Belegausgabepflicht: Der Faktencheck

Autor: Andre Wolf

Artikelbild: Shutterstock / Von Le Do
Artikelbild: Shutterstock / Von Le Do

Die kommende Belegausgabepflicht, auch Kassenzettelpflicht oder Kassenbonpflicht genannt, führt zu vielen Irritationen und Missverständnissen. Schauen wir genauer hin!

Am 01.01.2020 tritt in Deutschland die Belegausgabepflicht in Kraft. Das bedeutet: Unternehmer mit elektronischem Registrierkassensystem müssen ihren Kunden einen Kassenbeleg aushändigen. Die Belegausgabepflicht ist KEINE Registrierkassenpflicht, eine offene Kassenlade ist auch weiterhin erlaubt.

Was das genau bedeutet und wie diese Belegausgabepflicht aussieht, wird teilweise unsauber oder gar reaktionär vermittelt. Vor allem unter Kunden herrscht eine Verwirrung, was man nun mit den Zetteln machen soll.

Ein Blick ins Ausland

Eine Belegausgabepflicht gibt es Österreich schon länger. Es geht darum, dass die Kunden einen Kassenbeleg entgegennehmen müssen, so dass der Einkauf auch nachgewiesen ist und nichts an der Steuer vorbei verkauft wird.

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Der Kunde ist jedoch NICHT verpflichtet, den Beleg zu behalten. Das bedeutet, bei der nächsten Gelegenheit kann der Beleg straflos entsorgt werden (siehe hier). So in Österreich.

Belegausgabepflicht und Kunden

So ähnlich wird es auch in Deutschland laufen: Der Kunde selbst hat keine großen Pflichten. Die Kassenzettel können wie bisher im Zuge von Gewährleistungen, Umtauschkulanzen oder Garantien aufbewahrt werden, jedoch stellt die Belegausgabepflicht keine Aufbewahrungspflicht dar.

Doch irgendwie hat sich in die Köpfe eingeschlichen, dass man nun Unmengen an Papier mit nach Hause nehmen muss. Das ist schlichtweg falsch!

Man kann sogar als Kunde die Annahme des Belegs verweigern. Wichtig ist, dass der Beleg nach dem Kauf bereitgestellt wird. Eine Entsorgung nach der Übergabe ist zusätzlich jederzeit möglich. Es gibt keine Pflicht, einen Kassenzettel mit sich zu führen oder gar nach Hause zu nehmen.

Hinweis: Wer den Zettel zuhause entsorgt, sollte schauen, ob es sich um BPA-Thermopapier handelt. Dieser Beleg darf nicht in das Altpapier wandern! Warum so ist, und wie man Thermopapier erkennt, erklären wir hier.

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Viele Kassenbonpapiere sind jedoch inzwischen phenolfrei. Neuere Papiere werden künftig physikalisch anstatt chemisch bedruckt und müssen somit nicht mehr als Sondermüll entsorgt werden. Zusatzinfo: Bisphenol-A (BPA) darf bei der Herstellung von Kassenbons ab dem 01.01.2020 nicht mehr verwendet werden. Das bedeutet jedoch NICHT, dass die Restbestände nicht mehr aufgebraucht werden dürfen.

Die Pflichten im Geschäft

Grundsätzlich gilt: Bei jedem Kassiervorgang muss ein Kassenbeleg generiert werden. Dieser kann in Papierform oder elektronisch ausgegeben werden. Niemand ist verpflichtet, einen Beleg auszudrucken. § 6 – Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) besagt unter anderem:

„Die Angaben auf einem Beleg müssen für jedermann ohne maschinelle Unterstützung lesbar sein. Ein Beleg kann in Papierform oder mit Zustimmung des Belegempfängers elektronisch in einem standardisierten Datenformat ausgegeben werden.“

Und an dieser Stelle wird es spannend, da häufig von endlosem Papiermüll gesprochen wird: Sowohl Thermopapier, als auch Papiermüll lassen sich vermeiden, da es durchaus praktikable elektronische Lösungen gibt. Der Einzelhändler muss da nicht selbst irgendwelche Lösungen erfinden, sondern kann sich bestehenden Systemen anschließen.

Diese elektronischen Lösungen sind übrigens auch DSGVO-konform. Hierzu gibt es verschiedene Systeme (via App, E-Mail, Druck als PDF), die wir in diesem Zuge nicht im einzelnen vorstellen.

Natürlich muss man an dieser Stelle die Tücken anmerken: Die elektronischen Kassenzettel setzen zumeist voraus, dass zum einen im Geschäft bargeldloses Zahlen möglich ist, zum anderen der Kunde aber auch bereit ist, sich den Kassenbeleg elektronisch senden zu lassen.

