Einfach Geld verbrennen – Wie NFT-Kunsthandel der Umwelt schadet

Autor: Ralf Nowotny

Einfach Geld verbrennen - Wie NFT-Kunsthandel der Umwelt schadet
Einfach Geld verbrennen - Wie NFT-Kunsthandel der Umwelt schadet

Habt ihr ein paar Hunderttausend Euro übrig? Dann kauft doch ein digitales Kunstwerk, das sich jeder umsonst kopieren kann – ein NFT.

Habt ihr ein schönes Bild bei euch daheim an der Wand hängen? Vielleicht sogar ein Originalgemälde eines Künstlers, und wenn es nur vom Flohmarkt ist? Dann habt ihr was Einzigartiges, denn selbst wenn der Künstler oder die Künstlerin das Bild 100x gemalt hat, weisen sie Unterschiede auf, vielleicht sind sie sogar nummeriert.
Anders ist bei digitalen Kunstwerken, die ihr mit der digitalen Währung Ethereum erwerben könnt – denn auch, wenn ihr viel Geld dafür bezahlt habt, kann es sich jeder kopieren und verwenden. NFT nennt sich diese Handelsform, und ist im Prinzip eine edle Form, Geld zu verbrennen – und der Umwelt zu schaden!

NFT – Digitale Sammlerstücke

NFT ist die Abkürzung für non-fungible Token, was bedeutet, dass es sich um etwas handelt, das völlig einzigartig ist und nicht direkt durch etwas anderes ersetzt oder getauscht werden kann, es hat also keinen objektiven, sondern einen subjektiven Wert.

„Fungibel“ sind Dinge, die ohne Wertverlust getauscht werden können: Ihr gebt jemandem einen 10-Euro-Schein und bekommt einen 10-Euro-Schein zurück dafür, dann hat sich nichts am Wert geändert. Nicht-Fungibel sind hingegen einzigartige Dinge, die nicht direkt getauscht werden können: Wenn ich die Mona Lisa besitze, kann ich sie nicht gegen eine andere Mona Lisa tauschen, denn das Gemälde ist einzigartig.

Und wie funktioniert NFT?

Es gibt Plattformen wie beispielsweise OpenSea, auf der man digitale Kunstwerke erwerben kann. Der Besitz dieses Kunstwerks wird dann in der  ___STEADY_PAYWALL___ Ethereum-Blockchain gespeichert, so dass ihr immer nachweisen könnt, dass ihr der Eigentü-

Digitaler Kunstraub?
Digitaler Kunstraub? Quelle: OpenSea

Oh Verzeihung! Ich war gerade dabei, ein Bild, welches derzeit knapp 424.000 Dollar wert ist, mit einem Rechtsklick zu speichern, um digital exakt dasselbe Bild zu haben – völlig kostenlos! Begehe ich da gerade digitalen Kunstraub? Darf ich das überhaupt?

Das Irre ist: Jeder kann ein Bild auf dem eigenen Gerät speichern, eine digitale Datei kann ohne Qualitätsverlust kopiert werden. Rein optisch ist nicht unterscheidbar, ob nun ich oder jemand anderes der Eigentümer des Bildes ist.

Und darum dreht es sich bei NFT, denn dadurch erwirbt man das Eigentum (nicht das Urheberrecht!) an einem digitalen Kunstwerk. Verglichen mit physischen Kunstwerken: Jeder kann einen Nachdruck der Mona Lisa besitzen, aber nur der Louvre in Paris ist der Eigentümer des Originalgemäldes.

Es wird aber noch komplexer: Ihr erwerbt damit nicht das digitale Kunstwerk direkt, sondern quasi nur einen Hyperlink, der zum Original führt. Um es wieder mit der Mona Lisa zu vergleichen: Wenn ihr sie kauft, könnt ihr sie nicht abhängen und mit nach Hause nehmen, sondern bekommt nur einen Zettel mit einem Wegweiser zum Louvre.

