Nehmt das mit dem „Zuerst denken“ bitte wörtlich! [Gastartikel]

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Autor: Andre Wolf

„Zuerst denken, dann klicken“ ist das Motto des Vereins mimikama, der auch eine seiner Facebook-Seiten so nennt. Vielleicht sollte man einmal definieren, was das mit dem Denken genau auf sich hat. Einige scheinen damit nämlich Probleme zu haben.

 imageChristian Unger, Mimikama-Gastautor

 

Die Grünen haben es nicht immer einfach. Nachdem sich die politischen Mitbewerber jahrelang über frühere politische Forderungen nach ISDN-Verbot und Co. lustig gemacht haben und Cem Özdemir mit der Feststellung, “wie viel Gigabyte Strom Deutschland produziere” auch nicht gerade als Experte für die Energiewende outete, kam der Missbrauchsskandal zum Vorschein.

Es gab schon immer genug Punkte, an dem man die Grünen kritisieren konnte. Als ein früherer grüner Landtagskandidat dem damaligen FDP-Chef Philipp Rösler den NSU an den Hals wünschte bin ich auch alles andere als ruhig geblieben – das ganze schaffte es letztlich zu BILD, WELT, Focus und Konsorten. Ein Radiomoderator des NDR fragte mich denn, ob man das nicht zu groß aufziehe. Ich sagte ihm ehrlich: Ich nicht, denn ich entscheide ja nicht, welche Themen die Journalisten nun bringen und welche nicht.

Unrühmliche Zunahme der Hetze

In den letzten Jahren entwickelte sich aber insbesondere auf Facebook ein Trend, den niemand und damit auch nicht die Grünen verdient haben: Rechtspopulisten, Extremisten und Pseudo-Satiriker bastelten zahlreiche Bilderchen, wo sie Spitzenpolitikern der Grünen falsche oder zumindest verfälschte Zitate in den Mund legten.

Vorreiter dieses Trends ist Uwe Ostertag. Der Mann, der früher auch mal auf meiner Facebook-Freundesliste war und dem die FAZ einen eigenen Beitrag widmete, entwirft mit großer Vorlieber solche Fakes, die er dann mit einem sehr kleinen Hinweis versieht, dass es sich um Satire handeln würde. Witzige Elemente habe ich daran aber nicht gefunden.

Ein CDU-Politiker auf Abwegen

Jemand, der noch in meiner (allerdings ohnehin sehr umfangreichen) Like-Liste ist ist der CDU-Politiker Thomas Rudolph. Kennen Sie nicht? Nicht so schlimm, ich musste auch erst Google befragen und weiß bis heute nicht, wie und warum ich dort einen Like hinterlassen habe. Er ist Mitglied im CDU-Ortsvorstand Stuttgart-Ost und kümmert sich vor allem um Handel und Gewerbe.

Er teilte, wie viele andere auch, eines dieser Bilder, wo eine führende Grünen-Politikerin etwas Seltsames gesagt haben soll. Der Text zum Bild von Renate Künast heißt: „Renate Künast der traumatisierte Junge Flüchtling hat zwar getötet man muss ihm aber jetzt trotzdem helfen.“ Rechtschreibung und Grammatik habe ich im Original übernommen…

Es handelt sich auch hier um einen Fake

Zwar sind Politiker nicht immer für die besten Satzschöpfungen bekannt. Immerhin weiß Edmund Stoiber (CSU) bekanntermaßen, was „es heißt, Mutter von drei Kindern zu sein“ (sic!). Eine etwas bessere Grammatik ist den meisten und auch einer Frau Künast aber durchaus eigen. Ein wörtliches Zitat ist hier also schon mal ausgeschlossen.

Dennoch kann man ja durchaus prüfen, ob es etwas an sich hat. Immerhin wurde, was bei solchen Fakes selten ist, immerhin eine Quelle angegeben: Süddeutsche Zeitung, 03.12.2016. Also Google angeschmissen und kurz gesucht. Die SZ macht es einen da recht einfach, denn es gibt eine Übersichtsseite zu Renate Künast, wo alle Artikel zu sehen sind, wo sie Erwähnung findet. Ergebnis: Kein Treffer. Auch weitere Suchmaßnahmen blieben erfolglos. Zeiteinsatz: Etwa 3 Minuten. Inklusive Kaffee in der rechten Hand.

Geteilt, ohne den Inhalt zu prüfen

Die Quelle dieses Facebook-Posts ist auch nicht sonderlich seriös. Es handelt sich also um einen offenkundigen Fake. Auch Thomas Rudolph hatte zumindest gewisse Zweifel am Wahrheitsgehalt und schrieb auf seiner Facebookseite: „Ich hoffe inständig, dass sie das nicht gesagt hat und das das ein Fake ist“ (sic!)

