Heute Top, morgen Flop! Anlassbezogene Falschmeldungen.

Masken, Tests und Impfungen: innerhalb der Coronapandemie gab es nicht nur „die“ eine Falschmeldung oder immer dieselben Desinformationen, sondern wir haben es stets mit anlassbezogenen Falschmeldungen zu tun gehabt.

Autor: Andre Wolf

Wenn wir von anlassbezogenen Falschmeldungen reden, meinen wir Falschmeldungen zu aktuellen Ereignissen. Das ist auch recht einfach erklärt. Also immer dann, wenn irgendwas real passiert, tauchen häufig im Fahrwasser von echten Informationen auf Social Media Falschmeldungen und Desinformationen auf. Das haben wir seit Jahren schon beobachten können.

Dieses Phänomen wurde zum ersten Mal 2015 und 2016 richtig deutlich, als viele Flüchtende nach Mitteleuropa gekommen sind. Parallel dazu hat sich ein sogenanntes „alternatives Nachrichtennetzwerk“ gebildet, dass bewusst auf Meinungen und Desinformation setzt und Irritationen hervorruft.

In Folgejahren konnten wir diese Vorgehensweise punktuell beobachten, wenn irgendwelche einzelnen Ereignisse stattgefunden haben. Das waren beispielsweise häufig Attentate oder Terroranschläge. Dann gab es im Fahrwasser dieser echten Meldung immer irgendwelche Desinformationen, die dann erneut Irritationen hervorgerufen haben.

Häufig ging und geht es bei diesen Desinformationen darum, klassischen Medien, aber auch Regierungen und Institutionen zu widersprechen und dadurch in Misskredit zu bringen. Das gelingt, je nach Anlass, mal mehr und mal weniger gut. Dies geschieht auch durch selektive Berichterstattung. Das bedeutet, jemand analysiert ein Thema nur sehr einseitig und lässt wichtige Informationen aus dem dazugehörigen Bedeutungsrahmen herausfallen. Das ist ein Klassiker, den wir mithilfe vieler unserer Veröffentlichungen bis heute immer wieder verdeutlichen.

Anlassbezogene Falschmeldungen

Während der Corona-Pandemie haben wir dieses Phänomen natürlich auch gehabt. Aber innerhalb der Pandemie, weil sie sich halt schon so lange zieht, gibt es punktuell unterschiedliche Themen. Wir reden hier von sogenannten Peaks (Spitzen).

Genauer beschrieben gibt es nicht immer nur ein vorherrschendes Thema (auch wenn die Corona-Pandemie das Dach-Thema ist), sondern im Grunde genommen tauchen Unterkategorien auf. Das Spannende ist, dass sich die einzelnen Falschmeldungen über ___STEADY_PAYWALL___ die Unterkategorien hinaus auch widersprechen können. Das möchte ich später noch verdeutlichen. Doch grundsätzlich erstmal zu den Unterkategorien.

Wir haben während der Corona-Pandemie verschiedene dieser Unterkategorien entdeckt. Eine dieser Kategorien war das Thema Masken, als ein anderes Beispiel können die Corona-Tests genannt werden. Und als die wohl größte Unterkategorie sehen wir das Thema der Impfung. Innerhalb all dieser Themen gibt es eine normale klassische Berichterstattung, es gibt es Social Media Diskussionen und am Ende auch klare Desinformationen.

Es sind gerade die bewusst gestreuten und widersprüchlichen Berichterstattungen und Desinformationen, die häufig Irritationen aufrufen. Sogar deutliche Falschmeldungen, die wirklich fast alle auch als solche identifizieren, spielen hierbei eine Rolle. Es geht nämlich bei diesen deutlichen Falschmeldungen nicht darum, jemanden zu überzeugen. Sie wirken vielmehr, indem sie Unsicherheit hervorzurufen. Denn häufig haben viele Konsumenten von Falschmeldungen (die sie auch als solche identifizieren) die Angst, dass ein Körnchen Wahrheit in der Falschmeldung stecken könnte. „Die Wahrheit liegt in der Mitte“ ist hier die brutal falsche Annahme. Und durch diese Überzeugung gewinnt am Ende die Falschmeldung, und wenn sie auch noch so durchschaubar ist. Schauen wir also rückblickend auf die eben genannten Unterkategorien. Beginnen wir mit dem Thema Masken.

