Faktencheck: Was bedeutet Transidentität?

Transidentität: Was bedeutet Transidentität? Was ist die Transition? Was hat es mit unterschiedlichen Labels auf sich und was bedeutet Inter*? Ein Gastbeitrag von „Rat auf Draht“

Autor: Tom Wannenmacher

Das Auseinandersetzen mit der eigenen Geschlechtsidentität und sexuellen Orientierung ist Thema innerhalb der Entwicklung jedes Menschen. Das sind große und „sperrige“ Begriffe dafür, wie sich jemand selbst wahrnimmt und welche Menschen jemand anziehend findet. Wie es einem selbst auf dem Weg des Auseinandersetzens geht, ist sehr unterschiedlich. Wichtig zu wissen ist, dass du dich definierst und niemand im Außen. 

Geschlechtsidentität – wie identifiziere ich mich?

Mit Geschlechtsidentität ist gemeint, welchem Geschlecht sich jemand zugehörig fühlt, z. B. ob sich jemand eher als Mann oder eher als Frau fühlt, oder sich irgendwo zwischen der Zweigeschlechtlichkeit „Mann“ und „Frau“ einordnet oder sich vielleicht auch nicht festlegen möchte. Es kann sein, dass das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht mit dem eigenen Gefühl übereinstimmt, das bezeichnet das Wort cis*. Wenn sich jemand nicht mit dem bei der Geburt zugeordneten Geschlecht identifiziert, dann ist das Wording dafür trans*.

Binär bedeutet, dass sich jemand ausschließlich männlich oder weiblich identifiziert. Genauso kann es aber auch sein, dass sich jemand nicht ausschließlich männlich oder weiblich identifiziert. Das bedeutet nicht binär. All diese Begrifflichkeiten zeigen, wie vielfältig der Zugang zur eigenen Geschlechtsidentität ist und sein darf.

Transidentität – was ist das?

Beim Begriff Transidentität handelt es sich um eine Selbstbezeichnung. Transidentität bedeutet, dass ein Mensch sich nicht mit dem Geschlecht identifiziert, das ihm*ihr bei der Geburt aufgrund von körperlichen Merkmalen (den Genitalien) zugeschrieben wurde. Manche beschreiben das Gefühl, dass sie im „falschen“ Körper stecken, dass der Körper nicht zu einem passt. Körperlich entwickelt man sich zum Beispiel zu einer Frau, innerlich fühlt man sich jedoch als ein Mann (oder auch umgekehrt).

Weiß man, dass man z. B. eine Frau ist, erlebt man aber den eigenen Körper als nicht passend und wird von anderen Menschen als Mann wahrgenommen, erzeugt das einen (inneren) Widerspruch, der auch sehr belastend sein kann. Es kann dann echt unterstützend sein, mit den Gefühlen nicht allein zu bleiben, sich an Vertrauenspersonen zu wenden und den Gefühlen Raum zu geben. Manchmal ist es auch mal einfacher, mit Personen zu sprechen, die man nicht kennt und sich z. B. an eine Beratungsstelle zu wenden. 

Wie weiß man, ob man transident ist?

Der Zeitpunkt, wann man für sich erkennt, dass man transident ist, ist sehr individuell. Manche fühlen schon ab der Kindheit, dass ihr Körper und das zugewiesene Geschlecht nicht ihr empfundenes Geschlecht widerspiegeln, bei anderen wird das erst viel später deutlich.

Vielleicht kann man es auch nicht so klar benennen, sondern fühlt nur, dass man sich im eigenen Körper oder mit der Anrede (dem Pronomen), mit der man angesprochen wird, nicht wohlfühlt. Möglicherweise fällt es auch schwer, diese Gefühle einzuordnen. Es kann verwirrend sein und belasten, wenn man erstmal nicht genau weiß, was die Gefühle bedeuten.

In jedem Fall braucht es Zeit, sich darüber klar zu werden. Dabei kann es helfen, darüber zu reden, mit den eigenen Gedanken und Gefühlen nicht allein zu bleiben und sich Unterstützung zu holen. Auch wir sind jederzeit in unseren Beratungsangeboten da für dich, wenn du dich melden möchtest. 

Austausch mit Menschen in einer ähnlichen Lebenslage

Sich mit jemandem zu unterhalten, der*die ähnlich fühlt, kann sehr hilfreich sein. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, sich in einem geschützten Rahmen auszutauschen, beispielsweise in Gruppen oder Camps. Du kannst dir z. B. bei der Beratungsstelle Courage Infos dazu holen.  

Transition

Im Laufe der Zeit entsteht bei vielen transidenten Menschen das Bedürfnis, sich in der eigenen Geschlechtsidentität auch nach Außen zu zeigen, sie zu leben und auch so „gelesen“ zu werden, wie man sich selbst sieht. Dieser Prozess nennt sich Transition. Er kann sehr vielfältig und auf unterschiedlichen Ebenen ablaufen. Jeder Mensch hat hierfür das eigene Tempo und bestimmt, wie und wann er*sie die Geschlechtsidentität ausdrücken möchte. Beispielsweise über eine Kleidungsänderung, Namensänderung oder über Hormontherapien bzw. über Operationen.  

Pronomen, oder wie möchte ich angesprochen werden? 

Du bestimmst, mit welchem Pronomen du angesprochen werden möchtest. Zusätzlich zu einer Formulierung über binäre Pronomen (etwa sie, she/her oder er, he/him), kannst du mit dem Pronomen auch ausdrücken, dass du nicht-binär angesprochen werden möchtest (etwa hen, they/them). Es ist genauso ok, wenn du gar nicht mit einem Pronomen angesprochen werden möchtest, sondern nur mit deinem (Wunsch-)Namen.

