Wie viel Qual ist in Halal-Fleisch?

Autor: Kathrin Helmreich

Solche und ähnliche Bilder sieht man im Moment häufiger im Internet, aber wie sieht es in der Realität aus und wie sind in Deutschland die gesetzlichen Grundlagen dazu?

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Was bedeutet Halal und Koscher?

Ähnlich wie beim koscheren Fleisch im Judentum, dürfen im Islam nur Tiere gegessen werden, die für den Konsum zulässig sind, regelkonform geschlachtet wurden und nicht bereits verendet waren.

Die Tiere werden in Schlachthöfen – anders als nach mitteleuropäischen Standards – dabei ohne Betäubung mit einem speziellen Messer durch einem einzigen großen Schnitt quer durch die Halsunterseite getötet, in dessen Folge die großen Blutgefäße, sowie Luft- und Speiseröhre, durchtrennt werden. Mit dem Schächten soll das möglichst rückstandslose Ausbluten des Tieres gewährleistet werden. In der Tora ist das Blut der Sitz der Seele und darf daher nicht verzehrt werden. Aus dem Grund muss das Tier geschächtet werden, damit das Blut vollständig aus dem Körper heraus fliest. Ebenso muss koscheres Fleisch vor der Zubereitung gewässert, gesalzen und gespült werden, um das Fleisch von Blutresten zu befreien.

Also, sowohl im Islam als auch im Judentum werden Tiere geschächtet.

Was ist Schächten?
Schächten ist das rituelle Schlachten von koscheren Tieren, insbesondere im Judentum und im Islam.
Mit dem Schächten soll das möglichst rückstandslose Ausbluten des Tieres gewährleistet werden. Der Verzehr von Blut ist sowohl im Judentum als auch im Islam verboten.
Das jüdische Schächten erfolgt ohne vorgängige Betäubung des Tieres, da nach jüdischer Auffassung das Tier durch die Betäubung verletzt und das Fleisch dadurch zum Verzehr unbrauchbar wird.

Gesetzliche Grundlage des Schächtens.

Das Schächten ist in Deutschland grundsätzlich nach §4 des TierSchG nicht gestattet, das Töten von Wirbeltieren ohne Betäubung ist untersagt.

https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__4.html

Als Betäubung bei der Schlachtung ist in Deutschland die Betäubung mittels Elektroschock die häufigste Methode, auch der Bolzenschuß beim Rind gilt als Betäubung und ist weit verbreitet.

Das Tierschutzgesetz lässt aber nach §4a Ausnahmen für Religionsgemeinschaften zu, daher wurde bisher beim Schächten im Judentum grundsätzlich die Ausnahmegenehmigung erteilt, während dieses muslimischen Gläubigen oft verwehrt wurde.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (Schächturteil) werden auch muslimischen Metzgern Ausnahmegenehmigungen zum betäubungslosen Schächten erteilt, sofern das Fleisch des getöteten Tieres von Personen verzehrt wird, denen zwingende religiöse Vorschriften den Verzehr des Fleisches nicht geschächteter Tiere verbieten.

Ob Fleisch eines durch Elektroschock betäubten Tieres als halāl gelten kann, ist unter Sunniten umstritten. Unter Aleviten wird das Helal-Gebot, basierend auf einer mündlichen Tradition, anders als bei den Sunniten ausgelegt, rituell erfolgt bei den Aleviten die Schächtung ohne Betäubung.

Das Schächten muss jedoch von einer sachkundigen Person in einem zugelassenen und registrierten Schlachtbetrieb erfolgen und vom zuständigen Veterinäramt überwacht werden. Die Einfuhr von geschächtetem Fleisch ist jedoch in jeder Hinsicht legal.

Ist das Schächten Tierquälerei?

Hier gehen die Meinungen und Auffassungen deutlich auseinander.

Die Befürworter dieser Methode argumentieren, dass bei korrekter Ausführung des Schächtschnittes ein schnelles Ausbluten sichergestellt sei, da es zu einem schlagartigen Abfall des Blutdrucks und damit zu einer Unterbrechung der Sauerstoffversorgung des Gehirns komme. Hierdurch trete bereits nach kurzer Zeit eine Bewusstlosigkeit ohne nennenswerte Schmerzen ein. Grobe Fehler beim Schächten seien zweifellos als ebenso qualvoll für das Tier anzusehen, wie grobe Fehler jeder anderen Schlachtmethode.

Dies ist besonders wichtig, um den Unterschied zur herkömmlichen Schlachtung klar zu stellen. Denn besonders eine unvollständige Betäubung vor dem Kehlschnitt in der herkömmlichen Schlachtung, bedeutet für das Tier deutliche Schmerzen, Leiden und Qualen, die laut Tierschutzgesetz deutlich zu vermeiden sind.