Anlassbezogene Falschmeldungen über Masken

Vor allem im Oktober 2020 hatten wir einen wahren Fake-Hype rund um das Thema Masken. Da gab es dann allerlei anlassbezogene Falschmeldungen, besonders auf Kinder und auf angebliche CO2-Vergiftungen bezogen. Teilweise wurde behauptet, Kinder sterben, weil sie eine Maske tragen. Da gab es dann gefälschte Darstellungen, die sogar von der Polizei korrigiert und richtiggestellt werden mussten.

Dann gab es Aussagen, dass wir einen Ausschlag kriegen, wenn wir Masken tragen. Eine Unterversorgung von Sauerstoff würde sich auf unser Gehirn auswirken. Der Peak, also die Spitzenhäufung dieser Falschmeldungen, lag vornehmlich im Oktober 2020. Danach nahm die Intensität der Masken-Fakes ab.

Das bedeutet aber nicht, dass sie komplett weg waren. Wir haben zwischendurch in den letzten Monaten immer noch teils absurde und groteske Falschmeldung gehabt, die trotzdem geglaubt wurden. Seien es Maden, die angeblich in den Masken verarbeitet sind oder Hinweise auf Lungenkrebs oder eine versteckte Impfung in den Masken. Nicht selten wurde auch behauptet, in den Masken würde Überwachungs-Chips versteckt sein würden. Also keine Behauptung absurd genug, um Irritationen zu erschaffen.

Wir bemerken an dieser Stelle also schon mal ein wichtiges Schema. Gewisse Dinge werden bewusst mit Falschmeldungen und Desinformation vermischt, um auf der einen Seite natürlich eine Radikalisierung hervorzurufen, aber auf der anderen Seite bei einer großen Menge von Menschen eine Irritation zu erschaffen. Eine Irritation, die am Ende dafür sorgt, dass sie nicht mehr wissen, wem sie glauben sollen und können.

Anlassbezogene Falschmeldungen über Corona-Tests

Die Methode der Desinformation lief genauso in Bezug auf Corona-Tests ab. Als im letzten Winter (Dezember 2020) immer mehr die Tests in den Vordergrund getreten sind, gab es dementsprechend auch eine Welle an anlassbezogenen Falschmeldungen und Desinformationen zum Thema Corona-Test. Diese Welle und deren Spitze haben sich bis in das Frühjahr 2021 gezogen.

Diese zu der Zeit in Umlauf gebrachten Falschmeldungen hatten ein wichtiges Ziel! Sie sollten die Glaubwürdigkeit der Testergebnisse herunterspielen oder zeigen, dass die Tests überhaupt keinen Wert haben. Auch hier ist es darum gegangen, auf der einen Seite eine Radikalisierung im Widerstand zu schaffen, auf der anderen Seite aber auch einer Irritation innerhalb der nicht radikalisierten Menge der Menschen hervorzurufen.

Es gibt genügend Beispiele, in denen sogar Politiker sich hingestellt haben, und öffentlich die vermeintliche Unwirksamkeit von Tests beweisen wollten. Ich erinnere hier an den schon fast absurd und satirisch anmutenden Fall des FPÖ-Nationalratsabgeordneten Michael Schnedlitz. Dieser hat sich in den Nationalrat gestellt und innerhalb seiner Redezeit und vor laufender Kamera einen Corona-Test durchgeführt, den er in Cola getunkt hat. Das hat natürlich zu einem völlig unsinnigen Ergebnis auf dem Teststreifen geführt. Dieser absurde Versuch ist heute noch offiziell in den Protokollen des Parlaments nachzulesen (hier).

Es bedarf eigentlich keiner großen Erklärung, was Schnedlitz damals für einen Unsinn verbreitet hat. Er hat schlichtweg den Test, wenn man es so herunterbrechen möchte, durch die Cola-Flüssigkeit kaputt gemacht. Ein Test, wie auch immer, muss natürlich so genutzt werden, wie es auf der Bedienungsanleitung steht. Und das hat er missachtet und somit ein falsches Ergebnis hervorgerufen.

