Private Online-Petitions-Portale als Datenkrake

Seiten mit Petitionen gibt es zuhauf, und sehr oft werden wir dazu aufgefordert, unsere digitale Unterschrift zu diversen Anliegen zu hinterlassen. Doch die Plattformen verdienen ihr Geld damit, unsere Daten weiterzugeben.

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Autor: Elke Haberl

Wer kennt das nicht: Es flattert eine Mail ins Postfach von Freund:innen mit einem Petitionsaufruf gegen oder für ein Thema, das einen selbst persönlich betrifft und/oder emotional bewegt. Und da das ganze ja nur ganz geringe Zeit in Anspruch nimmt und wir ja täglich alle die Welt ein bisschen retten wollen, klicken wir auf den Link und geben unsere Zustimmung ab. Anschließend steigt dieses wohlige Gefühl in einem hoch, an diesem Tag eine gute Tat vollbracht zu haben. Jäj!

Wie praktisch, wenn uns Portale wie change.org, OpenPetition oder AVAAZ.org die Möglichkeit gönnen, uns mit einem schnellen Klick einfach nur rundum wohlfühlen zu lassen. Wir von Mimikama haben uns die Frage gestellt, ob diese Portale tatsächlich nur soziale Beweggründe mit ihren „weltverbessernden“ Plattformen verfolgen oder doch Profite dahinter stecken. Wir haben uns deshalb mit dem Portal change.org näher befasst.

Was ist das Online-Petitions-Portal change.org?

Auf der Startseite von change.org steht in großen Lettern „Die weltweit größte Petitionsplattform für gesellschaftliche Veränderung, 493.601.780 Menschen in Aktion. Viele Erfolge täglich.“ Und darunter befindet sich ein großer roter Button mit: „Petition starten“. Es ist ein niederschwelliges Angebot für alle Menschen, die scheinbar Gutes tun wollen. Die eben die Welt retten wollen. Jeder, der möchte, kann Petitionen starten, egal zu welchen Themen. Wir von Mimikama haben 2013 den Versuch getätigt, auf einem Online-Portal eine eher aussichtslose öffentliche Petition zu starten. Mehr zu unserer Schokoladen-Petition findet ihr hier: (Unter der Lupe betrachtet! avaaz-Petition „BUNDESVERFASSUNGSGERICHT: Abschaffung der GEZ – Keine Zwangsfinanzierung von Medienkonzernen“)

Die Gründung

change.org wurde 2007 von Ben Rattray gegründet und finanziert sich laut Inhaber rein aus Spenden- und Förderbeiträge. Die faz schreibt 2014, dass sich sehr rasch Mitfinanzierer:innen gefunden hätten, denn Bill Gates, Arianna Huffington, die Gründer von Yahoo, Twitter, Ebay und LinkedIn, Jerry Yang, Evan Williams, Pierre Omidyar und Reid Hoffman seien mit 25 Millionen Dollar recht schnell mit an Bord von change.org gewesen. Aus humanitären, weltverbessernden Gründen? Wohl eher nicht! Als Grund wird vermutet, dass mit deren Einstieg in change.org schnell „unliebsame Petitionen“ von den großen Tech-Unternehmen gestoppt werden könnten. (Vgl. Quellehttps://www.faz.net/aktuell/feuilleton/grosse-investitionen-in-das-petitions-portal-change-org-13314099.html)

Richtig problematisch wird die Geschichte dann, wenn man tiefer in die Nutzerbedingungen eintaucht und erkennen muss, dass bei change.org nicht die Weltrettung und Demokratie im Vordergrund steht, sondern viel eher der Datenhandel.

Was passiert mit unseren Daten bei change.org?

Aus unseren personenbezogenen Daten, die wir am Portal durch z. B. unser Zustimmen von bestimmten Petitionen hinterlassen, werden Analysen von uns erstellt: zu unserer politischen Meinung, zu unserer gesellschaftlichen Positionierung und zu unserer sozialen und finanziellen Situation, in der wir uns befinden. Diese Daten werden anschließend an Dritte verkauft. change.org ist also keine wertschätzende Non-Profit-Organisation, die für eine bessere Welt und Demokratie kämpft, so wie es auf den ersten Blick erscheint, sondern ein Wirtschaftsunternehmen. Dies erkennt man erst, wenn man einen tieferen Blick auf die Nutzerbedingungen des Unternehmens wirft.

Was bringen denn deine und meine Daten?