Ihr erwerbt damit aber das Recht, das NFT beispielsweise als Profilbild zu verwenden oder in sozialen Medien zu posten. Dafür kann man doch schonmal ein paar Hunderttausend Dollar ausgeben, oder?

Da verwendet jemand mein NFT! Kann ich ihn verklagen?

Das wäre natürlich eine hübsche Einnahmequelle, um die Kosten für ein NFT wieder reinzuholen: Ich durchwühle mit der Google-Bildersuche das Internet und verklage jeden, der das NFT verwendet, für das ich viel Geld bezahle!

Das geht aber nicht! Wie oben bereits erwähnt: Ihr erwerbt nur das Eigentum an einem digitalen Kunstwerk, nicht aber das Urheberrecht, dies verbleibt beim Künstler. Um es wieder mit Kunstwerken zu vergleichen: Wenn euch Joscha Sauer einen Original-Cartoon verkaufen würde, seid ihr der Eigentümer, aber nur Joscha hat das Urheberrecht und könnte klagen, wenn jemand anderes den Cartoon ohne seine Einwilligung verwendet.

Wozu sind NFTs also gut?

Für Künstler sind NFTs durchaus profitabel! Ein Kunstwerk kann nicht nur als NFT verkauft werden, sondern es kann auch weiter damit verdient werden: Wenn ein NFT nämlich weiterverkauft wird, können Künstler bei jedem Eigentumswechsel einen Prozentsatz mitverdienen.

Als Käufer habt ihr dann das gute Gefühl, einen Künstler finanziell unterstützt zu haben. Außerdem erwerbt ihr die Nutzungsrechte, dürft also beispielsweise ein Bild als Profilfoto nutzen. Und ihr könnt damit angeben, viel Geld dafür ausgegeben zu haben. Zudem könnte der Wert steigen, dann könnt ihr es gewinnbringend verkaufen.

Und wie steigt der Wert eines NFT? Indem es beliebt ist! Der Besitzer eines NFT kann also froh sein, wenn andere das Werk kopieren und es vielleicht sogar zu einem Meme wird, denn je beliebter es ist, umso mehr ist es wert – und umso mehr zahlt auch jemand beim Weiterverkauf, was dann wiederum auch den Urheber freut, der mitverdient.

Also sind NFTs was durchaus Einmaliges, oder?

Nicht ganz. Denn ein Kunstwerk kann auch mehrfach verkauft werden, ähnlich wie eine Sammelkarte, die es nur in begrenzter Stückzahl gibt – und dadurch noch wertvoller wird.

Wobei der NFT-Markt mehr und mehr bizarre Züge annimmt: Beispielsweise verkaufte der YouTuber Logan Paul Ausschnitte aus einem seiner Videos, in dem er Pokémon-Karten zeigt, für bis zu 20.000 Dollar – wohlgemerkt ein Video, das sich jeder kostenlos auf YouTube anschauen kann!

Logan Paul verkaufte Video-Ausschnitte
Logan Paul verkaufte Video-Ausschnitte (archivierte Quelle)

Ebenso wurden gezeichnete Bilder von Steinen bereits für Rekordsummen verkauft.

NFTs können nicht nur Bilder oder Videos sein, sondern im Prinzip alles, was digital ist – beispielsweise auch dieser Artikel, Musik oder ein Text auf Twitter.

Wie NFT-Handel der Umwelt schadet

Bisher klang ja alles zwar irre, aber auch gut für Künstler und Käufer, denn ein digitales Kunstwerk kann zwar einfach kopiert werden, der wahre Eigentümer jedoch ist fälschungssicher in der Ethereum-Blockchain verzeichnet. Einen großen Nachteil hat jedoch diese Blockchain: Sie verbraucht wahnsinnig viel Energie!

Die großen Marktplätze für NFT-Kunst, zu denen MakersPlace, Nifty Gateway und SuperRare gehören, wickeln ihre Verkäufe über die Blockchain Ethereum ab, das eine sichere Aufzeichnung von Kryptowährungs- und NFT-Transaktionen durch einen Prozess namens Mining aufrechterhält.

