„drecks F*tze“-Urteil in der Kritik: Künast verliert Prozess

Autor: Andre Wolf

Foto: Laurence Chaperon
Foto: Laurence Chaperon

Ein sehr denkwürdiges Urteil wurde im Falle der Klage von Renate Künast wegen öffentlicher Beleidigungen gefällt.

Künast hatte wegen beleidigender Äußerungen auf Facebook vor dem Berliner Landgericht geklagt. Der Grund der Klage:

Renate Künast begehrt die Gestattung einer Auskunft über Daten mehrerer Nutzer auf Facebook. Entsprechend richtet sich das Begehren auch gegen Facebook.

Alles führt auf einen Ausspruch aus dem Jahr 1986 zurück. Zu dieser Zeit hat eine grüne Fraktionsabgeordnete zum Thema häusliche Gewalt im Berliner Abgeordnetenhaus gesprochen. Dazu stellte ein CDU-Abgeordneter eine Zwischenfrage, in der es um einen Beschluss der nordrhein-westfälischen Grünen ging, der davon handelte, den Geschlechtsverkehr mit Kindern zu entkriminalisieren. Künast soll damals „Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist.“ dazwischengerufen haben.

Dieser Zwischenruf aus dem Jahr 1986 führte nun zu der unwahren Darstellung auf Facebook, dass sie Geschlechtsverkehr zwi­schen Kindern und Erwachsenen billigen würde. Gegen diese Darstellung wollte Künast Anzeige erstatten. Dazu seien eben die Nutzerdaten notwendig.

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Daneben ging es auch um Kommentare mit Beleidigungen wie „Stück Scheiße“, „krank im Kopf, „altes grünes Drecksschwein“, „geisteskrank“, „kranke Frau“, „Schlampe“, „gehirnamputiert“, Drecks Fotze“, „Sondermüll“, „Alte perverse Drecksau“, welche das Posting, welches mittlerweile gelöscht wurde, auf Facebook begleiteten.

Facebook lehnte die Herausgabe der Daten ab, da nach eigenen Angaben der geltend gemachte Anspruch auf Gestattung der Auskunft nicht bestehe.

Zum Künast-Urteil

Grundsätzlich darf der Diensteanbieter gemäß § 14 Abs. 3 TMG Auskunft über bei ihm vorhandene Bestands­daten erteilen, soweit dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung ab­solut geschützter Rechte aufgrund rechtwidriger Inhalte erforderlich ist.

Das bedeutet: Das Gericht hätte durchaus Facebook dazu verpflichten können, die Daten herauszugeben. Hat das Gericht aber nicht!

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Denn nach Begründung des Landgerichts lagen keine entsprechenden Tatbestände der rechtswidrigen Inhalte vor. Diese lange Reihe an Voraussetzungen lag nicht vor. So heißt es:

Nach § 1 Abs. 3 NetzDG sind rechtswidrige Inhalte solche, die den Tatbe­stand der §§ 86, 86 a, 89 a, 91,100 a, 111,126,129 bis 129 b, 130,131,140,166,184 b in Ver­bindung mit 184 d, 185 bis 187,201 a, 241 oder 269 des Strafgesetzbuches erfüllen und nicht ge­rechtfertigt sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

„Drecks Fotze“

In den Medien werden aktuell die Beleidigungen gegenüber Künast thematisiert. Laut Urteil haben alle Kommentare einen Sachbezug und stellen somit keine Diffamierungen der Person und folglich damit keine Beleidigungen nach § 185 StGB dar. Hierzu gibt es im Urteil (Seite 4/5) folgendes zu lesen:

Die von der Antragstellerin angeführten Äußerungen auf www.facebook.com stellen sich sämtlich – als Meinungsäußerungen dar.

Spannend wird es, wenn man im Urteilsverlauf weitere Begründungen liest:

(3)

In der Bezeichnung „Pädophilen-Trulla“ kann eine Beleidigung nach § 185 StGB nicht erblickt wer­den.

(5)

Die Äußerung „Die alte hat doch einen Dachschaden die ist hol wie Schnittlauch man kann da nur noch Ä S Ü“ steht ebenfalls im Kontext der im Post wiedergegebenen Äußerung.

In diesem Verlauf wird auch der Ausdruck „Drecks Fotze“ angesprochen. Das Gericht urteilt wie folgt:

(16)

Der Kommentar „Drecks Fotze“ bewegt sich haarscharf an der Grenze des von der Antragstelle­rin noch Hinnehmbaren.

Diese Entscheidung fußt darauf, dass sie nach Meinung des Gerichts durch ihren Zwischenruf vor Jahren zu diesem Thema bereits einen sexuellen Bezug geschaffen hat. Nach Angaben des Gerichts ist somit hier ein inhaltlicher Sachbezug zum Thema geschaffen. Ferner müsste Künast sich als Politikerin überzogene Kritik gefallen lassen.

Insgesamt wurden 22 Punkte mit (beleidigenden) Begriffen vom Gericht abgelehnt, bzw. als sachbezogen beurteilt.

Das Urteil, sowie alle Begründungen dazu, kann man auf der Webseite media-kanzlei-frankfurt.de lesen.

Artikelbild: Laurence Chaperon

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Frei erfundene Politiker-Zitate verbreiten sich auf Facebook und Co.

 

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