Aber darum ging es ja gar nicht. Es ging bei vielen Falschmeldungen schlichtweg darum, eine Irritation zu erschaffen. Ziel vieler Falschmeldungen aus der Zeit lag darin, Menschen vom Test fernzuhalten. Das wiederum teils mit brutal furchterregenden Aussagen (Teststäbchen zerstören „Blut-Hirn-Schranke“) oder völlig unsinnigen Interpretationen (Morgellons!). Und das merken wir uns an dieser Stelle einfach. Und jetzt schauen wir auf das Thema Impfung.

Anlassbezogene Falschmeldungen über Impfungen

Die Höhephase der anlassbezogenen Falschmeldungen über Impfungen ist noch gar nicht so alt. Das liegt daran, dass es die Impfungen erst flächendeckend seit Anfang dieses Jahres gibt. Und dementsprechend im Fahrwasser sind Desinformationen und Falschmeldungen aufgetaucht. Diese haben natürlich dafür gesorgt, dass eine seriöse Berichterstattung zu dem Thema immer wieder verwässert wird.

Und das erkennen wir auch jetzt, wenn wir über das Thema sprechen. Nein, nicht jede Kritik an einer Impfung oder schlimme Meldung zu einer Impfung ist falsch, aber auch nicht jede Meldung ist richtig. Und nicht jede Kritik kann anerkannt werden, besonders dann, wenn sie auf Falschmeldungen basiert. Aber mittlerweile ist zu diesem Thema vieles völlig verschwommen und viele Argumentationen bauen auf teils wahren und faktisch nachvollziehbaren Darstellungen, und dann im nächsten Moment wieder auf völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Falschmeldungen. Die Situation, wie sie also gerade vorliegt, ist das Resultat aus der stetigen Desinformation, die in den letzten Jahren auf verschiedenen Feldern einfach so viel Irritation hervorgerufen hat.

Der Impfung wurde allerlei Unsinn nachgesagt. Das begann mit einfachen Falschmeldungen, wie ausbleibende Schwangerschaften. Im Verlauf des Frühjahrs wurden Desinformationen und bewusste Fehlinterpretationen noch radikaler. Auf einmal wurde behauptet, dass Kinder sterben, wenn sie geimpft werden. Das ist jedoch zu einem Zeitpunkt, als noch gar keine Kinder geimpft wurden und es auch keinerlei offizielle Studien und Versuche mit Kindern und der Covid-Impfung gab. Diese Behauptungen haben sich bis in den Sommer gezogen.

Ganz wichtig auch an dieser Stelle: Natürlich gibt es Einzelfälle mit heftigen Reaktionen auf die Impfung. Das darf nicht verschwiegen werden, das soll nicht verschwiegen werden. Das Problem ist jedoch, dass innerhalb des Desinformationsystems diese Einzelfälle pauschalisiert und anschließend generalisiert werden. Das bedeutet, dass aufgrund der Fokussierung auf einen einzelnen Fall mit heftiger Nebenwirkung eine Außenwirkung erreicht wird, die alle diese Reaktionen als generell zu erwarten darstellt.

Und nun sind wir bei einer spannenden Technik angekommen! Durch diese Fokussierung von Einzelfällen wird erreicht, dass die gesamte Wirkung einer Impfung (oder eines Tests oder einer Maske) infrage gestellt und somit auch bestritten wird. Der fokussierte Schaden wird skaliert und der Wirkung untergeordnet. Das ist dann ein verzerrtes Bild der Realität, welches jedoch wirkt.

Die Widersprüchlichkeit

Wir müssen dazu sagen, dass anlassbezogene Falschmeldungen eine kurze Überlebensdauer haben. Die sind heute noch top, morgen können Sie schon ein Flop sein. Interessant ist, dass es die Multiplikatoren dieser Falschmeldungen nicht weiter interessiert, wenn sie im Laufe der Zeit widersprüchliche Falschmeldungen verbreiten. Man könnte quasi sagen „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“.

