Nun ist es doch soweit: Es gibt Impfmücken!

Was haben wir doch über die irre Idee gelacht, dass es „Impfmücken“ gäbe, also Mücken, die einen heimlich durch Stechen gegen COVID-19 impfen. Tja, ausgelacht, nun gibt es tatsächlich Impfmücken – allerdings nur gegen Malaria, und es braucht 200 Mücken dafür!

Autor: Ralf Nowotny

Da fragt man sich doch, was zuerst da war: Die irre Idee von den Impfmücken (wir berichteten) oder die Idee, Mücken tatsächlich für eine Impfung gegen eine Erkrankung zu nutzen, für die es bisher nur einen einzigen Impfstoff gibt, der zudem nur zu 30 bis 40 % wirksam ist: Malaria.

Mücken und Malaria – Eine toxische Beziehung

Malaria-Parasiten und die Anopheles-Mücke gehören untrennbar zusammen, besonders in Afrika, wo das warme Klima das Wachstum des Parasiten begünstigt. Das könnte uns egal sein, wenn die Parasiten nicht ausgerechnet Menschen als Zwischenwirt nutzen würden.

  1. Die Malaria-Parasiten leben in den Speicheldrüsen der Anopheles-Mücken
  2. Die Mücken stechen Menschen, die sich dadurch mit Malaria infizieren
  3. Infizierte Menschen werden von den Mücken gestochen, die dadurch die Parasiten wieder aufnehmen

Und dann geht es wieder von vorne los. Effektiv für die Malaria-Parasiten, unschön aber für Menschen. Nach Schätzungen von Wissenschaftlern gibt es jährlich über 240 Millionen Malariafälle und über 600.000 Todesfälle, weshalb ein wirksamer Impfstoff dringend nötig ist.

Einen Impfstoff gibt es auch seit 2021: RTS,S (besser bekannt unter dem Handelsnamen Mosquirix) des Arzneimittelherstellers GlaxoSmithKline. Dieser wurde letztes Jahr von der Weltgesundheitsorganisation zugelassen, hat aber nur eine Wirksamkeitsrate von 30 – 40 %.

Die Erfindung der Impfmücke

Mücken und Malaria, Malaria und Mücken… da muss man doch irgendwie ansetzen können, oder? Es gab bereits Versuche mit genetisch modifizierten Mücken, die sich nicht mehr fortpflanzen können – klingt im Experiment gut, wäre in der Natur aber fatal, wenn die Nahrungsgrundlage vieler Vögel und anderer Tiere plötzlich aussterben würde.

Dr. Sean Murphy von der University of Washington in Seattle, Hauptautor eines Artikels in Science Translational Medicine, hat sich einen anderen Ansatz überlegt: Warum nicht einfach Mücken mit geschwächten Parasiten ausstatten, die Menschen stechen und deren Immunsystem somit für die echten Parasiten trainieren?

Die Impfmücke war damit erfunden!

Die Insekten übertragen lebende, Malaria verursachende Plasmodium-Parasiten, die gentechnisch so verändert wurden, dass sie den Menschen nicht krank machen. Der Körper bildet weiterhin Antikörper gegen den geschwächten Parasiten, damit er auf die Bekämpfung des echten Parasiten vorbereitet ist.

Das erste Trial mit 26 Teilnehmern und je 200 Mücken

Die Impfung lief im Trial folgendermaßen ab: Die Teilnehmer legten ihren Arm über einen Pappkarton, der mit 200 Mücken gefüllt und mit einem Netz bedeckt war, das die Mücken einschließt, sie aber dennoch stechen lässt. Zusätzlich wurde der Arm mit einem schwarzen Tuch bedeckt, da Mücken am liebsten nachts stechen.

MIMIKAMA
Kurz vor der Attacke der Impfmücken, Quelle: npr

Und dann geht das große Fressen los – für die Mücken zumindest, für die Teilnehmer war es wahrscheinlich weniger angenehm, von 200 Mücken gleichzeitig in den Arm gestochen zu werden.

Der Arm nach dem Festmahl für die Impfmücken
Der Arm nach dem Festmahl für die Impfmücken, Quelle: npr

Ein vielversprechender Anfang

Dr. Murphy ist der Ansicht, dass diese experimentelle Impfung mit Mücken eine stärkere Immunreaktion auslösen sollte als der von der WHO zugelassene RTS,S-Impfstoff, weil er einen ganzen geschwächten Parasiten verwendet, während der Impfstoff von GlaxoSmithKline nur auf eines von mehr als 5.000 Proteinen, die der Parasit produziert, abzielt.

Um zu testen, wie gut der Ansatz funktionierte, bekamen 14 Teilnehmer eine weitere Runde von Mückenstichen – dieses Mal mit dem voll funktionsfähigen Malaria-Parasiten. Sieben von ihnen erkrankten an Malaria, was bedeutet, dass der Impfstoff nur zu 50 % wirksam war. Bei den anderen sieben hielt der Schutz nicht länger als ein paar Monate an.

Stefan Kappe, einer der Autoren der Studie und Parasitologe an der University of Washington Seattle und dem Seattle Children’s Research Institute, ist der festen Ansicht, dass die Wirkung noch verbessert werden kann, indem sie einen Impfstoff mit den geschwächten Parasiten in den nächsten Trials mit einer Spritze verabreichen, anstatt mit Mücken, um ihn besser dosieren zu können.

Auch könnte eine reifere Version der verwendeten Parasiten ebenfalls eine Auswirkung auf die Wirksamkeit des Impfmücken-Wirkstoffs haben, dadurch hätte das Immunsystem mehr Zeit, sich auf eine Immunreaktion auf die echten Malaria-Parasiten vorzubereiten.

Fazit

Wir hoffen, ihr habt bis hierhin gelesen (wenn ja, dann kommentiert auf Facebook und Twitter mit „Ich liebe Impfmücken!“). Es werden also natürlich keine Mücken durch die Gegend summen, um Menschen heimlich zu impfen. Das wäre auch ziemlich ineffektiv, denn alleine bei den Versuchen brauchte es 200 Mückenstiche für eine Impfung!

Originell ist aber auf jeden Fall der Ansatz des Trials: Anstatt lange im Labor Versuche zu machen, einfach erst einmal die geschwächten Parasiten mit „Impfmücken“ verabreichen, um zu sehen, ob es überhaupt funktionieren würde. Und eine Wirkung von 50 % ist für den Anfang nicht schlecht und besser als der bisher einzige Impfstoff gegen Malaria (auch wenn dies bei 14 Teilnehmern nicht wirklich aussagekräftig ist).

Die richtige Impfung wird dann aber doch mit einer Spritze verabreicht. Tut mir leid, Impfmücken, ihr seid dann wieder arbeitslos.

Artikelbild und Quelle:

npr
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