Durchbruch? Neue Antikörper gegen Coronavirus entdeckt

Autor: Tom Wannenmacher

-Gemeinsame Pressemitteilung der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen-
-Gemeinsame Pressemitteilung der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen-

Forscher der Charité Berlin und des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) haben „hochwirksame“ Antikörper gegen das Coronavirus identifiziert. Diese Antikörper könnten Grundlage für eine Impfung sein.

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Hochwirksame Antikörper gegen das Coronavirus identifiziert! Forschende des DZNE und der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben hochwirksame Antikörper gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 identifiziert und verfolgen nun die Entwicklung einer passiven Impfung. Gleichzeitig entdeckten sie dabei, dass manche SARS-CoV-2-Antikörper auch an Gewebeproben verschiedener Organe binden, was möglicherweise unerwünschte Nebenwirkungen auslösen könnte. Sie berichten über diese Erkenntnisse im Fachjournal „Cell“.

Aus dem Blut von Menschen, die eine durch SARS-CoV-2 ausgelöste COVID-19-Erkrankung überstanden hatten, isolierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zunächst fast 600 verschiedene Antikörper. Durch Labortests konnten sie diese Zahl auf einige besonders wirksame Exemplare eingrenzen und diese dann mittels Zellkulturen – quasi in der Petrischale – künstlich nachbilden. Die identifizierten sogenannten neutralisierenden Antikörper binden, wie Strukturanalysen belegen, an das Virus und verhindern damit, dass es in Zellen eindringen und sich vermehren kann. Überdies trägt die Virus-Erkennung durch Antikörper dazu bei, dass der Erreger von Immunzellen beseitigt wird. Untersuchungen an Hamstern – diese sind ähnlich wie Menschen anfällig für eine Infektion durch SARS-CoV-2 – belegen die hohe Wirksamkeit der letztlich ausgewählten Antikörper: „Wurden die Antikörper nach einer Infektion verabreicht, entwickelten die Hamster allenfalls milde Krankheitssymptome. Erfolgte die Gabe der Antikörper präventiv – vor einer Infektion –, dann erkrankten die Tiere nicht“, sagt Dr. Jakob Kreye, Koordinator des aktuellen Forschungsprojektes. Der DZNE-Wissenschaftler ist einer der beiden Erstautoren der aktuellen Veröffentlichung.

Antikörper für passive Impfung

Die Behandlung von Infektionserkrankungen mit Antikörpern hat eine lange Geschichte. Für COVID-19 wird dieser Ansatz auch im Zusammenhang mit der Verabreichung von Plasma aus dem Blut genesener Patientinnen und Patienten untersucht. Mit dem Plasma werden Antikörper der Spender übertragen. „Idealerweise produziert man gezielt den wirksamsten Antikörper im industriellen Maßstab und in gleichbleibender Qualität. Das ist das Ziel, das wir verfolgen“, sagt Dr. Momsen Reincke, ebenfalls Erstautor der aktuellen Veröffentlichung.

Isolation, Selektion und Wirksamkeitstestung von Antikörpern für Entwicklung einer passiven Immunisierung. Grafik: Kreye/ Charité.
Isolation, Selektion und Wirksamkeitstestung von Antikörpern für Entwicklung einer passiven Immunisierung. Grafik: Kreye/ Charité.

„Drei der bisher identifizierten Antikörper sind für eine klinische Entwicklung besonders vielversprechend“, sagt Prof. Dr. Harald Prüß, Forschungsgruppenleiter am DZNE und Oberarzt an der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie der Charité. „Anhand dieser Antikörper haben wir nun begonnen, eine passive Impfung gegen SARS-CoV-2 zu entwickeln.“ Das geht nur in Kooperation mit einem Partner aus der Industrie. Deshalb arbeiten die Forschenden mit dem Unternehmen Miltenyi Biotec zusammen.

