Bis heute umstritten – Der Amityville Horror (Mystery)

Autor: Ralf Nowotny

Es geschah in den frühen Morgenstunden des 13. November 1974, als der 23jährige Ronald DeFeo Jr., auch „Butch“ genannt, nach einem Marlin Gewehr griff.

Er war ein übergewichtiger Junge, der in der Schule oft gehänselt wurde. Sein Vater schlug seine Frau und Kinder, und hatte für Butch nur Spott übrig. In dieser Nacht wollte Butch den Terror beenden.

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In einem Zeitraum von 15 Minuten führte er seinen Plan durch. Er ging in das Schlafzimmer seiner Eltern und feuerte zweimal auf seinen Vater. Die Mutter wachte auf, aber hatte keine Zeit mehr zum Reagieren, da sie ebenfalls von zwei Schüssen tödlich getroffen wurde.

Im Haus war es still.

Doch Butch war noch nicht fertig. Er ging in das Zimmer seiner jüngeren Brüder Mark, 12 Jahre alt, und John, 9 Jahre alt, die sich ein Zimmer teilten. Beide starben durch jeweils einen Schuss. Als Nächstes ging er in das gemeinsame Zimmer seiner Schwestern Dawn, 18 Jahre alt, und Allison, 13 Jahre alt. Die Mädchen waren wach, doch konnten nicht schnell genug reagieren, denn auch diese beiden mussten durch die Hand ihres ältesten Bruders sterben.

Am nächsten Tag ging Butch seelenruhig zur Arbeit, rief ein paarmal daheim an, und ging, da er, wie er sagte, sich Sorgen um seine Eltern mache. Wenig später stürmte er aufgeregt in eine Bar und berichtete, dass jemand seine Familie umgebracht habe.

Sehr schnell war die Polizei im Haus und untersuchte den Tatort. Als Täter stand Butch sehr schnell fest, denn in seinem Zimmer wurde eine Schachtel Patronen gefunden, mit seinen Fingerabdrücken darauf.

Butch wurde verhaftet und bekam lebenslänglich für seinen sechsfachen Mord. Noch heute sitzt er im New Yorker Staatsgefängnis. Seine Behauptung, dass Stimmen ihn zu dieser Tat angetrieben haben, wurde vor Gericht nicht anerkannt.

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Bild: Die DeFeo-Kinder

Nun könnte die Geschichte ein Ende haben,

doch ist dies erst der Anfang. Denn die Adresse des Hauses dürfte Horrorfilmfans sehr bekannt sein:

112 Ocean Avenue, Amityville, New York

Am 18. Dezember 1975 kaufte ein junges Ehepaar namens George und Kathy Lutz das bis dahin leerstehende und für 80.000 $ sehr günstige Haus in Amytiville. Kurze Zeit später zogen sie ein, zusammen mit Kathys drei Kindern aus ihrer früheren Ehe. Jedoch sollte sich das Traumhaus bald als ein Alptraum entpuppen…

Vom ersten Moment an,

so sagten sie schien sich eine unnatürliche Präsenz im Haus aufzuhalten. Verschlossene Türen und Fenster öffneten sich von selbst, und mysteriöse Geräusche waren des Öfteren zu hören. Als ein katholischer Priester das Haus betrat, schlug ihm etwas Unsichtbares auf die Hand und eine unheimliche Stimme soll gesagt haben, er solle verschwinden.

Nach diesem schnell abgebrochenen Exorzismus sollen sich die Ereignisse verschlimmert haben. Nachts hörten sie laute Schritte und Kratzgeräusche, ein dämonenhaftes Gesicht soll sich am Fenster gezeigt haben. Geroge Lutz schien manchmal „besessen zu sein, grünlicher Schleim erschien aus dem Nichts an den Wänden, manche der Familienmitglieder sahen eine geisterhafte Figur mit Kapuze, urplötzlich tauchten ganze Fliegenschwärme im Haus auf, im Haus schien es nie warm zu werden, weswegen George ständig den Kamin anfeuerte, das jüngste Kind unterhielt sich mit einem unsichtbaren Wesen namens Jodie, und Kathy beteuert, dass sie von unsichtbaren Händen gekratzt und geschlagen wurde.

Nach nur 28 Tagen verließ die Familie fluchtartig das Haus, sie ließen sämtliche Kleidungsstücke und Essen im Kühlschrank zurück. Jene dämonischen Kräfte haben sie aus dem Haus getrieben, so erzählten sie.

