Extremismus und Digitale Medien

Digitale Medien sind ideale Propagandainstrumente für extremistische Gruppen. Im Alltagskontext können sie hierüber ihre Botschaften in hoher Reichweite an Jugendliche und junge Erwachsene vermitteln.

Autor: Tom Wannenmacher

Artikelbild: Pexels / Pixabay / Extremismus und Digitale Medien
Artikelbild: Pexels / Pixabay / Extremismus und Digitale Medien

Digitale Medien als potenzielles Einfallstor für Extremismus

Als Kommunikations-, Informations- und Unterhaltungsinstrument durchdringen digitale Medien sämtliche Bereiche des Alltags – inzwischen fast aller Altersgruppen. Dabei sind sie Fluch und Segen zugleich. Einerseits stellen sie zeit- und ortsunabhängig jede nur erdenkliche Information zur Verfügung. Sie bieten Unterhaltungsangebote in Hülle und Fülle und stellen eine Verbindung zu nahezu jedem Menschen auf der Welt innerhalb von Sekunden her. Andererseits dient das Internet aber auch verfassungs- und menschenfeindlichen Gruppierungen. Im Netz können sie ihre Botschaften innerhalb kürzester Zeit an eine Vielzahl von Menschen verbreiten, ihre extremistischen Ideologien bewerben und zu Straftaten aufrufen.

Im deutschsprachigen Internet kommen rechtsextreme und islamistische Angebote besonders häufig vor. Doch auch Personen des linksextremen Spektrums nutzen digitale Medien für die Verbreitung ihrer Inhalte. Neben den Kontaktmöglichkeiten in der „Offline-Welt“, etwa in Gefängnissen, Sportvereinen, Freizeiteinrichtungen oder im engeren sozialen Umfeld, stellen Online-Angebote ein potenzielles Einfallstor für Extremismus dar.

Algorithmen und subtile Propaganda

Online vermittelte extremistische Annäherungsversuche zielen darauf ab, Anhänger/-innen zu rekrutieren, zu mobilisieren und zu binden. Da nicht alle Inhalte ohne Weiteres als extremistisch erkennbar sind, ist dies insbesondere für die politische Bildungsarbeit und Medienpädagogik herausfordernd. Zudem tragen die Funktionalitäten vieler Online-Angebote, wie z.B. automatisierte Algorithmen, zur Verbreitung radikaler Inhalte bei oder vermitteln durch eine priorisierte Darstellung ihre Relevanz. Subtile Propagandaformen wie sogenannte Fake NewsVerschwörungserzählungen oder die humoristische und satirische Aufbereitung extremistischer Inhalte in Form von Videos oder Memes erschweren es enorm, solche Inhalte automatisiert zu erkennen und zu löschen.

Vor diesem Hintergrund stellen sich für die pädagogische Präventionsarbeit folgende Fragen: Wo und wie werden extremistische Inhalte verbreitet? Inwiefern unterscheiden sich extremistische Gruppierungen in der Wahl konkreter Kommunikationsmethoden im Internet? Welche Auswirkungen haben die gewählten Kommunikationsmethoden auf die Angesprochenen? Und wie kann man diesen Manipulationsversuchen begegnen?

Unterschiedliche Ideologien in gleichen Kanäle

Die Kanäle und Kommunikationsformen, die Extremisten für die Verbreitung ihrer unterschiedlichen Überzeugungen im Internet verwenden, sind vielfältig. Da soziale Netzwerke (z.B. YouTube, Instagram) einen großen Anteil der täglichen Mediennutzung Jugendlicher und junger Erwachsener ausmachen, eignen sie sich in besonderem Maße als Propagandakanäle. Materialien, die über „klassische“ Social-Media-Plattformen verbreitet werden, genießen den Vorteil, dass die Nutzer/-innen sie ohne klaren extremistischen Rahmen in alltäglichen Kontexten wahrnehmen. Dadurch platzieren extremistische Akteurinnen und Akteure ideologisches Gedankengut effektiv im öffentlichen, virtuellen Raum und im medialen Mainstream.

Aufgrund der zunehmenden Regulation sozialer Medien etwa durch das Netzwerkdurchsuchungsgesetz (NetzDG) gewinnen Messenger-Dienste wie Telegram an Bedeutung. Solche privaten oder teilprivaten Kommunikationskanäle ermöglichen einen Austausch abseits der Öffentlichkeit, der über geschlossene Server stattfindet. Auf diese Weise entzieht sich die dort stattfindende Kommunikation der Kontrolle und Sanktionierung von außen – etwa durch Sicherheitsbehörden oder Aktivistinnen und Aktivisten mit gegenläufigen Positionen. Aufgrund der Verborgenheit der Kommunikation wird dafür auch der Begriff „Dark Social“ verwendet. [1]

Vorteile sozialer Medien als Propagandainstrument

Die Nutzung sozialer Medien hat für die Sender/-innen erhebliche Vorteile: Nutzer/-innen konsumieren mit jedem Klick nicht nur extremistische Inhalte, sondern verbreiten diese auch – wenngleich teilweise unwillentlich. Die hohen Reichweiten von Stars, Influencern, Musikerinnen und Musikern der jeweiligen Szene können zudem für die massenhafte Verbreitung radikalen Contents gezielt ausgenutzt werden. Für die Nähe zur Community und den Aufbau parasozialer Beziehungen sorgen wie bei „klassischen“ Influencern vermeintliche Einblicke in das Privatleben, die Gefühls- und Gedankenwelt der jeweiligen Protagonistinnen und Protagonisten. [2] Szenetypische Marken und Symbole bieten auch im Offline-Kontext Identifikations- und Wiedererkennungsmöglichkeiten für Angehörige der jeweiligen Gruppe, z.B., wenn diese auf Kleidungsstücken getragen werden.

Blogs, Foren und Videosiele als weitere wichtige Kanäle

Weitere wichtige Verbreitungskanäle extremistischer Inhalte sind Blogs und Foren. Diese werden in der Regel dafür verwendet, extremistische Ansichten zu bewerben, Anhänger/-innen zu mobilisieren oder Instruktionen für extremistische Gruppen vor Ort zu geben. Darunter fallen beispielsweise Hinweise zum Umgang mit Minderheiten, Informationen zur Glaubwürdigkeit von Medien oder Anleitungen für den Erwerb und Bau von Waffen.

Um anschlussfähig an die Jugendkultur zu sein und einen sanften Einstieg in die jeweilige extremistische Szene zu ermöglichen, sind darüber hinaus Online- und Video-Spiele wichtige Mittel extremistischer Propaganda. [3] Weiterhin werden Spielelemente in Kontexten eingesetzt, die auf den ersten Blick nichts mit Gaming zu tun haben (Gamification).

Quellen

[1] Madrigal, A. C. (2012): Dark Social: We Have the Whole History of the Web Wrong. Abgerufen am 27. April 2021.zurück nach oben
[2] Dittrich, M. et al. (2020): Alternative Wirklichkeiten – Monitoring rechts-alternativer Medienstrategien. Abgerufen am 03. November 2020.
[3] Schlegel, L. (2020): Jumanji Extremism? How games and gamification could facilitate radicalization processes. Journal for Deradicalization, 23. Abgerufen am 25. Mai 2021

Quelle und Dank an Dr. Josephine B. Schmitt, Wissenschaftliche Koordinatorin, CAIS vom Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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