Argentinien: Heftiger Protest in Video hat nichts mit Corona zu tun

Autor: Charlotte Bastam

Am 18. September wurde auf Facebook ein Video geteilt, dass gewalttätige Corona-Demonstrationen in Argentinien zeigen soll.

Das Video wird mit den Worten „Bürgerkrieg in Argentinien“ eingeleitet. Die weitere Botschaft des Posts ist offensichtlich: Die Mächtigen zerfleischen das Volk mit Maßnahmen so sehr, dass es sich nun wehren muss. Im Video sieht man verschwommen eine Gruppe von Demonstrierenden, die schreiend Steine auf Polizist*Innen werfen. Doch bei jener gewalttätigen Ausschreitung handelt es sich um keinen Corona-Protest, sondern um eine Szene aus einem völlig anderen Kontext aus dem Jahr 2017.

Auch wurde das Video bereits im August 2019 im Vorfeld der letzten Präsidentschaftswahl in Argentinien auf Twitter geteilt. Es kann somit schon allein deswegen nichts mit der jetzigen Pandemie zu tun haben.

Die Szene lässt außerdem annehmen, dass sich die Auseinandersetzung auf dem Plaza del Congreso in Buenos Aires abspielt. Dies kann man mit einer Googlebildersuche anhand der Straßenlaternen, den Mülleimern, Schildern und den Häuserwänden feststellen.

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Woher stammt das Video?

Das entsprechende Video stammt somit tatsächlich von Protesten aus Argentinien. Doch  wurde es bereits bei einer der heftigen Auseinandersetzungen während der Proteste im Dezember 2017 im Zuge der damaligen Rentenreform aufgenommen. In einem Beitrag der Nachrichtenseite Clarín vom 19. Dezember 2017 erkennt man in einem Artikelbild eine der Szenen aus dem Video. Darin sieht man jene Situation, in der ein Polizist auf dem Boden liegt und mit einer orange-gelben Flagge zurückgedrängt wird. Im Hintergrund sieht man einen Mann mit roter Shorts und weißem T-Shirt zu sehen, der auch im Video erkennbar ist.

Die mitte-rechts Regierungskoalition unter Präsident Marci stimmte 2017 für eine Rentenreform, die Einsparungen im Sozialversicherungssystems in Höhe von 100 Milliarden Pesos (rund 4,7 Milliarden Euro) vorsah. Das Ansteigen der Renten sollte verringert und das Renteneintrittsalter erhöht werden. Viele Kritiker*Innen befürchteten deswegen, dass gerade viele ältere Menschen, in dem bereits von Krisen und Inflation gebeutelten Land, in Armut stürzen könnten.

Die Proteste in Buenos Aires waren dementsprechend massiv. Laut der Deutschen Welle wurden mindestens 160 Menschen verletzt. Demonstrant*Innen benutzten Steinschleudern und die Polizei setzte Gummigeschosse und Tränengas ein.

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Corona-Proteste in Argentinien

Zwar gibt es in Argentinien auch Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen der gemäßigt-linken Regierung unter Präsident Fernández, doch sind es nicht die Szenen vom Dezember 2017.

Die heutigen Demos sehen anders aus: Tatsächlich protestierten dem stern zufolge am 18. September 2020 tausende Menschen in der Hauptstadt Buenos Aires, um auf ihre schwierige Lage aufmerksam zu machen. Viele Menschen verloren wegen der Pandemie ihren Job, auch sind laut argentinischen Behörden etwa 3,6 Millionen Familien von Obdachlosigkeit bedroht. Bis Mitte September verzeichnete das dortige Gesundheitsministerium  über 600.000 Infizierte und mehr als 12.400 Corona-Tote. Das sowieso schon wirtschaftlich kriselnde Land, traf die Pandemie also hart. Von Gewalt ist in dem Beitrag jedoch nichts zu lesen.

Bei den Protesten von Bürgerkrieg zu sprechen, ist somit völlig fehl am Platz. Wie wir bereits zeigten, ist diese Herangehensweise ein bei Corona-Kritiker*Innen beliebtes Mittel, bei dem auf vermeintlich heftige Proteste gegen Maßnahmen weltweit verwiesen wird. Auch wenn sie sich, genau wie in diesem Fall, so gar nicht abgespielt haben.

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