Oberleutnant will „Spaziergänge“ schützen – doch die Bundeswehr kennt ihn nicht

Autor: Ralf Nowotny

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Faktencheck
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Ein angeblicher Oberleutnant kündigt an, die sogenannten „Spaziergänge“ zu schützen – doch niemand kennt ihn.

Impfgegner und Corona-Leugner glauben, eine neue Gesetzeslücke gefunden zu haben: Sie deklarieren ihre unangemeldeten Demos einfach als „Spaziergänge“ – doch eine Namensänderung alleine ändert nichts an dem Zweck der Demonstrationen. Nun kursiert ein Text eines angeblichen KSK-Oberleutnants, der in einem Schreiben an den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler und die Bundesministerin für Verteidigung darüber informiert, dass er mit bis zu 700 Veteranen die „Spaziergänge“ der Demonstranten vor der Polizei schützen will.
Doch bei der Bundeswehr ist der Mann unbekannt!

Das Schreiben

Das Schreiben, welches wie ein Brief wirkt, wird als PDF geteilt, zusätzlich kursiert es auch in Teilen auf Facebook:

Auszug aus dem auf Facebook verbreiteten Text
Auszug aus dem auf Facebook verbreiteten Text

Hier ein Screenshot der PDF-Datei, die auf der Seite „Mutigmacher“ verbreitet, aber mittlerweile wieder gelöscht wurde (archiviert HIER):
Das Schreiben des angeblichen Oberstleutnants
Das Schreiben des angeblichen Oberleutnants

In dem Schreiben, welches keine Absenderadresse und keinen vollständigen Namen enthält, schreibt ein „OLt a.D. Schneider“, dass er seine 68 Auszeichnungen zurückgebe und künftig mit 650 bis 700 Veteranen die Demonstranten der „Spaziergänge“ vor den Polizeikräften (von ihm abschätzig „Schlümpfe“ genannt) schützen wird.
Das Schreiben endet mit dem falsch wiedergegebenen lateinischen Spruch „facit omnias voluntas“ (korrekt wäre „Facit Omnia Voluntas“, der Leitspruch des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr, auf Deutsch „Der Wille entscheidet“) und dem angeblichen Namen des Verfassers: OLt. a.D. Schneider.

Der Bundeswehr unbekannt

Da das Schreiben keine Absenderadresse beinhaltet und der Name und Dienstgrad nicht viel aussagen, ist nur sehr schwer herauszufinden, ob der Verfasser überhaupt existiert. Jedoch gab er in dem Schreiben eine Personenkennziffer (070475-S 23121) und eine Personalnummer (8903219) an.
Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) erfuhr jedoch aus Bundeswehrkreisen, dass unter den angegebenen Nummern nie einen KSK-Oberleutnant Schneider existierte – das Schreiben sei frei erfunden. Auch das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) fand keine Hinweise, dass dieser Oberleutnant überhaupt existiert. Letztes Jahr gab es jedoch unter diesem Namen einen mittlerweile gesperrten Twitter-Account.
Die Seite „Mutigmacher“ hält in einem Update (archiviert HIER) entgegen, dass Journalisten ja gar keine Freigabe hätten, die Identität des angeblichen Oberleutnants zu recherchieren. Somit gibt es augenscheinlich nur eine einzige Seite, die seine Identität kennt, aber anscheinend nicht wirklich willens ist, die Echtheit des Verfassers zu beweisen.

Fazit

Im Prinzip haben wir hier also Aussage gegen Aussage:
Die Seite „Mutigmacher“ behauptet, es handele sich um einen echten Oberleutnant, der bis zu 700 Veteranen an seiner Seite habe, hingegen ist in Bundeswehrkreisen kein Oberleutnant Schneider mit der entsprechenden Personenkennziffer und Personalnummer bekannt.
Welche Seite ist nun glaubwürdiger? Da wir auch keinen Einblick in die Personalakten der Bundeswehr haben, bleibt nur jenes Schreiben: Es enthält mehrere Rechtschreibfehler (das ist verzeihlich), ein falsch geschriebenes, lateinisches Zitat (weniger verzeihlich, angeblich habe er doch die Gruppe selbst mitbegründet), keinen eindeutigen Absender, ein Allerweltsname und einen Tonfall sowie eine Auffassung über Demokratie, der sehr daran zweifeln lässt, dass der Verfasser wirklich ein Oberleutnant ist.
So behauptet er beispielsweise, dass „die gesamte Bevölkerung, […] Kinder und Jugendliche, Frauen und Ältere Menschen“ von der Polizei drangsaliert werde, die Politik sich „tunlichst überlegen sollte, was sie anrichten kann“ und die COVID-19 Impfungen „zur Spaltung und damit Einsatzfähigkeit der Truppe“ führe.
Von einer wirklichen Spaltung der Bundeswehr-Truppen kann jedoch keine Rede sein, da zum jetzigen Zeitpunkt nur 6 Prozent der Soldatinnen und Soldaten ungeimpft sind, der Anteil der Impfverweigerer unter diesen 6 Prozent ist unbekannt.
Es ist nicht auszuschließen, dass es auch unter den Soldaten Impfverweigerer gibt, die auch aktiv an Demonstrationen teilnehmen, man denke an den Soldaten Anton O., der in einem Video drohte: „Eure Leichen wird man auf den Feldern verstreuen“.
Ob es aber tatsächlich eine feste Gruppe von bis zu 700 Veteranen gibt, die künftig Impfgegner und Corona-Leugner auf Demonstrationen vor der Polizei schützen wollen – oder es sich nur um eine Telegram- oder Facebook-Gruppe mit 700 Mitgliedern handelt, ist offen. Zweiteres ist jedoch wahrscheinlicher.


Quellen: dpa, RND
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