Aber die Geschichte geht noch weiter…

Im Februar 1976 betraten Ed und Loraine Warren, zwei von Amerikas bekanntesten Dämonologen, zusammen mit einem Fernsehteam von New Yorks Channel 5 das Haus, um dort eine Séance abzuhalten und die Ereignisse zu untersuchen. „Es lagen alte Zeitungen im Haus und der Kühlschrank war tatsächlich noch gefüllt“, so sagten die Warrens. Zwei andere Parapsychologen, die mit den Warrens im Haus waren, sagten aus, sie hätten eine unnatürliche Präsenz gespürt. Ed Warren sagte, er hatte „starkes Herzklopfen“ und führte dies auf die Anwesenheit dämonischer Geister zurück.

Die Warrens erklärten, dass sich das Haus auf einem ehemaligen Landparzelle der Shinnecock Indianer befände, und auf diesem Landstück kranke und verrückt gewordene Mitglieder des Stammes isoliert wurden, bis sie starben. Jene Toten wurden nicht begraben, da jene Indianer glaubten, dass das Land von Dämonen bewohnt sei. Die Geister also waren die wütenden Toten der Indianer und „unmenschliche Wesenheiten“.

Kurze Zeit später trafen sich das Ehepaar Lutz mit dem Autor Jay Anson, der zusammen mit ihnen ein Bestseller-Buch schrieb: „The Amityville Horror“. Aus dem Buch wurde ein Film, es gab Talkshow-Einladungen, Interviews, mehr Fortsetungen der Filme, eine Dokumentation etc. Der Fall wurde international bekannt, alleine schon, da es sich ja um eine absolut authentische Geschichte handeln solle.

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Bildquelle: Wikipedia

Aber nicht jeder Parapsychologe war damals zufrieden mit der Geschichte. Zeit für die Wahrheit!

Am 16. Februar kontaktierte George Lutz den Leiter des Parapsychology Institute of America, Dr. Stephen Kaplan, der zu dieser Zeit sehr bekannt war. Telefonisch erkundigte sich Lutz bei ihm, wieviel es kostet, wenn Kaplan eine Untersuchung in dem Haus durchführen würde. Dr. Kaplan teilte ihm mit, dass eine Untersuchung mit seinem Team völlig kostenlos sei, jedoch „wenn diese Story ein Hoax ist… dann wird es die Öffentlichkeit erfahren!

Einige Tage später rief Lutz wieder an und sagte den Termin ab. Seine Begründung war, dass sie keinerlei Aufmerksamkeit auf sich oder das Haus lenken wollten. Umso überraschender, als wenig später auf Channel 5 News die Geschichte der Familie Lutz, medienwirksam präsentiert von den Warrens, enthüllt wurde.

Kaplan schöpfte Verdacht und rekapitulierte noch einmal das Telefonat mit George Lutz. Schon dabei schöpfte er Verdacht, dass da etwas nicht stimmte. George sagte z.B. dass er die Namen der Dämonen kenne, aber nicht sagen dürfe. Auf die Frage, warum er das nicht dürfe, sagte Lutz, damit würde er die Dämonen beschwören, dies habe er in einem Buch über Geister gelesen, dessen Titel er aber nicht mehr wisse.

Während die Geschichte durch Buch und Film international immer bekannter wurde

, sammelte Kaplan immer mehr Beweismaterial, die beweisen sollten, dass es sich dabei um einen Hoax handelt. Zwar schloß er die Möglichkeit nicht aus, dass sich durch die Morde, welche zuvor im Haus geschahen, dort tatsächlich paranormale Dinge ereignen, doch in dem beschriebenen Maße doch sehr unwahrscheinlich und unglaubwürdig. Er sah es als Gefahr, dass durch diesen Fall sein gesamter Berufsstand lächerlich gemacht werden würde.

Was Kaplan zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnte, dass er sich mit seinen Erkenntnissen nicht nur gegen die Familie Lutz stellen würde, sondern auch gegen die bekannten Warrens sowie die Öffentlichkeit, welche natürlich nun ungern hören wolle, dass sie wahrscheinlich nur auf einen Hoax hereingefallen sind. Die Wahrheit hinter diesem Fall ist nämlich längst nicht so aufregend wie die beschriebenen Ereignisse. So kam es, dass nur sehr kurz in Zeitungen darüber berichtet wurde, und auch für Kaplans Buch über die wahren Hintergründe fand sich erst 1995 ein Verleger.

Die Fakten:

1979 sagte der Rechtsanwalt William Weber in der Radioshow des Autors Joel Martin aus, dass er gewissermaßen ein Teil dieses Hoaxes sei. Er und George Lutz hätten sich diese Geschichte bei ein paar Gläsern Wein ausgedacht. Das Motiv Webers, mitzumachen, lag auf der Hand: Er war der Anwalt von „Butch“ DeFeo und wollte eine Neuverhandlung des Falles erwirken, mit der Begründung, dass man nun quasi Zeugen hätte, dass Butch wirklich „dämonische Stimmen“ hörte, die ihn zu den Morden trieben. Lutz hatte ebenfalls ein Motiv, da er sich die Hypotheken für das Haus eigentlich nicht leisten konnte und schnell zu Geld kommen musste. Später klagte Weber übrigens gegen Lutz, da er keine Beteiligung an den Buchrechten bekam, was ihm wohl von Lutz versprochen wurde.