Neben der Behandlung von Erkrankten ist auch der vorsorgliche Schutz von gesunden Personen, die Kontakt zu Infizierten hatten, eine mögliche Anwendung. Wie lange der Schutz besteht, muss im Rahmen klinischer Studien untersucht werden: „Denn im Unterschied zur aktiven Impfung werden bei der passiven Impfung fertige Antikörper verabreicht, die nach einer gewissen Zeit abgebaut werden“, so Prof. Prüß. In der Regel ist der Schutz durch eine passive Impfung weniger beständig, als durch eine aktive. Dafür ist die Wirkung einer passiven Impfung quasi sofort vorhanden, bei einer aktiven Impfung muss diese sich erst aufbauen. „Es wäre ideal, wenn es beide Möglichkeiten der Impfung gäbe, um je nach Situation flexibel reagieren zu können.“

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Modernste Technologien

Das Team um Kreye, Reincke und Prüß befasst sich für gewöhnlich mit Erkrankungen des Gehirns und mit Antikörpern, die irrtümlicherweise Nervenzellen attackieren. „Angesichts der COVID-19-Pandemie lag es jedoch auf der Hand, unsere Ressourcen auch anderweitig zu nutzen“, sagt Prof. Prüß. Für das aktuelle Vorhaben profitieren die Forschenden von einem Förderprojekt der Helmholtz-Gemeinschaft, dem „BaoBab Innovation Lab“. In dessen Rahmen entwickeln und verfeinern sie Technologien zur Charakterisierung und Herstellung von Antikörpern, die sie nun anwenden. „Jetzt geht es darum, gemeinsam mit unserem Industriepartner die Voraussetzungen zu schaffen, um die von uns identifizierten Antikörper am effektivsten in großen Mengen herzustellen“, so Prof. Prüß. „Der darauf folgende Schritt sind klinische Studien, also die Erprobung am Menschen. Zu rechnen ist damit frühestens Ende dieses Jahres. Die Planungen dafür haben schon begonnen.“

Potentielle Nebeneffekte

Im Rahmen der Untersuchungen machten die Forschenden eine zusätzliche Entdeckung: Manche der besonders wirksamen Antikörper gegen das Coronavirus hefteten sich spezifisch an Proteine des Gehirns, Herzmuskels und der Blutgefäße. In Tests mit Gewebeproben von Mäusen zeigten mehrere der neutralisierenden Antikörper eine solche Kreuzreaktivität. Sie wurden daher von der Entwicklung einer passiven Impfung ausgeschlossen. „Diese Antikörper binden nicht nur an das Virus, sondern auch an Proteine im Körper, die mit dem Virus nichts zu tun haben. Weitere Forschungen werden nun prüfen müssen, ob die zugehörigen Gewebe damit möglicherweise Ziele von Angriffen des eigenen Immunsystems werden könnten“, erklärt Prof. Prüß. Ob diese Laborbefunde für den Menschen von Bedeutung sind, ist derzeit nicht absehbar: „Auf der einen Seite müssen wir wachsam sein, um eventuell auftretende Autoimmunreaktionen im Rahmen von COVID-19 und von Impfungen früh zu erkennen. Auf der anderen Seite können diese Erkenntnisse dazu beitragen, die Entwicklung eines Impfstoffs noch sicherer zu machen“, so der Wissenschaftler.

Forschungspartner

Für die aktuellen Untersuchungen kooperierte die DZNE-Forschungsgruppe unter Leitung von Prof. Prüß eng mit der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Charité sowie dem Institut für Virologie am Campus Charité Mitte. Maßgeblich beteiligt waren zudem die Institute für Virologie und Veterinärpathologie der Freien Universität Berlin und das Scripps Research Institute in den USA.

Über das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE)
Das DZNE erforscht sämtliche Aspekte neurodegenerativer Erkrankungen (wie beispielsweise Alzheimer, Parkinson und ALS), um neue Ansätze der Prävention, Therapie und Patientenversorgung zu entwickeln. Durch seine zehn Standorte bündelt es bundesweite Expertise innerhalb einer Forschungsorganisation. Das DZNE kooperiert eng mit Universitäten, Universitätskliniken und anderen Institutionen auf nationaler und internationaler Ebene. Das DZNE ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft.

Links

Originalpublikation
Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE)

Artikelbild: Kreye/ Charité – Shutterstock / Von Chris Redan
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