Die Ansichten des Dr. Wolfgang Wodarg – Coronavirus-Maßnahmen übertrieben?

Autor: Ralf Nowotny

Die Ansichten des Dr. Wolfang Wodarg - Coronavirus-Maßnahmen übertrieben?
Die Ansichten des Dr. Wolfang Wodarg - Coronavirus-Maßnahmen übertrieben?

Dr. Wolfgang Wodarg ist Internist und Lungenarzt, also jemand vom Fach. Seine Aussagen sorgen jedoch für Diskussionen.

So vertritt Dr. Wodarg, der auch von 1994 – 2009 für die SPD im Bundestag saß, die Ansicht, dass die „Panik-Meldungen“ vollkommen übertrieben seien und wegen eines positiven Coronavirus-Tests nicht gleich Quarantäne Maßnahmen eingeleitet werden müssten.

Vorab: Die Behauptung, dass die jetzigen Quarantäne Maßnahmen unsinnig und übertrieben sind, lassen sich nicht bestätigen. Sämtliche bisherigen Statistiken, Auswertungen und Aussagen von anderen Fachleuten zeigen recht deutlich, dass es im Gegenteil gefährlich ist, SARS-CoV-2 zu unterschätzen.  Davon abgesehen lauert noch eine andere Gefahr bei einer stärkeren Verbreitung: Die der Mutation! Je stärker ein Virus sich verbreitet, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer aggressiveren Form mutiert, die sich beispielsweise länger in der Luft hält, wodurch man sich alleine durch das Einatmen bereits infiziert, obwohl kein Infizierter in der Nähe ist. Und dann hätten wir erst recht Probleme mit der Bekämpfung.


Update 20. März 2020

Die Sendung „Frontal21“, bei der Dr. Wodarg ebenfalls zu Wort kam, hat das Interview mit ihm mittlerweile wieder offline genommen.


Expertenstimmen

Der Facharzt für Virologie und Infektionsepidemiologie Professor Hendrick Streek gab der „Frankfurter Allgemeine“ ein Interview, in dem er über seine Erfahrungen mit dem neuen Coronavirus redet. Dabei betont er, dass SARS-CoV-2 weniger gefährlich als das ursprüngliche SARS ist (auch wenn die Namensgleichheit anderes vermuten lässt).

Deswegen sollte er aber nicht unterschätzt werden:

„Das Besondere ist, dass Sars-CoV-2 im oberen Rachenbereich repliziert und damit sehr viel infektiöser ist, weil das Virus sozusagen von Rachen zu Rachen springt. Genau das hat aber auch einen Vorteil: Denn Sars-1 repliziert zwar in der tiefen Lunge, ist damit nicht so infektiös, geht aber in jedem Fall auf die Lunge, was es gefährlicher macht. Sars-2 geht seltener auf die Lunge, was allerdings dann zu den schweren Verläufen führt.“

Der ehemalige Chemiker und Autor bei Spektrum.de, Lars Fischer, schreibt im SciLogs-Blog, dass SARS-CoV-2 zwar im Prinzip ähnlich einer gewöhnlichen Grippe ist (die an sich schon nicht harmlos ist), die wirkliche Gefahr allerdings nun in der Pandemie liegt:

Die wirkliche Gefahr allerdings ist eine pandemische Grippe. Das ist einfach ein eigentlich ganz gewöhnliches Grippevirus, das aber neu auftaucht und neue, bis dahin unbekannte Oberflächenmerkmale trägt. Der Unterschied: Im Gegensatz zu den saisonalen Grippeviren gibt es gegen so ein Virus keine Grundimmunität in der Bevölkerung.

[…]

Das eigentliche Problem bei uns allerdings ist, dass sich durch die fehlende Immunität mehr Leute schnell anstecken können. Und die husten nicht nur rum, etwa 20 Prozent der Leute werden richtig krank. Das heißt, sie müssen ins Krankenhaus.“

Wenn man also das Virus nicht jetzt konsequent daran hindert, sich weiter auszubreiten – also den Ratschlägen von Dr. Wodarg folgt, der eine Quarantäne für unnötig hält, sähe es ziemlich düster in Deutschland aus:

„Dann haben wir Ende März 11000 Kranke, Ende April dann 350 000. Das wären dann 70 000 Schwerkranke zusätzlich in den Kliniken, binnen weniger Wochen. Tatsächlich kommt so ein Gesundheitssystem sogar schneller an seine Grenzen, in Wuhan und in der Lombardei derzeit reichten auch deutlich weniger.