Eine 1978 veröffentlichte Studie von Forschern der Tierärztlichen Hochschule Hannover deutet auf die Abwesenheit von Schmerzreizen beim Schächten hin. Ziel der Studie war die „Objektivierung von Schmerz und Bewusstsein“ der Tiere, um objektiv gültige Urteile bezüglich des Tierschutzes zu erlangen, da die diesbezügliche Diskussion bisher weitestgehend mit subjektiven und emotional geprägten Argumenten geführt worden war. Die EEG-Messungen der Untersuchung zeigten vor und nach dem Schächtschnitt unveränderte Hirnströme, wohin gegen die Bolzenschussbetäubung im EEG auf deutliche Schmerzen hinwies. Die Wissenschaftler zogen daher folgendes Fazit: „Die hierbei in vergleichender Untersuchung gewonnenen Einblicke in sinnesphysiologische Abläufe beim Schlachten dieser Tiere, weichen z. T. erheblich von bisherigen Vorstellungen ab.“

(W. Schulze, H. Schultze-Petzold, A. S. Hazem, R. Gross: Versuche zur Objektivierung von Schmerz und Bewußtsein bei der konventionellen (Bolzenschußbetäubung) sowie religionsgesetzlichen („Schächtschnitt“) Schlachtung von Schaf und Kalb. Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1978 Feb 5; 85 (2), S. 62–66 W. Schulze, H. Schultze-Petzold, AS. Hazem, R. Gross: [Versuche zur Objektivierung von Schmerz und Bewußtsein bei der konventionellen (Bolzenschußbetäubung) sowie religionsgesetzlichen („Schächtschnitt“) Schlachtung von Schaf und Kalb]. In: Dtsch Tierarztl Wochenschr. 85, Nr. 2, 5. Februar 1978)

Die Bundestierärztekammer lehnt das Schächten von unbetäubten Tieren ab und hat einen erweiterten §4a vorgeschlagen, bei dem die reversible Betäubung des Tieres zur Schlachtung erlaubt werden soll, um den Religionsgemeinschaften das Schächten zu ermöglichen.

§ 4a
(1) Ein warmblütiges Tier darf nur geschlachtet werden, wenn es vor
Beginn des Blutentzugs betäubt worden ist. Die Betäubung muss mit
irreversiblen Methoden vorgenommen werden. Die Anwendung einer
reversiblen Methode bedarf der Ausnahmegenehmigung durch die
zuständige Behörde.
(2) (streichen)
Begründung zu §4a (1): Die Anwendung irreversibler Methoden stellt
die Bewusstlosigkeit des Tieres zum Zeitpunkt des Tötens sicher, da
ein Aufwachen nicht mehr möglich ist. Reversible Methoden können für
religiös begründete Schlachtungen genehmigt werden. Es gibt
anerkannte reversible Methoden zur Betäubung, bei deren Anwendung
das Fleisch der geschlachteten Tiere dennoch als koscher bzw. halal
vermarktet werden kann.
Zu §4a (2) 1.:Diese Ausnahmeregelung ist aus tierärztlicher Sicht nicht
nachzuvollziehen: Ein Bolzenschussgerät muss vorhanden sein, wenn
eine Notschlachtung durchgeführt werden soll. Falls dies nicht möglich
ist, muss das Tier durch einen Tierarzt euthanasiert werden. Die
Ausnahmeregelung entspricht nicht mehr der Lebenswirklichkeit, da
fachkundiges Personal bzw. ein Tierarzt heutzutage immer in kurzer
Zeit vor Ort sein kann.
Zu §4a (2) 2 und 3.: Die Bundestierärztekammer schlägt vor, die
Nummern 2 und 3 ersatzlos zu streichen und die religiös begründete
Schlachtung stattdessen durch die neue Formulierung in §4a(1) zu regeln.

So steht der Gesetzgeber vor der fast unlösbaren Aufgabe, das Grundrecht der Religionsfreiheit gegen das Grundrecht des Tierschutzes aufzuwägen.

Im Grunde genommen, würde man das Problem des Schächtens durch ein Verbot auch nur ins Ausland verschieben, da die Einfuhr von Halal- und koscherem Fleisch ja nicht verboten ist.

In vielen muslimischen Ländern wird heute allerdings auch mit einer kurzzeitigen Betäubung geschlachtet, während das im Judentum als Verletzung des Tieres angesehen wird und daher nicht geschieht.

Ein Schächten außerhalb von Deutschland, mit Einfuhr des Fleisches nach Deutschland, (was ja immer legal war), heißt aber auch, dass die Tiere nicht unter der Aufsicht des Tierschutzgesetzes getötet werden. Aus dem Grund ist dieses Problem nicht einfach zu lösen.

Man sollte sich grundsätzlich mit Schlachtungen (ob konventionell oder Schächten) und dem Tierschutzgesetz auseinandersetzten, denn ein Fehler bei jeder Art der Schlachtung kann eben zu Schmerzen und Leiden des Tieres führen, während eine sachgerechte Schlachtung dieses zu verhindern sucht.

Zu diesem und ähnlichen Bildern im Netz ist und bleibt zu sagen, dass diese mit Sicherheit nicht in Deutschland aufgenommen wurden und sich diese Zurschaustellung weder mit dem religiösen Schächten, noch mit der Ethik des Tierschutzgesetzes in Vereinbarung bringen lassen.

Ob die Schächtung grundsätzlich eine Tierquälerei darstellt, lässt sich also nicht abschließend sagen, aber auch bei der konventionellen Schlachtung werden die Tiere nicht zu Tode gestreichelt.

Autor: Anke M. Mimikama.at

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