Die „Kanzlerakte“

Autor: Tom Wannenmacher

Mit den Worten: “Ist dieses Schriftstück echt”? haben wir heute eine Datei zugespielt bekommen, die angeblich vom Bundesnachrichtendienst stammte.

Es handelt sich um dieses Dokument:

“Strengste Vertraulichkeit” kann man sofort zu Beginn des angeblichen Dokuments lesen:

image

Das Dokument als Wortlaut:

Bundesnachrichtendienst
Kontroll-Abteilung II/OP

Nur für Minister!

Strengste Vertraulichkeit

Vorgang: Geheimer Staatsvertrag vom 21.05.1949

Hier: Verlust der Kopie Nr. 4

Sehr geehrter Herr Minister!

Kopie Nr. 4 des geheimen Staatsvertrages zwischen den Allierten Mächten und der provisorischen Regierung Westdeutschlands vom 21.05.1949 ist endgültig abhandengekommen. Der geheime Staatsvertrag offenbart unter anderem:

  • die Medienhoheit der allierten Mächte über deutsche Zeitungs- und Rundfunkmedien bis zum Jahr 2099
  • die sog. „Kanzlerakte“, also jenes Schriftstück, das jeder Bundeskanzler Deutschlands auf Anordnung der Alliierten vor Ablegung des Amtseides zu unterzeichnen hat
  • sowie die Pfändung der Goldreserven der Bundesrepublik Deutschland durch die Alliierten.

Sofern die Kopie Nr. 4 des geheimen Staatsvertrages in falsche Hände gelangen sollte, empfehle ich dringend, die Echtheit abzuleugnen.

Hochachtungsvoll
Dr. Rickermann
Staatsminister
(Original bitte vernichten!)

An dieser Stelle dürfen wir auf verschiedenen Seiten verweisen, die dieses Schriftstück beleuchtet haben:

1. Pseudo-Seneca vom 7.9.2014 (Quelle)

Auszug:

Als Beleg für die Verschwörungstheorie, daß die Bundesrepublik Deutschland kein souveräner Staat, sondern seit Ende des Zweiten Weltkrieges ein besetztes Land sei, das von fremden (Besatzungs-)Mächten gesteuert werde, wird immer wieder die sogenannte Kanzlerakte angeführt. Diese soll Teil eines geheimen Staatsvertrags vom 21. Mai 1949 sein, in dem zudem „die Medienhoheit der alliierten Mächten [sic!] über deutsche Zeitungs- und Rundfunkmedien bis zum Jahr 2099“ festgeschrieben worden sei. Die Kanzlerakte selbst soll eine Verpflichtungserklärung gegenüber den Alliierten sein, die jeder deutsche Bundeskanzler vor Amtsantritt unterzeichnen müsse.
Als Beleg für die Existenz der sogenannten Kanzlerakte wird von den Anhängern dieser Verschwörungstheorie ein angebliches Schreiben eines „Staatsministers Dr. Rickermann“ an einen nicht namentlich benannten „Minister“ verbreitet (v. a. im Internet), in dem „Staatsminister Rickermann“ dem „Minister“ mitteilt, daß „Kopie Nr. 4 des geheimen Staatsvertrages zwischen den Alliierten Mächten und der provisorischen Regierung Westdeutschlands […] endgültig abhandengekommen“ sei, und ihm „dringend“ empfiehlt, „die Echtheit abzuleugen [sic!]“, „sofern die Kopie Nr. 4 des geheimen Staatsvertrages in falsche Hände gelangen sollte“. [2]

2. Die „Kanzlerakte“: eine offensichtliche Aktenfälschung vom 14.4.2014 (Quelle)

Auszug:

Im Internet ist eine regelrechte Mythologie um eine „Kanzlerakte“ entstanden: ein hypothetisches Schriftstück, dass angeblich jeder deutsche Bundeskanzler vor seinem Amtsantritt unterzeichnen musste. Es gibt einen guten Wikipedia-Artikel zu diesem Unfug.

3. Die „Kanzlerakte“. Agitation unter falscher Flagge. (Quelle)

Auszug:

Seit etwa 10 Jahren geht insbesondere bei Menschen, die anfällig für einfache Lösungen und Verschwörungstheorien sind, das Gerücht um, jeder neu gewählte Bundeskanzler müsse vor Ablegung seines Amtseides in den Vereinigten Staaten vorstellig werden, um dort die sogenannte Kanzlerakte zu unterzeichnen.

4. im Auftrag der Bundeskanzlerin am 19. November 2007 (Quelle)

Auszug:

vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Der „geheime Staatsvertrag“, den Sie erwähnen, ist dem Reich der Legenden zuzuordnen. Diesen Staatsvertrag gibt es nicht. Und die Bundeskanzlerin musste selbstverständlich auch nicht auf Anordnung der Alliierten eine sogenannte „Kanzlerakte“ unterschreiben, bevor sie ihren Amtseid ablegte. Die erbetene kurze Antwort lautet daher: Nein.

Mit freundlichen Grüßen Ihr
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

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