Spezialisierte Mining-Computer erraten abwechselnd die Kombination für ein digitales Schloss (eine lange Reihe zufälliger Ziffern). Der Computer, der die Kombination richtig errät, gewinnt eine Belohnung, die in einer Kryptowährung namens Ether ausgezahlt wird. Das digitale Schloss wird etwa alle 15 Sekunden zurückgesetzt, und der Wettbewerb geht weiter.

Das System ähnelt dem, das Bitcoin verifiziert. Es umfasst ein Netzwerk von Computern, die mithilfe fortschrittlicher Kryptografie entscheiden, ob Transaktionen gültig sind – und dabei Energie in der Größenordnung eines kleinen Landes verbrauchen.

Der CO₂-Fußabdruck durch Ethereum beträgt derzeit 47.57 Megatonnen, das entspricht in etwa dem CO₂-Fußabdruck von Norwegen. Eine einzelne Transaktion mit Ethereum produziert 105.64 Kilogramm CO₂, also so viel wie 234.135 VISA Transaktionen oder 17.607 Stunden YouTube-Videos.

Der französische Digitalkünstlee Joanie Lemercier sagte sogar den Verkauf von sechs Werken ab, nachdem er die damit verbundenen Energiekosten berechnet hatte: Der Verkauf würde in nur zehn Sekunden genug Strom verbrauchen, um das gesamte Atelier des Künstlers zwei Jahre lang zu betreiben.

Die Lösung soll Ethereum 2.0 sein

Auch den Entwicklern von Ethereum ist das Problem des immensen Energieverbrauchs bewusst, weswegen sie seit sechs Jahren an einer Alternative zum energiefressenden PoW-Protokoll gearbeitet haben. Das Ergebnis: Ethereum 2.0.

Das PoW-Protokoll (Proof of Work), welches als veraltet gilt, wird durch das PoS-Protokoll (Proof of Stake) abgelöst, welches laut Danny Ryan, dem federführenden Koordinator für die Einführung von Ethereum 2.0, „zu 99,9 % energieeffizient“ sein wird. Statt Millionen von Computern, die um ein- und dieselbe Transaktion konkurrieren, wird durch den PoS-Algorithmus per Zufall ein Computer ausgewählt, der die Aufgabe übernimmt.

Zwar wird es noch eine ganze Weile dauern, bis Ethereum 2.0 vollständig integriert ist, jedoch ist dies ein wichtiger und guter Schritt der Entwickler, um den Energieverbrauch durch Ethereum massiv und dauerhaft zu senken.

Auch NFT-Plattformen werden umweltfreundlicher

Bereits mehrere Plattformen, auf denen NFTs gehandelt werden, haben auf Umweltfreundlichkeit umgestellt. So basiert der beliebte NFT Showroom auf dem Hive-Netzwerk. Die umweltfreundliche Plattform WAX Atomic Hub listet derzeit über 11 Millionen NFTs auf, es fallen auch praktisch keine Transaktionsgebühren an. Und als Drittes sei noch Efinity genannt, welches die PoS-Blockchain von Polkadot nutzt.

Fazit

Ob NFT nun eine schnelle Form der Geldverbrennung oder die Zukunft des digitalen Kunsthandels sind, sei dahingestellt. Die Umweltfreundlichkeit ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht wirklich prickelnd, jedoch gibt es diesbezüglich wenigstens einen Silberstreif am Horizont, denn nicht nur die am meisten benutzte Kryptowährung für NFT, Ethereum, stellt auf Umweltfreundlichkeit um, sondern viele Plattformen nutzen ebenfalls umweltfreundlichere PoS-Protokolle.

So können auch Händler und Käufer von NFT umweltbewusst und ohne schlechtes Gewissen die Kunstwerke anbieten und kaufen.


Quellen: Ledger, EOS Detroit, The Conversation, Brightly, The Verge, Expensivity, Art, Law & More, Side Hustle, Marca, TechCrunch, The Dales Report, Reuters, Forbes, CNet

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