Dadurch besteht bei Covid-19 die Gefahr, dass sehr viele andere Kranke nicht mehr angemessen versorgt werden können. Ein überfordertes Gesundheitssystem betrifft dann keineswegs nur die Coronavirus-Infizierten, sondern Herzkranke, Diabetiker und Kinder, die vom Fahrrad fallen. Diese Gefahr ist real.“

Alexander Schroers, Leiter einer Praxis für integrative Medizin, äußerte sich uns gegenüber per Sprachnachricht darüber:

„Corona ist kein individuelles Problem des Einzelnen, die Sterblichkeit ist ein bisschen höher als bei Influenza, aber das würden wir hinkriegen. Letztenendes wird es spannend bei den Infizierten, die intensivmedizinische Behandlung benötigen.

Ich selber komme aus Essen. Essen hat 600.000 Einwohner. Wenn 60 Prozent Corona kriegen würden und von denen 5 Prozent ins Krankenhaus müssten, dann müssten in einer Stadt wie Essen 15.000 Leute ins Krankenhaus. Das ist zumindest auf einen kurzen Zeitraum nicht machbar.

Es geht bei Corona darum, es so in die Länge zu ziehen, dass man die Leute letzten Endes versorgen kann, das ist das wesentliche Problem.“

Diese Aussagen unterstreichen auch eine Animation: Je stärker man die Erkrankungen in die Länge zieht, umso weniger Leute erkranken, umso mehr Gesunde gibt es dann, die mit einem künftigen Impfstoff versorgt werden können.

https://www.facebook.com/1LIVE/videos/235415897593460/

Anke Meeuw, Tierärztin mit Faible für Viren, hat schon seit Jahrzehnten mit felinen und caninen Coronaviren zu tun:

Coronaviren sind keine Killerviren, eher im Gegenteil, sie machen eher milde Erkrankungen, mit denen man ganz gut leben kann und so haben das Virus und wir etwas davon.

SARS-CoV-2 ist aber noch ein kleines Babyvirus, gerade frisch in China mutiert und kennt uns nicht, und wir kennen es auch nicht.
Deswegen haben wir keinerlei Abwehrkräfte gegen den Virus. Außer den ganz unspezifischen und die führen quasi zu diesen schweren Erkrankungen.

Deswegen scheinen ja auch Kinder nicht zu erkranken, deren Immunsystem lernt und Kinder verstehen sich ja untereinander eh besser (egal ob Virus oder Mensch)

Kein Virus hat die „Intention“ seinen Wirt zu töten, das macht evolutionär keinen Sinn. Aber es tötet uns, weil wir nicht auf eine solche Situation vorbereitet sind.“

Coronavirus – neu und doch nicht neu?

Sowohl wir als auch andere Medien schreiben immer vom neuen Coronavirus, und das ist es ja auch: SARS-CoV-2 ist tatsächlich ein neues Mitglied in der Familie der Coronaviren. Es hat jedoch auch tückische Eigenschaften, die es von einer Vielzahl der anderen Coronaviren unterscheidet.

Dr. Wodarg hat im Grundsatz recht: SARS-CoV-2 ist „nur“ ein Coronavirus, und mit Coronaviren kennen sich die Mediziner aus, man kennt sie seit den 1960er Jahren. Insofern sei SARS-CoV-2 nichts Besonderes, es werde nur gehypet, sei aber nicht außergewöhnlicher als die üblichen akuten Atemwegserkrankungen, an denen jedes Jahr 20 bis 40 Prozent leiden.

So hält Dr. Wodarg im Endeffekt die Quarantäne Maßnahmen für einen unsinnigen Freiheitsentzug aufgrund eines Virus, der statistisch nicht so außergewöhnlich sei, wie er dargestellt wird: Ohne Tests würde wahrscheinlich niemand mitbekommen, dass es SARS-CoV-2 überhaupt gibt.

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Was würde ohne Quarantäne Maßnahmen geschehen?

Gehen wir also mal davon aus, dass wir SARS-CoV-2 gar nicht kennen, nie untersucht hätten, es nie Maßnahmen gegeben hätte. Dr. Wodarg nimmt als Beweis seiner Aussagen auf seiner Seite eine Grafik, welche in Kurven eine Sterblichkeitsrate der vergangenen Monate bis zum 8. März (10. Kalenderwoche) zeigt:

Bildquelle: wodarg.com/Euro Momo
Bildquelle: wodarg.com/Euro Momo

Tatsächlich sehen wir da zum jetzigen Zeitpunkt keine erhöhte Sterblichkeitsrate, jedoch nur bis zur 10 Woche 2020.