Er hatte also durchaus die Vermutung, dass es nicht wahr ist – die 3 Minuten Zeit, es mal eben zu googeln, waren ihm es wohl nicht wert. Zumindest scheint aber inzwischen jemand die Info weiter gegeben zu haben – der Beitrag wurde inzwischen kommentarlos gelöscht. Eine Entschuldigung an Künast erfolgte zumindest nicht öffentlich.

Warum es so wichtig ist, dass man keine Fakes teilt

Viele Menschen teilen Fakes und schreiben dann dazu, dass es vielleicht auch gefälscht sein könnte. Das hat aber zwei elementare Nachteile: Erstens verbreiten sich solche Fakes dann schneller und weiter, wenn man nur den „Teilen“-Button wählt. Deshalb nutze ich nur Screenshots, wenn ich auf Fakes aufmerksam mache.

Die größere Gefahr besteht aber darin, dass „immer etwas hängen bleibt“. Bekannt ist dies beispielsweise aus der Kriminologie. Jeder, der einmal einer Straftat verdächtigt wurde, wird anschließend teilweise argwöhnisch beäugt – selbst wenn seine Unschuld einwandfrei festgestellt wurde.

Ein kleiner Ausflug in die menschliche Psyche

Dies hat einen ganz elementaren Hintergrund in der menschlichen Entwicklung, vor allem was das Lernen anbetrifft. Denn was wir als „Gutmenschen“ gerne versuchen zu vermeiden ist uns angeboren: Vorurteile. Diese können dabei in verschiedenen Formen auftauchen, die für unser Leben genauso wichtig wie gefährlich sein können.

Denn wer in der freien Natur mit gefährlichen Tieren und Pflanzen wohnt sollte ein paar Vorurteile beachten. Vieles ist natürlich angelegt, beispielsweise die bei einigen immer noch vorhandene Angst vor Spinnen. Die Arachnophobie könnte, was zumindest einige Studien nahelegen, evolutionär verankert und in unserer DNA sein. Denn jemand, der jedes Mal ausprobiert hat, ob eine Spinne oder ein Skorpion gefährlich ist, hatte weniger Überlebenswahrscheinlichkeit als jemand, der einfach draufgehauen oder weggelaufen ist.

Sprache lernen geht nur mit Vorurteilen

Auch in der menschlichen Sprachentwicklung sind Vorteile durchaus angebracht. Denn wenn wir jedes einzelne Ding und jedes einzelne Wort separat lernen würden wäre die Sprachentwicklung wahrscheinlich erst mit 30 abgeschlossen – wobei manche Mitbürger durchaus den Eindruck vermitteln, dass es bei ihnen so ist.

Lernt ein Kind den Namen zweier Tiere – beispielsweise „Hund“ und „Katze“ – wird es anhand typischer Merkmale schnell erkennen, welches Tier ein Hund und welches eine Katze ist. Sieht es nun einen Bänderlinsang, der zwar mit den Katzen verwandt ist aber eben nicht dazugehört, wird es dieses ebenfalls „Katze“ nennen. Ein Vorurteil, was aufgrund der äußeren Ähnlichkeit und dem fehlenden Wissen verständlich ist – aber eben trotzdem nicht wahr.

Zooerlebnisse

Diese Vorurteile nehmen im Erwachsenenalter übrigens nicht ab. Als ich vor einiger Zeit im Zoo Magdeburg unterwegs war, und dort war aufgrund des Wochenendes auch ordentlich etwas los, blieb ich an einem Gehege stehen und wunderte mich, warum die Tiere immer wieder auf- und abmarschierten. Ein kleines Mädchen, vielleicht 4 Jahre alt, kam mit den Eltern (Anfang 20) vorbei. Der Tierexperte war wohl der Papa, denn dieser wurde schnell gefragt, was dann denn für ein Tier sei.

Zugegeben, wenn es sich nicht gerade um Katzen, Katzenartige oder die eher selten im Zoo zu findenden Dinosaurier geht bin ich auch kein ausgewiesener Tierexperte. Die Antwort, dass es ein Schwein sei, verneinte ich ehemaliges Dorfkind (oder besser: Dorfjungerwachsener) dann allerdings recht schnell. Weder passte das Aussehen noch das Verhalten dazu.

Wer kennt schon einen Babywal?