Durch eine akribische Analyse unserer Online-Daten, der Auswertung unserer Vorlieben und Ablehnungen, den besuchten Internetseiten, den gegoogelten Begriffen, den gekauften und auch nicht gekauften Dingen im Internet, der Werbung, auf die wir klicken oder eben nicht klicken, können Profile erstellt werden. Diese Profile wissen exakt, wer wir sind und wie wir ticken. Vermutlich wissen sie besser, wer wir sind, als wir selber das wissen. Anhand dieser Profile können Unternehmen sehr spezifisch und gezielt werben und so auch Meinungsbildungsprozesse beeinflussen. Hier verbirgt sich eine große Gefahr für die Demokratie. Wir denken, dass wir demokratisch wählen und uns eine eigene Meinung bilden können, allerdings kann diese durch unsere Profil-Analysen manipuliert werden.

Deshalb wurde change.org auch der BigBrotherAward 2016 verliehen (Vgl. Quelle:https://bigbrotherawards.de/2016/wirtschaft-changeorg).

Was ist der BigBrotherAward?

Seit dem Jahr 2000 werden in Deutschland die BigBrotherAwards an Unternehmen, Organisation und/oder Personen verliehen, die unter anderem die Privatsphäre von Menschen nachhaltig beeinträchtigen, in dem sie z. B. deren persönliche Daten verkaufen. Der Award zeichnet gefährliche Machenschaften und die Gefährdung der Demokratie aus, mit dem Ziel einer zukünftigen Gesellschaft ohne Überwachung. (Vgl. Quelle https://bigbrotherawards.de/ueber-uns)

Und 2016 ging dieser Award für die Kategorie Wirtschaft an die Kampagnenplattform change.org! Laut der Jury erwirtschaftet die Petitionsplattform allein durch die Nutzung der vielen E-Mail-Adressen Preiskategorien von 250.000 bis 500.000 US$. (Vgl. Quelle: (https://bigbrotherawards.de/2016/wirtschaft-changeorg)

Wie wir sehen, deine und meine Daten bringen ganz schön viel Geld ein. Und die Sache mit der Finanzierung rein aus Spenden und Förderbeiträgen ist wohl eher ein Märchen. Genau deshalb darf change.org nun in Deutschland auch keine Spendenbescheinigungen mehr ausstellen.

Bringen diese Petitionen denn wenigstens positive politische und gesellschaftliche Veränderungen?

Dieser Frage sind wir von Mimikama bereits anhand einer aktuellen Petition auf change.org gegen die Ampel-Regierung nachgegangen. (Siehe hierzu: Petitionen im Internet: Wie hoch sind die Erfolgsaussichten?)

Kurz zusammengefasst lautet die Antwort: Nein. Denn Petitionen, die tatsächlich etwas auf politischer Ebene bewirken sollen, müssen über staatliche Petitionsplattformen entweder schriftlich oder elektronisch eingereicht werden. Obwohl change.org ziemlich viel Geld mit unseren Daten verdient, leitet sie nämlich unsere Anliegen nicht an die entsprechenden Stellen weiter, die dafür zuständig wären. Damit „verpuffen“ unsere Klicks und wir „Unterzeichner:innen“ haben das Gefühl, mit dem Klick auf den privaten Petitionsportalen schon genug Gutes gemacht zu haben, um die Welt ein bisschen zu retten.

Allerdings wird den Plattformen ein mediales Aufsehen zugeschrieben. Anliegen werden verbreitet und das eignet sich als ein kleiner Baustein von Kampagnen. Allerdings mit einem doch sehr hohen Preis, nämlich der Beeinträchtigung unserer Privatsphäre.

Wohin wendet ihr euch also, wenn ihr wirklich etwas bewegen wollt?

Je nachdem, ob euer Anliegen eher die Kommune, den Landtag, den Bundestag oder das EU-Parlament betrifft, solltet ihr euch an den dort jeweiligen Petitionsausschuss wenden. Auch hierfür muss man nicht einmal das Haus verlassen. Es sind nur wenige Klicks und eine Registrierung, die für eine seriöse Petition notwendig sind. Ob euer Anliegen dann politisch tatsächlich umgesetzt wird, ist natürlich auch dann noch nicht sichergestellt. Aber zumindest habt ihr alles Mögliche gemacht, damit es eine reelle Chance auf einen echten Change hat. 😉

Dass change.org ein zwiespältiges Unternehmen ist, ist nichts Neues. Aber wir von Mimikama haben das Gefühl, dass es nie genug sein kann, solche Informationen an die Gesellschaft zu tragen, um mehr Bewusstsein zu erlangen. Also teilt unseren Artikel reichlich weiter. Und ihr wisst ja: Zuerst denken – dann klicken!

Autorin: Elke Haberl, mimikama

Artikelbild: Pixabay
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