Fast 10.000 Facebook-Nutzer jagen einen mutmaßlichen Vergewaltiger

Autor: Tom Wannenmacher

Eine Anfrage nach der anderen erreicht uns im Moment. Es geht um die Facebook-Seite “Auf der Jagd nach dem Vergewaltiger” die am 2.11.2013 veröffentlicht wurde. Knapp 10.000 Nutzer sind bereits „Fan” dieser Seite und wie Irre werden hier Statusbeiträge und Kommentare veröffentlicht.

Leider ist es nicht nachvollziehbar, wer der Betreiber der genannten Seite ist. Fakt ist, dass diese SEITE kein Fahndungsaufruf der Polizei ist!

So sieht die Seite aus:

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Das Ganze ist ein “PRIVATER FAHNDUNGSAUFRUF” und dieser kann strafbar sein.

Facebook-Nutzer spielen gerne Ermittler. Viele veröffentlichen und teilen eigenständig Fahndungsaufrufe, ohne dass sie sich erkundigen, ob es sich um tatsächlich aktuelle Fälle handelt und ob sie ÜBERHAUPT rechtmäßig handeln! „Juristen warnen davor, denn private Fahndungsaufrufe bei Facebook können schnell Straftatbestände erfüllen oder nach sich ziehen. In diesem Bericht möchten wir einige Punkte herausheben sowie auf diverse Seiten verweisen, die dieses Thema eingehender behandeln. Ebenfalls in diesem Bericht befindet sich ein Link zum Video der Kanzlei WBS / Wilde Beuger Somlecke, das man sich unbedingt ansehen sollte.

Das müsst ihr zu Fahndungsaufrufen bei Facebook wissen:

  • Nur Strafverfolgungsbehörden dürfen nach Personen öffentlich fahnden.

In aller Deutlichkeit:  Private Fahndungsaufrufe können zu einer Strafbarkeit führen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit entstehen zumindest zivilrechtliche Ansprüche.

  • Auch Straftäter, ganz zu schweigen von Tatverdächtigen oder Personen, gegen die nicht einmal ermittelt wird(!), haben Persönlichkeitsrechte. Darüber kann sich niemand per eigener Meinung hinwegsetzen.
  • Diese Persönlichkeitsrechte dürfen nur unter ganz bestimmten Umständen aufgeweicht werden. Voraussetzungen, die in den deutlich seltensten Fällen greifen.
  • Auch Kinder und Jugendliche haben Persönlichkeitsrechte, die nicht durch private Fahndungen verletzt werden dürfen (Bilder angeblich gesuchter Kinder, kranke Kinder, etc.).
  • Wer Persönlichkeitsrechte Dritter verletzt, muss mit teuren Abmahnungen, Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen rechnen und erfüllt u.U. Straftatbestände.

Näheres zu diesen Hinweisen findet ihr unter den folgenden Links zum Thema

„Zulässigkeit von privater Fahndung über Facebook bei schweren Straftaten”
Link zum Artikel von: COMPUTERBETRUG.DE
>> http://www.computerbetrug.de/2012/04/jurist-warnt-private-fahndungsaufrufe-bei-facebook-sind-verboten-6096/

Link zum Artikel von: WILDE BEUGER SOLMECKE RECHTSANWÄLTE
>> http://www.wbs-law.de/internetrecht/aufruf-zur-lynchjustiz-uber-facebook-25137/ >> http://www.wbs-law.de/internetrecht/zulassigkeit-von-privater-fahndung-uber-facebook-bei-schweren-straftaten-21136/

Video zu: “Private Fahndung auf Facebook – ist das erlaubt? | WILDE BEUGER SOLMECKE”

Das Beispiel:

Es hat mit Facebook nichts zu tun. Es ist allgemeine Rechtslage. Und es geht nur um PRIVATE Aufrufe.

Wenn es eine Straftat gegeben hat, und eine Person deswegen gesucht wird, gibt es auch eine offizielle Fahndungsmeldung der Polizei. Diese kann und soll geteilt werden. Anders bei privaten Meldungen: Ich könnte z.B. einen Aufruf starten:

“Tom hat mein Auto zerkratzt/Meinen Garten verwüstet/Meine Suppe gegessen, etc. und ist seitdem nicht mehr auffindbar. Bitte suchen und teilen. Hinweise bitte an mich.“

Das ist für niemanden nachprüfbar, würde aber mit Sicherheit ausgiebig geteilt werden. Damit würde er sich strafbar machen, wenn Tom dann zur Polizei geht, und sagst, dass Rüdiger von ZDDK behauptet hat, dass er diese Straftaten begangen hätt. Das wäre in Deutschland Verleumdung nach § 187 StGB, weil ich es wissentlich getan habe, und ich würde dafür im schlimmsten Fall zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt werden können.  Alle Teiler der Meldung haben es unwissentlich getan, daher ist es da wahrscheinlich „nur“ noch üble Nachrede nach § 186 StGB, was aber im Extremfall auch noch eine Freiheitsstrafe nach sich ziehen kann.

Verweis: Infoartikel: Moderne Hexenjad auf Facebook

https://www.mimikama.org/allgemein/moderne-hexenjagd-auf-facebook/

Facebook-Jagd auf Sex-Täter

http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/indexhessen34938.jsp?rubrik=36082&key=standard_document_50022359

Hier geht es zur OFFIZIELLEN POLIZEISEITE (DIE FAHNDUNG) –>
http://www.polizei.hessen.de/icc/internetzentral/nav/5dc/5dc70ee1-825a-f6f8-6373-a91bbcb63046&uCon=19b703d8-2ab1-0241-627c-edfef798e7b5&uTem=bff71055-bb1d-50f1-2860-72700266cb59.htm

UPDATE 5.11.2013 / 20:32 Uhr

Mittlerweile gibt es bereits ein 2. Seite die ebenfalls nach diesem Mann fahndet!

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Info an ZDDK direkt von der Pressestelle des LKA-Niedersachsen!

„Wir vom Landeskriminalamt Niedersachsen raten dringend von solchen privaten „Fahndungsaufrufen“ in sozialen Netzwerken ab!

Die Polizei ist an Recht und Gesetz gebunden, d. h. für eine Öffentlichkeitsfahndung (z. B. auf Facebook) MUSS ein Beschluss des zuständigen Gerichtes vorliegen. Die Auswirkung eines privaten Fahndungsaufrufs ist vielen nicht klar.

In einem uns bekannten Fall wurde eine Person öffentlich als Straftäter deklariert. Daraufhin versammelten sich hunderte Personen an der Wohnanschrift, um gewalttätig gegen diese Person vorzugehen. Nur durch das Eingreifen der örtlichen Polizei konnte die Situation deeskaliert werden.“

Pressestelle LKA Niedersachsen“

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