Vielleicht hast auch du schon gesehen, dass z. B. auf Social Media bei Profilen auch ersichtlich ist, mit welchem Pronomen die jeweilige Person angesprochen werden möchte. Dies schafft Achtsamkeit und Sichtbarkeit in der Formulierung. 

Screenshot: Instagram-Konto mit Pronomen
Screenshot: Instagram-Konto mit Pronomen

Sexuelle Orientierung

Die Geschlechtsidentität sagt nichts über die sexuelle Orientierung aus, also darüber, zu welchem Geschlecht oder welchen Geschlechtern sich jemand emotional und sexuell hingezogen fühlt. In unseren Artikeln dazu findest du mehr Infos: 

Labels – muss ich mich denn einordnen??!

Für manche Menschen kann es erleichternd und stimmig sein, sich einer Bezeichnung bzw. Kategorie zugehörig zu fühlen. Für andere ist es vielleicht einengend und gar nicht passend eine Kategorie zu finden. Manche Menschen verwenden das Wording queer. Beispielsweise um damit auszudrücken, dass sie nicht heterosexuell sind, aber kein klar abgegrenztes Label passend erleben oder dieses nicht nach Außen teilen wollen. Queer kann sich auch auf die Geschlechtsidentität beziehen und bedeutet in diesem Zusammenhang z. B., dass sich jemand in einem binären Wording nicht wiederfindet. 

Generell gibt es hier kein Richtig und kein Falsch. Es kommt ganz allein auf dich und dein Gefühl an, wie du es handhaben möchtest. Genauso kann es sein, dass es sich verändert, innerhalb welcher Labels sich jemand zugehörig fühlt. Dadurch, dass du für dich definierst, was sich stimmig anspürt, ist es nichts Starres, sondern flexibel und fließend. 

Wir Menschen sind alle unterschiedlich, genauso gibt es auch unterschiedliche sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten. Die Abkürzung LGBTQIA+ macht über die Anfangsbuchstaben (Lesbian, Gay, Bisexual, Trans, Queer, Inter, Asexual und das Plus für eine einschließende Formulierung weiterer Labels) die Vielfalt an sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten sichtbar, zusätzlich zur Heterosexualität und dazu, wenn sich jemand mit dem zugewiesenen Geschlecht identifiziert (= Cis-Geschlechtlichkeit). 

Intersexualität, Inter* 

Die Geschlechtszuweisung bei der Geburt orientiert sich an körperlichen Merkmalen. Bei intersexuellen Menschen sind die Geschlechtsmerkmale nicht eindeutig dem gängigen „medizinisch genormten“ weiblichen oder männlichen Bild zuzuordnen. Seit einigen Jahren gibt es dann die Möglichkeit, einen offenen Eintrag auszuwählen und nicht bloß innerhalb einer zweigeschlechtlichen Option zu entscheiden. 

Merkmale können die Genitalien, inneren Geschlechtsorgane, Keimdrüsen, Hormone oder Chromosomen sein. Bei manchen Menschen ist es gleich nach der Geburt deutlich, bei den meisten wird dies aber erst im Laufe ihres Lebens festgestellt, z. B. in der Pubertät. Dann kann es sein, dass durch scheinbar körperfremde Hormone bei Menschen, denen das weibliche Geschlecht zugeordnet wurde die Periode ausbleibt und Stimmbruch bzw. Bartwuchs auftritt oder bei Menschen, denen das männliche Geschlecht zugeordnet wurde, Bartwuchs und Stimmbruch ausbleiben oder Brustwachstum einsetzt.

Vielleicht hast du Fragen dazu oder du erkennst dich wieder und möchtest darüber sprechen? Dann ist z. B. der Verein VIMÖ eine Anlaufstelle (HIER)

Weitere hilfreiche Seiten

Wenn man sich mit Themen auseinandersetzt, kann es hilfreich sein, sich dazu Infos und Beratung zu holen. Wir haben noch ein paar Links zusammengesammelt, die unterstützend für dich sein können. 

  • Beratungsstelle Courage
    Die Courage ist an mehreren Standorten für Beratung vor Ort vertreten, Online-Beratung ist aus ganz Österreich möglich.
  • TransX – Verein für Transgender Personen
    Hier findest du viele weitere Informationen.
  • Trans Austria
    Hier geht’s zur Seite der Österreichisch-Bayrischen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität.
  • RosaLila PantherInnen 
    Beratung ist vor Ort in Graz möglich, weitere Beratungsmöglichkeiten sind telefonisch oder per Mail. 
  • Queer-Lexikon
  • Bist du auf der Suche nach Ärzt*innen, Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen, die sensibel mit LGBTQIA* Themen umgehen? Auf Queermed findest du eine Auswahl einiger Fachpersonen, die nach guten Erfahrungen anhand von persönlichen Empfehlungen von User*innen gelistet wurden und auch noch weitere Beratungsstellen.

Über Rat auf Draht

147 Rat auf Draht ist eine österreichische Notrufnummer für Kinder und Jugendliche. Diese können sich rund um die Uhr anonym und kostenlos mit jedem Anliegen an die Notrufnummer 147 wenden. Darüber hinaus betreibt die Organisation eine Webseite mit einer Online-Applikation für die anonyme Beratung, einen anonymen Chat, eine Datenbank mit häufigen Fragen und Antworten sowie einen News-Bereich mit aktuellen Fragestellungen. Der Dienst bietet auch Informationen und Akut-Hilfe für Eltern sowie Bezugspersonen von Minderjährigen. Täglich wenden sich rund 250 Kinder und Jugendliche an den Beratungsdienst.147 Rat auf Draht gehört zu einer europäischen Dachorganisation, namens Missing Children Europe.

Rat auf Draht

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