Die Seite „Nachweis-Express“ (nun „Liberation-Express“): In allen Belangen unseriös

Autor: Ralf Nowotny

Die Seite "Nachweis-Express": In allen Belangen unseriös
Die Seite "Nachweis-Express": In allen Belangen unseriös

Nach „Test-Express“ nun „Nachweis-Express“ (nun „Liberation-Express“), doch die dort erhältlichen Impfunfähigkeitsnachweise sind alles andere als seriös.

Stellt euch vor, ihr könntet eine Krankmeldung bei eurem Chef einfach dadurch begründen, indem ihr online einen Fragebogen ausfüllt. „Haben Sie Halsweh?“ – „Ja.“ – „Okay, hier ihre Krankmeldung zum Ausdrucken!“ – in dieser Art funktioniert auch der „Nachweis-Express“.

Im Oktober berichteten wir bereits über „Test-Express“ (siehe HIER), welche es Ungeimpften angeblich ermöglicht, sich gegenseitig quasi freizutesten. Wenig später wurde bekannt, dass gegen die Seite Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts einer Straftat eingeleitet wurden (wir berichteten).

Die Seite „Nachweis-Express“ vom gleichen Anbieter geht ein Stückchen weiter: Für 17,49 Euro bekommt man dort einen angeblich vollkommen legalen Impfunfähigkeitsnachweis, um einer Impfung in jedem Fall entgehen zu können.


Update 30. Januar 2022

Die Seite soll nun international werden, weshalb Seitennamen und URL geändert wurden: Statt „Nachweis-Express“ heißt sie nun „Liberation-Express“.

Ob diese Änderung viel bringen wird, darf bezweifelt werden: Laut „Apotheke adhoc“ darf der Betreiber der Seite die Bescheinigung nicht mehr bewerben oder ausgeben, wenn diese erstellt wird, ohne dass ein unmittelbarer Kontakt zwischen Arzt und Patient stattgefunden hat. Gegen diese einstweilige Verfügung des LG Stade kann noch Beschwerde eingelegt werden.


Was geschieht, wenn man dort einen Impfunfähigkeitsnachweis bestellt

Als Erstes wird man zur Kasse gebeten, denn umsonst ist nur der Tod, und der kostet das Leben. Da wir die 17,49 Euro aber lieber einem guten Zweck spenden, sparen wir uns das, denn andere schauten sich das bereits an: AnonLeaks hat sich im Rahmen der Operation Tinfoil dort als „Attila Hildmann“ registriert und die darauf folgenden Schritte dokumentiert.

Die ärztliche Aufklärung

Hier verbindet man sich nicht etwa per Videochat mit einem Arzt, sondern man muss sich ein 12 Minuten langes Video ansehen, welches vor falschen und irreführenden Informationen nur so strotzt: Verdachtsfälle werden zu verifizierten Nebenwirkungen erklärt, sehr seltene (behandelbare) Nebenwirkungen werden hochgespielt.

Im letzten Drittel des Videos wird darauf hingewiesen, dass man sich nicht impfen lassen dürfe, wenn man gegen einer der Inhaltsstoffe des Impfstoffs allergisch sei – und hier setzt dann auch „Nachweis-Express“ an.

Die ärztliche Befragung – ohne Arzt

Nein, auch hier gibt es nicht etwa einen Video-Chat mit einem Arzt, sondern ein Fragebogen!

Dieser funktioniert so: Zuerst wird man gefragt, welchen Impfstoff man bekommen möchte, dann wird eine Liste der Inhaltsstoffe aufgezählt. Dies allerdings natürlich nicht etwa erklärt, sondern es werden einfach nur die chemischen Namen hingeknallt, die natürlich jeder kennt, oder?

Eine Aufzählung der Inhaltsstoffe - Mehr nicht
Eine Aufzählung der Inhaltsstoffe – Mehr nicht, Bildquelle: AnonLeaks

Als Nächstes kommt eine sehr suggestive Fragestellung, um zu verunsichern: Gleich 2x wird gefragt, ob man gegen einen oder mehrere der Bestandteile allergisch sei:

Allergisch oder nicht - Das ist die Frage
Allergisch oder nicht – Das ist die Frage, Bildquelle: AnonLeaks

Nachdem die Frage zum ersten Mal beantwortet wurde, bekommt man sie nochmal zu sehen – und da schleichen sich sicherlich bei vielen Zweifel ein: Vielleicht bin ich ja gegen Natriumchlorid allergisch??? Dabei handelt es sich übrigens um Kochsalz.

Die Seite bietet also keine Erklärungen der Inhaltsstoffe an, sodass man nahezu dazu gezwungen wird, bei „Nein, das kann ich nicht ausschliessen“ ein Häkchen zu machen – und schon ist man für einen Impfunfähigkeitsnachweis qualifiziert!

Die Nachweise

Im Anschluss kann man sich mehrere Dokumente ausdrucken, die äußerlich den Anschein erwecken. Ausgestellt von einer „Dr. Marianne Müller“ wird bescheinigt, dass die konkrete Gefahr bestehe, der Patient könne bestimmte, schwere Nebenwirkungen durch die Impfung entwickeln.

Aus der einzelnen Frage wird plötzlich eine Begutachtung
Aus der einzelnen Frage wird plötzlich eine Begutachtung
Es wird also in den Formularen knallhart gelogen: Zu keinem Zeitpunkt sprach oder schrieb man mit einer Dr. Marianne Müller, trotzdem wird behauptet, dass diese der begutachtende Arzt war!

Eine Dr. Marianne Müller konnten wir in Fellbach nicht finden, die Adresse jedoch (Stuttgarter Straße 106,  70736 Fellbach) ist vielsagend: Diese kann man sich gegen eine Gebühr als „virtuelles Büro“ kaufen. Oder wie es umgangssprachlicher heißt: Eine Briefkastenfirma gründen.

Nur nebenbei bemerkt: Neben mehreren anderen Firmen hat auch beispielsweise Querdenken-775 Waldshut-Tiengen dieselbe Adresse.

Querdenken "wohnt" da auch
Querdenken „wohnt“ da auch

Fazit

  • Eine ärztliche Aufklärung, die nur aus einem teils irreführenden Video besteht
  • Eine ärztliche Befragung, die nur aus einer Frage besteht
  • Eine begutachtende Ärztin, mit der man nie sprach oder schrieb
  • Die Ärztin hat zudem ihre Praxis anscheinend als virtuelles Büro eingerichtet

Es ist somit mehr als zweifelhaft, ob die von der Seite „Nachweis-Express“ ausgestellten Bescheinigungen über eine Impfunfähigkeit von irgendeiner Firma, Behörde oder Krankenkasse als gültig anerkannt werden!

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