durch die Pandemie bedingt zu Grunde liegende und bereits vorhandene psychische Themen durch die pandemiebedingten Einschränkungen manifestieren können. Ein exzessiver Alkoholgenuss andererseits, ist durch die pandemiebedingten Beschränkungen im sozialen Umgang mit Gleichaltrigen möglicherweise ganz einfach durch mangelnde Gelegenheit zu erklären.

Krankenhaus-Versorgungsdaten sind entsprechend extrem interessant und auch für die Planung eines Gesundheitswesens eine wichtige Grundlage. Andererseits sollten Kausalzusammenhänge nur vorsichtig oder gar nicht gezogen werden und komplexe Erklärungsmodelle auch zu Problemlösung herangezogen werden. Insgesamt belegen die Daten, dass während der Lockdown-Phasen weniger Kinder und Jugendliche stationärer Behandlung zugeführt wurden. Dies geschah möglicherweise aus Reorganisation von Krankenhäusern (Kinderstationen wurden zur Erwachsenen-Covid-Station um deklariert), Angst vor Ansteckungen verhinderte stationäre Aufnahmen von chronisch kranken Kindern und Jugendlichen. Andererseits wurden auch im ambulanten Setting weniger Arztvorstellungen wie z. Bsp. gerade bei den Kindervorsorgeuntersuchungen dokumentiert.

Auch interessant: Wenn Kinder in der Pandemie unglücklich sind – Können Eltern helfen?

Quelle: DAK

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