Hund in Not: Darf man die Scheibe eines Autos einfach einschlagen? – Die Rechtslage
Sommerhitze und ein leidender Hund im Auto: Viele haben eine solche Situation schon erlebt.
Für jeden Tierfreund ist es eine Qual, einen offensichtlich leidenden Hund in einem geparkten, wahrscheinlich überhitzen Auto in der prallen Sonne zu sehen. Besitzerin oder Besitzer nach kurzem Umschauen nicht zu sehen, also was tun? Einfach die Scheibe des Autos einschlagen? Ist das erlaubt?
In einem derzeit kursierenden Text auf Facebook wird gesagt, dies sei laut „Kunstbasis. 20.5 des Strafgesetzbuchs“ gestattet:
Der immer wieder kopierte und neu gepostete Text lautet:
„Wichtig zu wissen ❗️❗️❗️❗️❗️❗️❗️❗️❗️❗️❗️❗️❗️
Die Polizei sagt, wenn man einen Hund sieht, der in einem Auto eingesperrt ist, macht ein Foto und dann das Fenster kaputt. Auf diese Weise werden Sie nicht wegen krimineller Schäden angeklagt und die Polizei wird Beweise haben, um die Besitzer dieser Hunde vor Gericht zu bringen.
′′ Die Aktion des Fensterbruchs zur Rettung eines Tieres gilt als legitim auf Kunstbasis. 20.5 des Strafgesetzbuchs, das in diesen Fällen den Notzustand anerkennt „.
Könnt ihr diese Informationen kopieren und einfügen, um diese Grausamkeit zu verhindern?
Lass die Tiere nicht leiden. Danke im Namen derjenigen, die keine Stimme haben…“
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Kunstbasis. 20.5 des Strafgesetzbuchs?
Der Text wurde anscheinend mehrfach durch Google Translate gejagt, wobei „Art.“ als Abkürzung für „Article“ mit „Kunst“ übersetzt wurde. In Frankreich kursierte der Text bereits 2018, dort „l’article 20.5 du Code pénal“ genannt, doch auch im französischen Strafrecht existiert jener Artikel nicht.
Die Rechtslage
Grundsätzlich ist es zunächst einmal Sachbeschädigung gem. §303 StGB (Geldstrafe oder bis zu maximal vier Jahre Haft) zuzüglich eines eventuellen Schadensersatzes nach §823 BGB.
Wie gesagt grundsätzlich, aber grundsätzlich lässt auch immer Ausnahmen zu. Das bedeutet in unserem Fall: eine Sachbeschädigung, also das Einschlagen einer Scheibe, kann durch einen Notstand gerechtfertigt sein, so dass die Strafbarkeit entfällt.
Die Einzelnorm
In §34 StGB finden wir die Ausnahme von der Regel, nämlich den gesetzlichen Notstand:
Kurz gesagt: Es ist gestattet, die Scheibe einzuschlagen, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
Das sichere Vorgehen
Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte man bei einem im Auto eingesperrten Hund nach dieser Reihenfolge vorgehen:
- Den Besitzer suchen, also umsehen, ob der Fahrer des Fahrzeuges sich irgendwo in der näheren Umgebung aufhält. Steht der Wagen vor einem Ladengeschäft, sollte man kurz nachfragen, ob der Fahrer anwesend ist. Ist er nicht binnen kürzerer Zeit aufzufinden, geht man zu Schritt 2 über.
- Die Polizei alarmieren und um Hilfe bitten. Dazu den genauen Standort angeben. Dauert es zu lange bis zum Eintreffen der Polizei, oder das Tier zeigt bereits deutliche Zeichen eines Kollapses (glasige Augen, Erbrechen, blutrote Zunge, oder es ist bereits ohnmächtig), ist ein sofortiges Handeln notwendig und man geht zu Schritt 3 über.
- Die Scheibe einschlagen, natürlich ist man aufgrund der Notlage des Hundes ziemlich aufgebracht und als Tierfreund rechtschaffend empört, dennoch sollte man den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht aus den Augen verlieren und nicht gleich mit einem Vorschlaghammer die Front- und/oder Heckscheibe einschlagen, oder die Türen aufbrechen. Es ist völlig ausreichend eine Seitenscheibe einzuschlagen, um eine Tür zu öffnen.
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Hinweis zur Absicherung
Findet man Kinder oder Tiere in einem überhitzten Wagen vor, so sollte man dringend Zeugen herbeirufen, diese können später die Situation und die Rettungsaktion bezeugen. Ist niemand in der Nähe, der als Zeuge dienen könnte, benutzt euer Smartphone, filmt die Lage, notiert das Kennzeichen und die Uhrzeit. Nicht selten wird der Besitzer die Lage anders einschätzen und darauf bestehen den Schaden vom Retter ersetzt zu bekommen.
Artikelbild: Shutterstock / Von thka
Leider verenden trotz vieler Warnhinweise in den Medien immer wieder Hunde in Autos:
Hinweis: Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell
war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur
Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.