Aktuell warnt ein österreichischer FPÖ-Politiker vor einer dramatischen vierten Coronawelle, sieht selbst jedoch die Lösung nicht in den Impfungen, sondern man solle mehr Medikamente verabreichen. Er erwähnte dabei das Medikamente „Ivermectin“

Nachdem sich in Deutschland und den USA das Gerücht verbreitet, dass sich das Entwurmungsmittel „Ivermectin“ positiv auf eine Coronainfektion auswirken könne, warnen Behörden vor der Einnahme des Medikaments. Wir selbst haben im August und September bereits über dieses Mittel berichtet.

Ursprünglich wird Ivermectin zur Behandlung von Parasiten, vor allem bei Pferden und Kühen angewendet.

Auch zur Behandlung von Menschen ist es in den USA in geringen Dosierungen zugelassen. Seit Dezember 2020 habe es in den USA laut der Gesundheitsbehörde CDC einen sprunghaften Anstieg der Verschreibung des Medikaments gegeben. US-Behörden warnen vor der Einnahme des angeblichen Heilmittels, da es keinerlei wissenschaftliche Belege einer positiven Wirkung gegen das Coronavirus gebe und die Einnahme größerer Mengen gar gefährlich sein könne.

Das deutsche Ärzteblatt berichtet erst vor wenigen Tagen, dass Behandlungsversuch mit Ivermectin toxisch sein können. In den USA häufen sich bei den Giftnotrufzentralen die Anrufe von Patienten, die zur Prävention oder Behandlung von COVID-19 Ivermectin eingenommen haben.


Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat die Erkenntnisse aus Laborstudien, Beobachtungsstudien, klinischen Studien und Meta-Analysen geprüft und ist zum Schluss gekommen, dass die vorliegenden Daten die Verwendung von Ivermectin zur Behandlung von COVID-19 außerhalb klinischer Studien nicht unterstützen.

Studien zu Ivermectin

Laborstudien ergaben, dass Ivermectin die Replikation von SARS-CoV-2 (dem Virus, das COVID-19 verursacht) blockieren kann. Die dazu notwendige Konzentration ist jedoch wesentlich höher als derzeit zugelassene Dosierungen erlauben. Das Bild der klinischen Studien war uneinheitlich: Einige klinische Studien zeigten keinen Nutzen, andere zeigten einen möglichen Nutzen. Die meisten von der EMA untersuchten Studien waren klein und wiesen zusätzliche Einschränkungen auf, wie z.B. unterschiedliche Dosierungen oder die Verwendung von weiteren Arzneimitteln. Die EMA kam daher zum Schluss, dass die derzeit verfügbaren Erkenntnisse nicht ausreichen, um die Anwendung von Ivermectin bei COVID-19 außerhalb klinischer Studien zu unterstützen.

Situation auf EU-Ebene

In der EU sind Ivermectin-Arzneimittel nicht zur Behandlung von COVID-19 zugelassen. Der EMA liegt auch kein Antrag auf Zulassung für eine solche Anwendung vor.

Situation in Österreich

In Österreich sind Ivermectin-Tabletten beim Menschen für die Behandlung von Skabies (Krätzmilbe) sowie parasitärer Wurmbefälle mit Strongyloidiasis (Zwergfadenwürmer) sowie Mikrofilarämie durch Wuchereria bancrofti (tropische Fadenwürmer) und Ivermectin-Hautpräparate für die Behandlung von Hauterkrankungen im Rahmen der papulopustulären Rosazea (Kupferakne) zugelassen. Im veterinärmedizinischen Bereich erstreckt sich die Zulassung auf die Anwendung gegen innere und äußere Parasiten bei einer Vielzahl von Tierarten.

Empfehlung des BASG

Ivermectin ist im Rahmen der zugelassenen Dosierungen im Allgemeinen gut verträglich. Um Konzentrationen mit antiviraler Aktivität gegen SARS-COV-2 in der Lunge zu erzielen, wären jedoch wesentlich höhere Dosierungen notwendig, die wiederum zu verstärkten Nebenwirkungen führen können. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Ivermectin bei einer höheren als der zugelassenen Dosierung toxisch wirkt.
Die Verwendung von Ivermectin kann somit derzeit (mit Ausnahme kontrollierter klinischer Studien) keinesfalls zu einer Vorbeugung oder Behandlung von COVID-19 empfohlen werden.


Weitere Informationen und Quellen:

Warnung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA)
Originalpublikation
Deutsches Ärzteblatt
Uni-Würzburg
European Medicines Agency


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