Faktencheck: Gibt es eine „Mücken-Drohne“?

Autor: Kathrin Helmreich

Dieses Bild zeigt eine Mini-Beobachtungsdrohne in Form einer Mücke - aber gibt es sie wirklich?
Dieses Bild zeigt eine Mini-Beobachtungsdrohne in Form einer Mücke - aber gibt es sie wirklich?

Sie soll so klein, wie eine Mücke sein und in der Lage DNA-Proben von der Haut zu nehmen – eine Mini-Beobachtungs-Drohne. Gibt es sie wirklich?

Uns erreichten erneut Anfragen zu diesem Thema hier:

Hier ist von einer Mini-Beobachtungs-Drohne die Rede, die aussieht wie eine Mücke. Sie soll bereits von der US-Regierung finanziert und in Produktion gegangen sein.

Wenn sie auf einem Menschen landet, kann sie DNA-Proben entnehmen und oder RFID-Tracking-Nanotechnologie auf der Haut hinterlassen.

Irrsinn oder gibt es diese „Mücken-Drohnen“ wirklich?

Der Faktencheck

Hinweis: Natürlich gibt es Drohnentechnologie. Natürlich dürften auch Geheimdienste daran interessiert sein, kleine Drohnen zu bauen, die kaum erkennbar sind und vielfältige Aufgaben ausführen können. Dazu muss man kein Hellseher sein, das klingt schlichtweg plausibel. Doch das folgende Bild und die dazu gehörige Warnung haben bereits eine lange Vorgeschichte.

Kollege Andre hat sich bereits in der Vergangenheit auf die Spuren dieser Mini-Drohnen gemacht und folgendes herausgefunden:

Dieses Bild und der Text stammen nicht aus dem Jahre 2018, sondern sind bereits seit Jahren im Netz zu finden. Älteste Fundstellen reichen bis weit in das letzte Jahrzehnt hinein, das Bild haben wir auf einem japanischen Blog in einem Eintrag vom 11. November 2005 gefunden. Das bedeutet, allein dieses Bild ist über 13 Jahre alt. Dieses Foto trägt den Titel „Mücke” und eine sehr kurze Beschreibung, die vom Übersetzer mit „Es gibt keine so schreckliche Waffe, wenn sie praktisch eingesetzt wird.” angegeben wird.

Im Jahr 2012 erschien dann zu diesem Bild die Behauptung, es handle sich um eine Drohne, die mit DNA und RFID rumhantieren würde. Dieser Text erschien in seinem Original auf Englisch und trat bereits vor über 5 Jahren grafisch exakt in der Form auf, wie er aktuell auf Facebook geteilt wird (vergleiche: Google+ vom 06. September 2012).

Interessant: Ebenso im Sommer 2012 hatte die BILD das Foto und die Information zu der Mücke aufgegriffen. Man hat sich damals augenscheinlich nicht unbedingt mit Recherche-Ruhm bekleckert und dieses Bild als „FOTO DES TAGES VOM 21.06.2012 Spionage-Mücke” deklariert. Mittlerweile ist das Foto aus dem Artikel entfernt worden (vergleiche). Es gibt jedoch noch Screenshots des Artikels, in denen man das Foto deutlich erkennen kann (siehe hier). Insofern hat auch die BILD im Jahr 2012 auf ein Gerücht und ein Foto zurückgegriffen, welches bereits auf einem japanischen Blog im Jahr 2005 veröffentlicht wurde.

Weitere Stimmen: T-Online.de

In einer Fotostrecke zum Thema „Hoaxes – Irre Internet-Lügen und Fotomontagen” liest man hierzu auf T-Online.de:

Die Insekten-Drohne mit Kameraaugen und einer Spritze als Saugrüssel gehört angeblich zu den neueren Entwicklungen des US-Militärs. Das Foto kursiert jedoch bereits seit 2005 im Netz. Zudem ist die Spionage-Mücke sehr viel feiner gearbeitet als aktuelle Insekten-Drohnen. Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei dem Bild um eine Fotomontage.

Man darf an dieser Stelle jedoch einwenden, dass diese stark verkürzte Darstellung weder Quellen, noch die Nachweise liefert. Weiter in die Tiefe geht man innerhalb der Fotostrecke nicht.

Snopes schrieb bereits 2015 hierzu

(Übersetzt aus dem Englischen mit DeepL Übersetzer)

Eines der aktuellen Forschungsgebiete im wissenschaftlich-militärischen Bereich ist die Entwicklung von Micro Air Vehicles (MAVs), winzigen Flugobjekten, die dazu bestimmt sind, Orte zu erreichen, die von Menschen oder anderen Geräten nicht (sicher) erreicht werden können. Eine der wichtigsten militärischen Anwendungen, die für MAVs vorgesehen sind, ist das Sammeln von Informationen (durch den heimlichen Einsatz von Kameras, Mikrofonen oder anderen Arten von Sensoren); unter den extremeren Anwendungen, die für solche Geräte vorgesehen sind, ist, dass sie schließlich als „Schwarmwaffen“ verwendet werden können, die in Massen gegen feindliche Kräfte eingesetzt werden könnten.

Einige Bemühungen in der MAV-Forschung beinhalten den Versuch, Vögel oder fliegende Insekten nachzuahmen, um Flugfähigkeiten zu erreichen, die mit anderen Mitteln des Luftantriebs nicht erreichbar sind. Im Jahr 2007 wurde ein fehlerhaftes MAV-Modell mit einem 3 cm Spannweite wurde auf einer Roboterkonferenz gezeigt, 2008 veröffentlichte die U.S. Air Force ein simuliertes Video mit MAVs über die Größe von Hummeln, und 2012 studierten Ingenieure der Johns Hopkins University den Flug der Schmetterlinge, um „kleinen Flugrobotern zu helfen, diese Manöver nachzuahmen“.

Das oben abgebildete mückenartige Objekt ist jedoch nur ein konzeptionelles Modell eines MAV-Entwurfs, nicht ein Foto eines realen Arbeitsgerätes „bereits in Produktion“. Und obwohl die Entnahme von DNA-Proben oder das Einsetzen von Mikro-RFID-Tracking-Geräten unter die Haut von Menschen MAV-Anwendungen sind, die eines Tages möglich sein könnten, scheinen solche Möglichkeiten derzeit eher spekulative Fiktion als Realität zu sein.

Absatz aus: Snopes.com

Unser Fazit

Mit dem Bild und dem später hinzugefügten und auf deutsch übersetzten Text wird natürlich Angst vor dem Unbekannten geschürt. Die gesamte DNA und RFID Geschichte ist völlig unbewiesen und gehörte auch ursprünglich nicht zu dem Bild dazu, als es 2005 auf dem japanischen Blog auftauchte.

Natürlich gibt es Drohnentechnologie, natürlich gibt es Miniaturisierung und auch Geheimdienste, die bestimmt ein Interesse an beidem haben. Doch dieses mittlerweile bald 14 Jahre alte Bild und sein mindestens 7 Jahre alter Begleittext dürften in dieser Form als urbane Legende gelten.

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