Kaplan fand weitere Ungereimtheiten

In dem Buch wird ein sogenannter „Roter Raum“ beschrieben, in dem okkulte Zeremonien stattgefunden haben sollten. Mehrere Male besuchte er das Haus, doch der einzige rote Raum dort war ein Räumchen, durch den man Zugang zu den Rohren des Hauses bekommen konnte, falls eine Reparatur nötig war.

Die Eingangstür, welche laut Buch aus den Angeln gerissen wurde, zeigte keinerlei Beschädigungen, auch an den anderen Türen und Fenstern konnte man keine Beschädigung feststellen, nicht einmal Kratzer. Auch an den Wänden fand sich keine Beschädigung der Wandfarbe. Nun könnte man einwenden, dass flugs alles ausgetauscht und repariert wurde, jedoch wäre dies aufgrund des Alters des Hauses (erbaut 1924) aufgefallen.

Kaplan unterhielt sich auch mit einem Autor der örtlichen Tageszeitung, dem der Fall ebenfalls suspekt vorkam, da nur einen Tag nach der „Flucht“ aus dem Haus das Ehepaar Lutz dort einen „Garagenverkauf“ abhielt. Weiterhin wurde in diesen 28 Tagen kein einziges Mal die Polizei informiert, was man bei diesen Ereignissen eigentlich annehmen sollte. Und schlussendlich behauptete George Lutz in dem Buch, Pferdefuß-Spuren im Schnee entdeckt zu haben. Jedoch lag an diesem Tag kein Schnee in Amityville.

Auch jenen Priester, der von einem Dämon attackiert wurde, konnte Kaplan ausmachen. Jener berichtete aber, dass die Ereignisse so gar nicht stattgefunden haben. Er habe das Haus ganz normal segnen können, aber erwähnte während der Segnung gegenüber Lutz, dass womöglich durch die Geister der Ermordeten sich seltsame Dinge ereignen könnten.

Nun noch etwas zu den Erkenntnissen der Warrens:

Laut den Warrens gehörte das Grundstück ja einmal den Shinnecock Indianern, die dort ihre Kranken und Verrückten sterben ließen.
Jene Shinnecock Indianer lebten jedoch nicht mal in der Nähe von Amityville. Alle Indianer auf Long Island gehörten nämlich dem Montaukett Stamm an. Die Namen der verschiedenen Orte wurden von Europäern vergeben, die sich anscheinend mit den einzelnen Stämmen nicht wirklich auskannten. Der einzige Stamm der möglicherweise bei Amityville Land besaß, war der der Massapequans.

Namen hin oder her, was ist mit dem indianischen „Irrenhaus“?

Gemäß John Strong, Indianer-Experte für Long Island, lebten zwar viele Indianer in diesem Gebiet, er selbst halte jenes Verhalten von Indianern für nichts weiter als einen unterhaltsamen Witz. Der Autor Ric Osuna ließ sich von örtlich ansässigen Indianern an sämtliche Indianer-Friedhöfe rund um Amityville führen, wobei er tragischerweise feststellen musste, dass jene Orte zum größten Teil nun Müllkippen sind. Die historischen Aufzeichnungen jener Indianer sind sehr ausführlich und beeindruckend, jedoch findet sich nirgendwo auch nur der kleinste Hinweis, dass ein Friedhof oder „Irrenhaus“ sich auch nur nahe dem Amityville-Haus befand. Mal abgesehen davon, dass die dorti damals ansässigen Indianerstämme sehr friedfertig waren und es auch für Indianer-Experten absurd erscheint, dass ein Stamm seine Kranken und geistig Schwachen aussonderte, um sie sterben zu lassen. Im Gegenteil kümmerten sich Indiander damals wie heute sehr um ihre Familien und Stammesmitglieder.

Also… nun alles ein Hoax?

Naja, ein Schmankerl lassen wir euch noch.
Die Warrens schossen ja per Nachtsichtkamera automatisch einige Fotos in dem Haus. Auf kaum einem Foto ist irgendetwas Unnatürliches zu sehen. Auf jenem aber… ist entweder einer deren Mitarbeiter zu sehen oder vielleicht der Geist eines ermordeten DeFeo.

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Wir wünschen noch angenehmes Gruseln!

Autor: Ralf, mimikama.org

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