Vielleicht hätte er jemanden fragen sollen …

Autor: Andre Wolf

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… der sich mit so was auskennt. Dann hätte er nicht soviel Unsinn aufs Papier gebracht. “Der Gipfel der Frechheit in der BRD!” ist im Grunde ein Gipfel der Zusammenreimerei. Ganz ohne Quellen.

Doch! Eine Quelle gibt es, die wird sogar direkt am Anfang genannt: “Ein Freund hat mich gerade angerufen und mir berichtet, dass ein Arbeitskollege eines Bekannten von ihm in Karlsruhe […]”. Ja, damit können wir an dieser Stelle eigentlich aufhören. Die Nennung des Bekannten eines Arbeitskollegen eines Freundes als Quelle zu nennen reicht im Grunde schon für eine vollwertige Analyse aus. Oder nicht?

Nein, wir sind so fair und geben den Behauptungen eine Chance, sich prüfen zu lassen. Für all diejenigen, welche noch nicht wissen, worum es geht: wir beziehen uns hier auf einen Artikel der Seite brd.uy (BananenRepublikDeutschland), in welchem die Rechnung aufgestellt wird, dass Vermieter für die Aufnahme von Asylbewerbern massig Geld bekommen (letztendlich sogar ein Vielfaches gegenüber einer normalen Vermietung) und somit in Zukunft wohl kein Vermieter mehr die eigene Wohnung auf normalem Wege vermieten würde.

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(Screenshot: Facebook, öffentlicher Status)

Dieser Artikel wurde bei uns mehrfach in den letzten beiden Tagen angefragt, da er auf Facebook vielerorts verteilt wird.

Ab auf den Prüfstand

Ziehen wir also die Werkstattlatzhose an und rollen wir den Artikel auf die Hebebühne. Lampe an und drunter schauen. Was sagt er uns? Ziehen wir zunächst die Zahlen aus dem Artikel. Die Behauptungen sind:

  • 5000 € Steuerfrei
  • pro Person 700 € Miete
  • bei 4-köpfiger Familie also 2800 € pro Monat

Halten wir uns nochmal vor Augen: Quelle dieser Zahlen ist “Ein Freund hat mich gerade angerufen und mir berichtet, dass ein Arbeitskollege eines Bekannten von ihm in Karlsruhe […]”. Suchen wir an dieser Stelle erst auf einfachem Wege Zahlen, welche offiziell als Mietzahlungen für Flüchtlinge genannt werden. Ein Glück, dass es Suchmaschinen gibt.

So findet man beim WDR zum Thema “Wohnraum für Flüchtlinge” folgende Angaben:

Die überwiegende Anzahl der wohnungssuchenden Flüchtlinge ist momentan noch auf Sozialleistungen (Jobcenter, Grundsicherung, Asylbewerberleistung) angewiesen und haben daher Anspruch auf die Kostenübernahme für eine Unterkunft. Jobcenter oder Sozialamt kommen also in der Regel für die Miete auf.

Die Stadt Düsseldorf gibt ebenfalls eine offizielle Auskunft:

Zurzeit beläuft sich die Mietobergrenze auf einen Betrag von 7,75 Euro bis 9,45 Euro Netto-Kaltmiete inklusive kalte Betriebskosten. Die Heizkosten werden gesondert berechnet. Einzelheiten zur Angemessenheit der Miethöhe können im individuellen Gespräch geklärt werden.
Darüber hinaus wird der individuelle Wohnraumbedarf je nach Größe des Haushaltes festgelegt. Für eine Person gilt eine Wohnungsgröße bis 50 Quadratmetern als angemessen; sie erhöht sich um jeweils 15 Quadratmeter bei jeder weiteren Person.

Fasst man diese Informationen zusammen und nimmt die konkreten Zahlen aus dem WDR Artikel, dann bedeutet das:  Eine Wohnung sollte aus bis zu 50 qm bestehen, um einen Flüchtling dort unterbringen zu können. Dann ist es vom Mietspiegel der jeweiligen Stadt abhängig, wie hoch die Miete ist. Für Düsseldorf wird 407 € + Heizkosten genannt, Eschweiler 379 € und Frechen 330 €, natürlich jeweils + Heizkosten. Wenn nun die Wohnung bis 65 qm groß ist, können zwei Personen untergebracht werden und die Miete darf 100 € höher sein. Bis 80 qm dann 3 Personen, 95 qm kann an 4 Personen vermietet werden. Dann steigt auch jeweils der Mietpreis um 100 €.