EDIT:

Mittlerweile hat auch das Correctiv einen Faktencheck zu dem Video veröffentlicht. Das Correctiv hat direekt mit ihm gesprochen, man liest darin:

Im Gespräch mit CORRECTIV.Faktencheck sagt Wodarg, es gehe ihm primär darum, zu zeigen, dass es immer schon Coronaviren gegeben habe. „Wie sähe die Welt aus, wenn wir diesen Test nicht hätten? Dann wäre der Kaiser nackt“, sagt er in Anspielung auf das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Und Wodarg glaubt, dass dann eben politische und finanzielle Interessen auf diesen Zug aufgesprungen seien.

Abschließend wir er mit den Worten zitiert:

„Im Moment pickt sich jeder raus, was er will“

Grundsätzlich: Die Aussagen von Dr. Wodrang muss man sicher mit Vorsicht genießen, ob er recht hat oder nicht wird aber erst die Zeit zeigen. Hierzu gilt es natürlich die Entwicklungen und Zahlen zu beobachten. Die endgültige Sterblichkeitsrate ist derzeit daher noch unklar.

Ebenso beschreibt die Zeitung WZ die Reaktionen der SPD auf Wodarg (siehe hier), da der Arzt lange Bundestagsabgeordneter der Partei war. Hier lautet es abschliessend:

Lauterbach erinnerte daran, dass Wodarg schon einmal ähnlich vorgegangen war: 2009 als er gegen die WHO-Empfehlung zur Impfung gegen die Schweinegrippe Front machte. Diese war ähnlich gefährlich wie Corona, allerdings verbreitete sich das Virus längst nicht so leicht, so dass die Einstufung als Pandemie bald zurückgenommen wurde. Lauterbach: „Damals hatte Wodarg Glück“.

Die Gleichsetzung mit üblichen Viren ist gefährlich!

Dr. Wodarg betont, dass „dem Corona-Hype keine außergewöhnliche medizinische Gefahr zugrunde liegt“. Dem gegenüber stehen allerdings ziemlich eindeutige Zahlen!

In den Wintermonaten sind wir zumeist Influenza-Viren ausgesetzt. Jene setzen sich, genau wie SARS-CoV-2 im Nasen/Rachenraum fest und verbreiten sich von dort aus. Das bedeutet: Wenn wir husten und niesen, verbreiten wir es weiter.

SARS-CoV-2 geht aber noch ein Stückchen weiter, denn es kann sich zu einer Lungenerkrankung entwickeln, die COVID-19 heißt. Und jene Erkrankung ist nun das Tückische, denn es gibt noch keine Impfung, kein Medikament, man kann nur die Symptome bekämpfen.

Während die Sterblichkeitsrate bei einer Grippe, gegen die man sich impfen lassen kann, bei 0.1 – 0.2 Prozent liegt, was auch an einer verbreiteten Grundimmunität liegt, haben wir gegen SARS-CoV-2 noch gar keine Immunität entwickelt, die Sterblichkeitsrate liegt je nach Land bei 0.5 bis 0.9 Prozent (Länder mit drastischen Maßnahmen) und 3 – 5 Prozent („überforderte“ Länder).

Die endgültige Sterblichkeitsrate ist jedoch noch sehr unklar, da die Dunkelziffer der Erkrankten unbekannt ist, aber auch die Sterblichkeitsrate falsch sein kann. Beispielsweise sterben viele infizierte Menschen über 80 Jahre, aber oftmals lässt sich nicht eindeutig identifizieren, ob sie wirklich an COVID-19 oder an einer bereits bestehenden Lungenerkrankung starben.

Von den bereits bekannten Zahlen ausgehend, kann man aber mit Sicherheit sagen, dass COVID-19 mehr Menschen infiziert und tödlicher ist als eine Grippe. Dies bedeutet, dass auch die medizinische Gefahr höher ist!

In kurzen Zahlen:
Von 100 Infizierten verläuft bei 80 die Krankheit milde, 14 erkranken schwer, 6 benötigen eine Intensivbehandlung. Das ist außergewöhnlich.

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Fazit

Die Behauptung, dass die jetzigen Quarantäne Maßnahmen unsinnig und übertrieben sind, lässt sich nicht bestätigen. Sämtliche bisherigen Statistiken, Auswertungen und Aussagen von anderen Fachleuten zeigen recht deutlich, dass es im Gegenteil gefährlich ist, SARS-CoV-2 zu unterschätzen.

Davon abgesehen lauert noch eine andere Gefahr bei einer stärkeren Verbreitung: Die der Mutation! Je stärker ein Virus sich verbreitet, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer aggressiveren Form mutiert, die sich beispielsweise länger in der Luft hält, wodurch man sich alleine durch das Einatmen bereits infiziert, obwohl kein Infizierter in der Nähe ist.

Und dann hätten wir erst recht Probleme mit der Bekämpfung.

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