Es ist schon fast eine Ironie, wenn es nicht so real wäre. Ein Beispiel können wir aktuell auf die Tests und auf die (diskutierten) 2G Maßnahmen vorweisen. Wie bereits vorher in diesen Artikel erwähnt, unterlagen die Corona-Tests vielen Falschmeldungen und Desinformationen. Als nun vor wenigen Tagen in Österreich bekannt gegeben wurde, dass die 2G Regeln im Alltag eingeführt werden und auch in Deutschland die 2G Regelung diskutiert wurde, haben auf einmal die Tests einen neuen Stellenwert bekommen. Das bedeutet, dass jene Fraktionen, die vor einem Jahr noch die Tests mit allen Mitteln schlecht reden wollten, nun auf einmal Test als eine wichtige Instanz darstellen. Eine Instanz, die im Kampf gegen das Coronavirus sogar wichtiger als eine Impfung ist.

Ich möchte weder das eine noch das andere in Abrede stellen. Ich möchte an dieser Stelle nur drauf hinweisen, wie sehr sich eine Einstellung ändern kann. Eine Einstellung, die immer den eigenen Interessen unterworfen ist und mit allen Mitteln (auch mit Falschmeldungen) untermauert wird. Hier geht es also gar nicht um die Rationalität oder um die Wirksamkeit der einzelnen Mittel. Hier geht es schlichtweg darum, die eigenen Standpunkte zu untermauern.

Auf eine bestimmte humorvolle Art und Weise hat der Twitter-Account „Reptrails“ dieses kleine Paradoxon auf den Punkt gebracht und gleichzeitig dabei sehr schön gezeigt, dass es ja gar nicht um Corona, um Impfungen oder am Ende um Flüchtende geht. Es geht rein um eigene Interessen:

Und sehr ähnlich verhält es sich entsprechend bei dem Informationskonsum, wenn es um die Untermauerung der eigenen Interessen geht. Wir sprechen hier von der sogenannten „Confirmation Bias“, also dem Bestätigungsfehler. Dieser Bestätigungsfehler ist im Zeitalter von Social Media und „alternativen Medien“ natürlich sehr einfach zu begehen. Innerhalb der Informationsvielfalt, die gerade und auch bewusst häufig auf widersprechende Informationen setzt, ist es natürlich sehr einfach, nur jene Informationen aus dem Netz zu suchen, welche die eigenen Interessen stützt und den eigenen Standpunkt untermauert.

Wir haben entsprechend ein Suchmaschinen-Problem. Denn wenn ich mich hinsetze und Informationen zu einem Thema suche, bekomme ich über die Suchmaschinen natürlich genau die Informationen, die meine Ansichten sowieso bestätigen. Selbst dann, wenn meine Ansichten falsch sind. Und hier müssen wir uns in der Beurteilung von einzelnen Meinungsblasen lösen und können dieses Problem auf jeden von uns selbst beziehen. Das bedeutet, wir müssen unseren eigenen Informationskonsum kontrollieren und bewusst reflektieren. Ja, es gibt für jede Art von Meinung irgendwo eine Information (selbst wenn sie falsch ist) zur Untermauerung dieser Meinung.

Es wird es also weiterhin geben!

Wir können nun aus der jüngeren Vergangenheit lernen, dass es weiterhin anlassbezogene Falschmeldung geben wird. Die gibt es schon seit Jahren und sie werden immer wieder dann auftauchen, wenn in der Realität ein Thema gesellschaftlich wichtig ist. Sie arbeiten mit der Strategie, eine Irritation zu erschaffen. Die Radikalisierung ist ein wichtiger Aspekt, aber es geht nicht um die bereits radikalisierten und extremen Gruppen.

Bei der Vielzahl von Desinformation geht es vielmehr darum, eine große Menge von Menschen zu erreichen, die mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor zu einem bestimmten Thema leben. Jene Menschen, die am Ende nicht wissen, was denn jetzt stimmt und was nicht stimmt. Menschen, die im Zweifel davon ausgehen, dass beide Seiten ja irgendwie recht haben können. Und das ist der Moment, in dem Falschmeldungen und Desinformationen gewonnen haben.

Sie wollen gar nicht überzeugen, sie wollen nur Irritationen erschaffen. Und das sogar dann, wenn sie sich ganz augenscheinlich widersprechen, so wie wir das bei anlassbezogenen Falschmeldungen themenübergreifend immer wieder beobachten können.


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