Ebenso kann es an der Verfügbarkeit dieser Systeme hapern, wenn die Nachfrage größer als das Angebot ist, weil nun viele Einzelhändler Lösungen suchen. Aber dazu im nächsten Absatz mehr.

Ferner müssen sich die Anbieter solcher elektronischen Systeme zwingend an den Datenschutz halten, denn es sind am Ende diese Firmen, die genau wissen, welcher Kunde welchen Artikel gekauft hat. Man darf also nicht vergessen, dass ein Anbieter eines solchen Systems durchaus in der Lage wäre, ein Käuferprofil zu errichten.

Die Belegausgabepflicht kommt aber jetzt plötzlich!?

Nur weil seit November 2019 die Belegausgabepflicht stark thematisiert wird, kommt sie dennoch nicht plötzlich daher. Grundsätzlich steht schon seit über 3 Jahren fest, dass ab dem 01. Januar 2020 eine Belegausgabepflicht in Deutschland starten wird.

Bereits am 15. und 16.12. 2016 wurde das „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (KassenG)“ beschlossen. Das bedeutet auch, dass bereits drei Jahre lang die Möglichkeit zur Umrüstung oder Umstellung gegeben ist.

Pflicht vs. Müll

Jetzt darf man sicherlich die Belegausgabepflicht mit Blick auf den erhöhten Papiermüll kritisieren. Denn tatsächlich dürfte ein erhöhtes Müllaufkommen aufgrund jedes bereitgestellten Kassenzettels entstehen. Daher liegt langfristig gesehen in der elektronischen Form durchaus doppelt eine Müllvermeidung, denn bisher wurden auch schon in den meisten Geschäften die Kassenzettel automatisch ausgedruckt.

Wie bereits angemerkt, wird sich dieser Müll nicht von heute auf morgen vermeiden lassen, was eigentlich schade ist. Denn da bereits mehr als drei Jahre feststand, dass die Pflicht kommen wird, hätte durchaus darauf hingearbeitet werden können.

Kosten

Natürlich wird die Belegausgabepflicht für den Handel Mehrkosten bedeuten. Hier muss man jedoch differenzieren: In der Berichterstattung oder auf Social Media wird gerne auf den „kleinen Bäckermeister“ verwiesen. Das ist durchaus nicht verkehrt, denn gerade kleine Einzelhändler, die weder ein elektronisches Belegausgabesystem nutzen oder bisher auf den Ausdruck der Kassenzettel teilweise verzichtet haben, dürften höhere Kosten haben.

Dementgegen darf man aber auch nicht aus dem Blick verlieren, dass sich für viele Unternehmen rein gar nichts ändert, da bereits seit Jahren schon grundsätzlich Kassenzettel ausgestellt werden. Was jedoch für alle wichtig ist, sind die Angaben, die auf einem solchen Beleg zu stehen :

  • Name & Anschrift des ausstellenden Unternehmens
  • Datum & Uhrzeit
  • Menge und Art des Artikels
  • Fortlaufende Transaktionsnummer
  • Rechnungsbetrag und Steuersatz des Produkts
  • Seriennummer des Kassensystems, Betrag je Zahlungsart, Signaturzähler und Prüfwert

Politik

Unbestritten ist die Belegausgabepflicht auch ein politischer Streit, in dem sich sowohl auf politischer Ebene, als auch auf Social Media die Schuld hin und her geschoben wird. Manchmal sogar auf beiden Ebenen, so wie man es auf Twitter verfolgen kann:

Daher gibt es auf politischer Bühne verschiedene Aussagen gegenüber dem Pro und Contra der Belegausgabepflicht. Und hier wird es natürlich spannend: Jedem dürfte klar sein, dass die Belegausgabepflicht ein unpopuläres Thema ist, welches sich niemand gerne auf die Fahnen schreiben möchte. Öffentliche Umfragen zeigen recht deutlich, wie negativ besetzt dieses Thema ist.

Zusammenfassend

Für den Endverbraucher ändert sich nichts. Niemand ist verpflichtet, die Kassenzettel mit nach Hause zu nehmen oder aufzubewahren. Für viele Geschäfte ändert sich auch nichts, denn in den meisten Fällen wird bereits schon ein Zettel automatisch ausgedruckt (achtet mal darauf beim nächsten Einkauf VOR Jahresende).

Ärgerlich kann es für kleine Unternehmen sein, die aufgrund der Umstellung vor einem finanziellen Problem stehen. Ebenso ist es für die Zukunft zwingend erforderlich, dass die Unternehmen, welche für elektronische Belege verantwortlich sind, absolut datenschutzkonform arbeiten und keine Probleme dabei entstehen.

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Artikelbild: Shutterstock / Von Le Do

 

 

 

 

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