Veränderten 14 Wölfe das komplette Ökosystem des Yellowstone-Parks?

Autor: Kathrin Helmreich

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Der Wolf gehört in ein gesundes Ökosystem. / Artikelbild: A. von Dueren - Shutterstock.com
Der Wolf gehört in ein gesundes Ökosystem. / Artikelbild: A. von Dueren - Shutterstock.com

70 Jahre lang waren Wölfe aus dem Yellowstone-Nationalpark verschwunden – vom Menschen ausgerottet und das Ökosystem veränderte sich.

1995 wurden sie wieder angesiedelt und seitdem kursiert die Geschichte, dass dank dieser Wolfspopulation die natürliche Balance wiederhergestellt wurde – doch ist das alles wirklich so einfach?

Es geht um dieses Video, in dessen Begleittext steht, dass 14 Wölfe im Park freigelassen wurden und niemand dieses Wunder erwarte hätte, das sie vollbrachten:

Romantische Darstellung oder Realität?

Der gezeigte Inhalt des Videos stimmt im Großen und Ganzen – es handelt sich aber hierbei um eine sehr vereinfachte Version von dem, was sich seit der Neueingliederung der Wölfe im Nationalpark wirklich tut.

Fakt ist, dass das Ökosystem des Yellowstone-Nationalparks aus dem Gleichgewicht geriet, als die Menschen 1926 das letzte Wolfsrudel ausgerottet hatten.

In den folgenden 70 Jahren vermehrten sich Elche und Wapiti-Rothirsche explosionsartig. Bäume wie Weiden und Espen wurden zu schnell abgefressen und konnten nicht mehr gedeihen und auch der Biber verschwand bis auf eine einzige Kolonie aus dem riesigen Nationalpark, da er nicht mehr genügend Futter fand.

Ohne die Biber zerfielen die Dämme und das Wasser sickerte weit ins Land – der Yellowstone-Park büßte große Anteile an Biodiversität ein, denn auch Insekten- und Vogelarten wanderten ab. Das Verschwinden der Wölfe hatte also Auswirkungen bis hin zum kleinsten Käfer.

1975 begann die lange Diskussion, ob es sinnvoll wäre, den Wolf im Yellowstone-Park wieder anzusiedeln. 1995/1996 wurden 31 Wölfe aus Kanada nach Yellowstone gebracht und seitdem beschäftigen sich Forscher damit, inwieweit sich die Natur im Yellowstone-Park erholt.

Studien deuten darauf hin (Update 2019), dass Wölfe wahrscheinlich zu einer größeren biologischen Vielfalt im gesamten Ökosystem des Großraums Yellowstone führen werden. Und tatsächlich: Die Biber kehren in vielen Teilen des Parks zurück* und auch die Weiden- und Espenbestände erholen sich. Bei sehr vielen weiteren Teilen steht dieser Erfolg leider noch aus.

Arthur Middelton, Post-Doc der Yale School of Forestry and Environmental Studies schreibt im Jahre 2014 ebenso über genau diese vereinfachte Version, die in den USA über die Jahre äußerst populär geworden ist: „Wir haben den Wolf wieder angesiedelt und er frisst die Rehe und einige Jahre später erblühte das Paradies und alles ist gut“.

Er weist darauf hin, dass der Wolf ein sehr wichtiges Puzzleteil darstellt – jedoch aber nicht das ganze Bild.

Tom Hobbs, Professor für Ökologie an der Colorado State University fordert ebenfalls 2016 dazu auf, die Wiedereingliederung des Wolfes komplexer zu betrachten:

Es sei äußerst sinnvoll das Raubtier wieder anzusiedeln, doch das reiche nicht aus, um ein Ökosystem komplett zu erneuern:

„Es gibt keine schnelle Lösung nach dem Ausrotten eines Raubtiers, das an der Spitze der Nahrungskette stand.“

Die Umweltbedingungen haben sich in den letzten 100 Jahren massiv verändert – das sollten wir laut Hobbs, berücksichtigen.

*Update 12.06.2019

Ergänzend zum Teil „Die Bieber kehren zurück“:

In seiner Publikation Is science in danger of sanctifying the wolf? geht der US-amerikanische Verhaltensforscher Lucyan David Mech auf einen wenig bekannten Sachverhalt ein, wonach Daniel B. Tyers – U.S. Forest Service, Gallatin National Forest – zwischen 1986 und 1999 zusätzlich 129 Bieber im Norden des Yellowstone-Parks freigelassen hatte.

Dies führt uns wieder zurück zu Arthur Middelton, der bereits 2014 dazu mahnte, alle Puzzleteile heranzuziehen und die bloße Wiedereingliederung des Wolfes nicht als eine Art Deus Ex Machina zu betrachten.

Wir bedanken uns bei unserem aufmerksamen Leser Markus C. für diesen Hinweis!

Fazit:

Die Informationen im Video sind – ganz vereinfacht betrachtet – korrekt. Der Wolf hilft mit – ist aber nicht alleiniger Retter eines kompletten Ökosystems, das im Wandel steht.

Zu den Informationen des Beitragserstellers selbst: Es hat sich um eine Population von über 30 Wölfen – nicht 14 – gehandelt und die Diskussionen der Wiederansiedelung reicht bis in die 1970er zurück. Auf gut Glück hat dort niemand Wölfe ausgesetzt… wie die Formulierung es vielleicht vermuten ließe.

Quellen:
My Yellowstone – Wolf Reintroduction Changes Ecosystem in Yellowstone
Untamed Science – Did Yellowstone wolves really save the park’s ecosystem?
The New York Times – Is the Wolf a Real American Hero?
Spiegel Online – Wölfe verschaffen Bären mehr Beeren
Status and Ecological Effects of the World’s Largest Carnivores
Water Tables Constrain Height Recovery of Willow on Yellowstone’s Northern Range

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