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Der Mietspiegel ist immer abhängig von der Kommune und von der Wohnlage. Die Entwicklung des Mietspiegels einer ländlich gelegenen Kommune ist zum Beispiel an dieser Stelle einsehbar: Mietspiegel Versmold 2013. Bei guter Wohnlage (!) liegt man hier bei maximal 7,35€ pro qm im Monat, das ergäbe bei eine 50 qm Wohnung in guter Lage 367,50 € Miete. Bei normaler Wohnlage entsprechend geringer.
Nun hängt es von jeder Kommune selbst ab, wie die Mieten ausfallen. Manche zahlen über der ortsüblichen Miete aufgrund erhöhter Abnutzung. Jedoch wird der Mietspiegel zu Grunde gelegt. In Fällen, wo Wohnraum knapp ist, wird in einigen Städten zudem durchaus ein höherer Mietpreis gezahlt.

Karlsruhe

Karlsruhe hat in der Tat einen recht hohen Mietspiegel bei kleinen Wohnungen und liegt somit über dem Bundesdurchschnitt. Nach verschiedenen Angaben aht zum Beispiel eine Wohnung mit 30qm durchaus einen Mietpreis von 15 € pro qm (Quelle: Wohnungsbörse.net). Dennoch kommt man auch bei dieser Konstellation nicht auf die 2800 € pro Monat für 4 Personen, speziell wenn man wieder die größeren Wohnungen, in denen 4 Personen leben können (also bis zu 95qm) in Betracht zieht, sinkt der Preis wieder auf  unter 10 € pro qm. Der Focus nennt sogar nur einen Mietspiegel von 7,30 € pro qm für eine Wohnung von 35qm.

Sprich: Karlsruhe mit seinem Hohen Mietspiegel auf kleine Wohnungen kann nicht als bundesweiter Maßstab genommen werden und selbst dann ist es nicht möglich, bei vier Personen in einer Eigentumswohnung generell auf 2800 € zu kommen.

Stellen wir gegenüber

  • Pro Person 700 € Miete? In Städten wie Düsseldorf gibt es für eine Wohnung bis 50 qm um 407 € an Mietzahlungen. Karlsruhe liegt zwar höher aber auch da kommt man schwer auf pauschal 700 €.
  • 2800 für vier Personen? Nein, die Miete vervielfacht sich nicht, sondern wächst pro Person und 15qm um nur 100 €. Am Beispiel Düsseldorf also 707 € Miete auf bis zu 95 qm Wohnfläche.
  • Steuerfreiheit? haben wir nirgends gelesen. Aber es gibt zinsgünstige Darlehen zur Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge und Asylbewerber.

Diese verrückte These der Ausquartierung von Deutschen zu Gunsten höherer Mieteinkünfte bundesweit zu propagieren, ist natürlich Unsinn. Also wenn bei mir nun “Ein Freund hat mich gerade angerufen und mir berichtet, dass ein Arbeitskollege eines Bekannten von ihm in Karlsruhe […]” die Quelle wäre, dann würde ich mit diesem Freund wahrscheinlich schnell auf das Thema “Zulassung von tiefergelegten Einhörnern im Straßenverkehr” umschwenken, denn davon wird er wahrscheinlich mehr Ahnung haben. Wie man nun auf diese Zahlen gekommen ist, wissen auch wir nicht.

Das Thema “Zinsfreiheit”

Was der Autor des “Gipfel der Frechheit” Artikels als Steuerfreiheit verkaufen wollte, mögen wahrscheinlich die zinsgünstigen Darlehen zur Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge und Asylbewerber sein, welche man bekommt, sollte man Wohnraum für Flüchtlinge schaffen. Damit sollen diese Kosten gedeckt werden. Diese Darlehen sind jedoch an Bedingungen geknüpft, wie zum Beispiel eine Zweckbindung, je nach Vertrag und Kondition bis zu 25 Jahren Belegungsbindung.

Diese Konditionen und Darlehen sind sauber und ausführlich auf der Seite NRW Bank zu lesen.

Andere Fälle

Ja, es gibt sie, diese krassen Fälle, in denen diese Wahnsinnszahlen auf den Tisch kommen. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um die normale Eigentumswohnung, so wie der Autor des “Gipfel der Frechheit” Artikels es beschreibt, sondern an diesen Stellen rücken Hotelbetreiber oder Firmen in die Kritik, welche sich auf, sagen wir mal “Selbstkostengünstige” Unterbringung zu maximaler Miete spezialisiert haben. Die WELT schrieb am 15. September 2015 über exakt diese Phänomene:

80 Flüchtlinge eingepfercht – 2800 Euro Miete pro Tag
Wer Flüchtlinge einquartiert, bekommt Geld vom Staat. Die garantierten Einnahmen locken dubiose Vermieter. Hostel-Betreiber etwa zwängen Dutzende Menschen auf engsten Raum – und kassieren Traummieten.

Ebenso auch private Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, ein Maximum an Personen für ein Minimum an finanziellem Aufwand unterzubringen. Wie jedoch bereits gesagt, hier befinden wir uns nicht mehr auf dem Feld des normalen privaten Vermieters, der eine Eigentumswohnung vermietet.

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