Zugegeben: Wenn einmal ein 7-8 Meter langes Geschöpf am Strand liegen sollte, der aussieht wie ein Blauwal, werde ich wohl auch einfach behaupten, dass es sich um ein Blauwal-Baby handelt. Immerhin ist es zu klein für ein ausgewachsenes oder zumindest jugendliches Exemplar.

Vielleicht liege ich damit auch falsch, denn woher weiß ich das auch schon? Weder kenne ich die genauen Merkmale von Baby-Walen, noch kenne ich mich generell mit Walen aus. Vor allem ist mir aber auch noch nie ein Babywal über den Weg gelaufen, und niemand konnte mir in mein Gedächtnis einbrennen, ob es denn nun ein Babywal ist – oder vielleicht doch ein Mini-Exemplar oder eine andere Rasse.

Kennt Ihr eigentlich Google?

Dabei ist es, wenn man nicht gerade mit Walen schwimmen sollte, heute relativ einfach, seinen Kindern die richtige Antwort zu geben. Das gilt natürlich vor allem für den Zoo – denn da steht die Auflösung dieser Rätsel gleich mit dran. Einfach einen Blick auf das Schild am Gehege geworfen und schon hätte der Papa gewusst, dass es sich um einen Tapir handelt.

Ein einfacher, anderer Weg: Ein Bild machen, die Bilder-Rückwärtssuche anschmeißen und das Bild doch hochladen. Bei akzeptablen Bildern wird automatisch erkannt, was man dort sieht. Ich habe das einfach mal mit dem Profilbild von Andre Wolf ausprobiert – und habe sofort die Vermutung „mimikama“ heraus bekommen. Ganz fehlerfrei ist das nicht: Als Vermutung für meinen Lieblingsfußballer, Manuel Farrona-Pulido (1. FC Magdeburg) kam ein japanischer Rugby-Spieler heraus. Ähnlichkeit eigentlich gleich 0…

Fakes leicht erkannt

Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten, wie man Fakes analysieren und bewerten kann. Neben der sehr hilfreichen Bilder-Rückwärtssuche kann man auch Google sehr gut durchsuchen. Man kann dort nach Zeiten eingrenzen, nach bestimmten Wortkombinationen suchen oder auch Ergebnisse mit bestimmten Begriffen ausblenden. Für mein Studium immer sehr gut war auch die Suche nach bestimmten Dateiformaten – so bin ich an .pdf-Dateien mit Studienunterlagen anderer Unis herangekommen.

Wichtige Analysemöglichkeiten ist die Quellsuche – wenn nur ein Facebook-Bildchen aussagt, dass ein Politiker etwas völlig unmögliches gesagt hat und man sonst nichts findet kann man ziemlich sicher davon ausgehen, dass es sich um einen Fake handelt. Seriöse Beiträge besitzen meistens auch eine Quelle für ihre Aussage.

Falschinformationen brennen sich im Kopf ein

Das Problem an der ganzen Sache: Weil ein Skorpion ziemlich schnell zuschnappen kann hat die Evolution dafür gesorgt, dass sich die Menschen durchsetzen, die ein schnelles Reaktionsvermögen haben. Die anderen wurden eben erwischt, wie übrigens heute noch bis zu 5.000 Menschen jährlich. Deshalb nimmt der Mensch Informationen schnell auf und verarbeitet diese weiter. Dabei bildet man eben schon ein Urteil, besser gesagt: Ein Vorurteil.

Teilt man Fakes und jemand liest diese herrscht deshalb anschließend immer ein ungutes Gefühl. Irgendetwas bleibt eben immer hängen, denn dieses Vorurteil blieb hängen bevor wir uns das richtige Urteil bilden konnten. Selbst die dümmsten Dinger verschlechtern damit unser Bild von den Opfern solcher Hetzkampagnen. Das ist aber weder dem politischen Mitkonkurrenten gegenüber fair – noch den Menschen, die dahinter stehen.

Was zum „Zuerst denken“ gehört

Bevor man also Dinge auf Facebook, genauso wie Hörensagen im Bekannten- und Familienkreis, weiter verbreitet sollte man das mit dem „Zuerst denken“ also äußerst ernst nehmen. Dazu gehört nicht nur, dass man mal eben den Wahrheitsgehalt überprüft.

Die meisten Informationen lassen sich nämlich sehr schnell ermitteln. Auf Google kann man nicht nur die besten Plätzchenrezepte herausfinden, sondern durch den schlauen Einsatz viele Dinge schnell prüfen. Wer nämlich denken will muss sich vorab informieren.

Und vielleicht werden dann nicht mehr so viele Fakes geteilt – und mehr Kinder lernen, was ein Tapir ist.

 Christian Unger, Mimikama-Gastautor Liberaler Politiker & Blogger
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