Waren die Anschläge von Brüssel ein „False Flag“? – Beweislage: Ungenügend!

Autor: Ralf Nowotny

“The Brüssel-Files” oder doch wieder nur eine Behauptung ohne zuverlässige Quelle? Hat da jemand wirklich eine große Verschwörung aufgedeckt? Diese Frage stellen wir uns zunächst, machen uns aber direkt auf zur Antwort!


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Als ob terroristische Anschläge nicht schon schlimm genug wären, gießen manche Blogs noch ein wenig mehr Öl ins Feuer: So wird behauptet, die Explosionen im Brüsseler Flughafen seien nicht etwa dem IS zuzuordnen, sondern seien ein „False Flag“ gewesen, also ein vorgetäuschter Anschlag. Wir schauen uns mal die angeblichen Beweise an.

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„False Flagg in Brüssel immer wahrscheinlicher. Erst das Überwachungsvideo und jetzt das Testament im Mülleimer. Da soll man nicht an False Flagg denken?“

…behauptet verschwörerisch der BlogIch frag mich“.

Was ist ein „False Flag“?

Der Begriff der „falschen Flagge“ kommt ursprünglich aus der Seefahrt und bezeichnet eine verdeckte Operation unter Vorspiegelung falscher Tatsachen. So zogen Piraten eine falsche Flagge hoch, um feindliche Schiffe in Sicherheit zu wiegen.

Wie wird jene „False Flag“ begründet?

Jene konkrete Vermutung geht von einer großen Verschwörung aus. Viele Menschen, auch der Autor jenes „Ich frag mich“-Blogs, vermuten hinter fast allen großen Terroranschlägen eine geheime Regierungsmacht, die absichtlich Angst unter der Bevölkerung streut, um Kriege und mehr Überwachung begründen zu können. Die Existenz echter Terroristen wird nahezu ausgeschlossen, existierende Terrororganisationen wie der IS werden als „von den USA gesteuert“ bezeichnet und seien nur dazu da, dem Volk einen Feind servieren zu können.

Nun hat der Blog „Ich frag mich“ zwei Videos miteinander verglichen und Ähnlichkeiten festgestellt, die in dem Artikel aufgezeigt werden.

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Hier zeigt der Blog auf, dass das angebliche Video aus dem Brüsseler Flughafen in Wirklichkeit aus dem Jahr 2011 stammt, als es einen Anschlag im Moskauer Flughafen Domodedovo gegeben hat.

Stimmt das etwa?

Zumindest für ein paar Stunden stimmte das tatsächlich. Wie wir an anderer Stelle berichteten, stürzten sich schon kurz nach den Brüsseler Anschlägen Medien wie z.B. der Focus und die Huffington Post auf gefälschte Youtube-Videos, die das alte Video von 2011 zeigten und als „neu und aktuell“ hochgeladen wurden, ohne auch nur ein wenig Quellenforschung zu betreiben. Nachdem jene Medien auf ihren Faux Pas aufmerksam gemacht wurden, nahmen sie peinlich berührt ihre Artikel zurück.

Also hat der Blog doch recht. Oder?

Nicht so ganz. Denn nun kommen wir zu den Videos, die er verglichen hat, und da zeigt sich, dass er anscheinend nur einen kurzen Blick auf das „falsche“ Video warf.

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Der Youtube-Kanal „Paranormal Channel“, den man ganz sicher nicht zu den Leitmedien zählen kann, veröffentlichte einen Tag nach den Anschlägen ein knapp 5 Minuten langes Video, welches, unterlegt von der Stimme eines Reporters, Bilder von Überwachungskameras und Handyaufnahmen zeigt.

Und hier zeigt sich, dass auch der „Paranormal Channel“ schlampig recherchiert hat: Die ersten 48 Sekunden des Videos zeigen ebenfalls das Video der Überwachungskamera in Moskau von 2011. Der Rest des Videos zeigt wirklich aktuelle Aufnahmen aus Brüssel.

Was ist von der Videoquelle zu halten?

Wir können an dieser Stelle nicht sagen, ob der „Paranormal Channel“ einfach nur schlecht recherchiert hat oder ebenfalls auf die oben genannte Schlamperei von diversen Medien hereingefallen ist. Was wir allerdings sagen können: diesem Youtube-Channel sind wir schon mehr als einmal über den Weg gelaufen.

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Sowohl die Mär vom 800 Jahre alten Handy als auch die der plötzlich schwebenden Autos an einer Kreuzung in China sind beides Hoaxes, mit denen wir uns beschäftigten. Bei dem Handy handelte es sich um einen Scherz eines österreichischen Kunsthandwerkbetriebes von 2012, bei den augenscheinlich schwebenden Autos um ein im Video nicht sichtbares Kabel, welches von einem Auto mitgerissen wurde und daraufhin die anderen Fahrzeuge anhob.

Fazit:

Der Blog „Ich frag mich“ hat insofern recht, dass diverse Medien in den ersten Stunden nach den Brüsseler Anschlägen ein falsches Video von 2011 als aktuelles Video zeigten. Von einer „False Flag“ kann man da keineswegs reden, sondern eher von Schlampigkeit, da einige Medien schneller berichten wollten als andere und deshalb nicht überprüften, ob das Video auch aktuell sei.

Kurze Zeit später nahmen jene Medien die Meldung auch wieder zurück oder korrigierten sie. Da dem Blog „Ich frag mich“ dies aber wohl zu schnell ging, zog er nun eine andere Quelle heran, nämlich den Youtube-Kanal „Paranormal Channel“, der zum einen kein „Mainstreammedium“ ist, zum anderen schon öfter durch Fakes und Hoaxes aufgefallen ist.

Als Schlussfolgerung sieht der Blog nun auch das gefundene Testament eines Attentäters als Teil des nicht vorhandenen „False Flags“ an, um seine falschen Behauptungen zu unterstützen. Einen Beweis, warum es kein solches Testament geben könne, erbringt der Blog nicht, es bleibt bei der Behauptung.

„False Flag“-Operationen sind keine Seltenheit, sondern gab es schon immer und gibt es sicherlich auch heute noch. In diesem Fall jedoch liegt der „Ich frag mich“-Blog grundlegend falsch, da sich jener Artikel auf unzuverlässige Quellen und reinen Behauptungen berufen hat.

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