Zeitumstellung – wer hat eigentlich an der Sonnenuhr gedreht?

Letzten Freitag, bevor der Autor dieses Artikels sein hochverdientes Wochenende antreten durfte, erreichte ihn der Anruf des Chefredakteurs von Mimikama, doch bitte über das Thema Zeitumstellung zu schreiben.

Autor: Andre Wolf

Artikelbild von New Africa / Shutterstock.com
Artikelbild von New Africa / Shutterstock.com

Es war diese ausdrückliche Bitte, in der folgenden Woche einen Artikel über das wichtigste Thema der Welt zu schreiben. Manche würden an dieser Stelle an den Klimawandel oder die Weltwirtschaft denken, aber nein! Zweimal im Jahr wird das Artensterben und Kinderarmut durch das Brennpunktthema in Deutschland und Österreich ersetzt: Die Zeitumstellung.

Aus publizistischer Sicht ist die Zeitumstellung phänomenal, um sich die diversen kreativen Ergüsse der Kollegen aus nächster Nähe zu geben. Schlagzeilen wie: „Zeitumstellung tötet unseren Bioorganismus!“ oder „Zeitumstellung führt zu mehr Verkehrstoten!“ lässt die Apokalypse direkt im Kleingarten vor unserer Haustüre auferstehen.

Die Zeitumstellung wurde erstmals 1916 während des ersten Weltkrieges eingeführt, um die energieintensiven Zeitschlachten zu unterstützen und Energie an den dunklen Abendstunden zu sparen. Das deutsche Reich und Österreich-Ungarn gingen mit unrühmlichen Beispiel voran, die europäischen Kriegsgegner folgten kurz danach.

Was also bedeutet diese Umstellung?

Der Unterschied Sommer- und Winterzeit ist auf die Grundlage zurückzuführen, dass unser Zeitsystem vorsieht, dass 12 Uhr Mittag der Zeitpunkt des höchsten Sonnenstandes ist. Unser Planet ist in verschiedene Meridiane und Grade eingeteilt. Der geographische Längenunterschied von einem Grad entspricht einem Zeitunterschied von vier Minuten. Um zu viele parallele Zeitsystem zu verhindern, wurde auf der internationalen Meridiankonferenz 1884 beschlossen das globale System von 24 Zeitzonen einzuführen, mit einer Ost-Westausdehnung von 15 Grad Längendifferenz.

Die Zeitumstellung treibt auf der ganzen Welt skurille Blüten, ob nun der Ex-Präsident von Venezuela die besonders kreative Idee hatte die Umstellung auf 30 Minuten zu begrenzen, frei nach dem Motto „Death to America“ oder Ägypten die Zeitumstellung auf den Hochsommer legte, um das Fastenbrechen im Ramadan zu früherer Stunde herbeizuführen, das Thema sorgt auf dem ganzen Globus für Schlagzeilen (hier).

Was steckt hinter der Zeithysterie?

Folgt man den Artikeln einiger prominenter Zeitungen ist die Zeitumstellung vor allem eins: Das sofortige Todesurteil! Die Rate an Schlaganfällen ist erhöht, Depressionen können die Folge sein, Verkehrsunfälle häufen sich, immer mehr Nachkommen von August Wöginger wählen aus Verzweiflung die Grünen, es überkommt uns bürgerliches Chaos!

Die EU als Retter der Armen und Schwachen hat das Problem jedoch bereits zielsicher erkannt und sich darauf verständigt die Zeitumstellung abzuschaffen. Um allen Zeitumstellungsnostalgikern die Sache zu vereinfachen, wurde die Maßnahme unverständlicherweise auf Ende 2021 gelegt, Effizienz nach europäischem Hausrezept.

Was also bleibt für eine Erkenntnis, nachdem die Zeitumstellung abgeschafft wird?

Aus sicherer Quelle haben wir erfahren, dass vor allem Journalisten unter dem Wegfall der Zeitumstellung leiden werden, da sich zwei jährliche Fixpunkte, die ganze Titelblätter füllen einfach ersatzlos wegfallen und sich durch die Bank Panik breitmacht, sich stattdessen mich echten Inhalten auseinandersetzen zu müssen.

Außerdem freuen sich Gemeinden und Städte über den unverhofften Geldsegen, den der Wegfall ihnen bescheren wird.
Das Boulevardblatt oe24 etwa, ließ den Wert der Zeitumstellung für Österreich auf 700 Millionen Euro beziffern. Wie dieser Wert exakt zustande kommt ist Gegenstand reiner Spekulation aber mit 700 Millionen Euro ließe sich jedenfalls eine ganze Menge umsetzen.

Nicht miteinberechnet sind außerdem die Einsparungen des psychologischen Krisendienstes für Burn-Out bedrohte Uhrenmacher, die sich unseriöserweise auf 1000 Euro schätzen lassen können.

Lasst uns aber nun gemeinsam die letzten Jahre der berechtigten Volkshysterie genießen, spazieren wir ein letztes Mal durch den Stadtpark und lauschen dem anmutigen Granteln von Pensionisten über die Zeitumstellung und liegen wir noch die letzten Mal am Sonntagmorgen im Bett und drehen uns genüßlich auf die Seite wohlwissend, dass wir eine Stunde mehr schlafen dürfen und freuen uns über die Existenz des größten First-World-Problems seit der Erkenntnis, dass die Reichweite des durchschnittlichen WLAN Routers nicht bis ins Schlafzimmer reicht.

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Autor: Alexander Herberstein, Artikelbild von New Africa / Shutterstock.com
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