Und plötzlich – Schweigen

Autor: Jens | ZDDK | MIMIKAMA

Ich sitze hier am Kopfende meines Tisches, den meinigen, also den Kopf nicht das Ende, in beide Hände gestützt, schaue aus dem Fenster und sehe dem Gewusel der Schmetterlinge rund um die Terrasse zu. Entspannung pur.

Auf dem Tisch liegt das Handy summt und vibriert vor sich hin, mir verzweifelt mitteilend, dass wieder irgendwo irgendwelche Meldungen reingespült wurden, Facebook, Twitter, Instagram und wie sie nicht alle heißen, aber meine Motivation diesen summenden Vibrationen nachzugeben, ist gerade aus der Terrassentür rausgelaufen und plantscht durch das selbige Becken.

Ich weiß ja auch ganz genau, was mich da erwartet, vor nicht allzu langer Zeit wurden wir mit Katzenbildern und -Videos zugeworfen, aber die, die damals Katzenfotos teilten, schmeißen heute seltsame Parolen durch den virtuellen Äther, selbstredend ohne sie zu hinterfragen, weil es ja mal gesagt werden musste, weil sie nur Spaß haben wollen, weil sie die anderen zum Nachdenken anregen wollen, aber auf Hinweise auf den geteilten Unsinn (inkl. Quellen die belegen, dass der Sachverhalt ein völlig anderer ist) mit den Worten reagieren „es ist schwer geworden etwas zu posten ohne darüber nachzudenken, oder man muss recherchieren, dazu habe ich aber keinen Bock.“ – da geht dann jegliche mentale Grundlage für eine differenzierte Diskussion verloren, wie soll es gehen, wenn man ungleichen Waffen antritt?

Wo sind nur die Katzenbilder hin, die Urlaubsfotos, Strand- und Bergpanoramen?

Da stellt sich dann die Frage, wo sind nur die Katzenbilder hin, die Urlaubsfotos, Strand- und Bergpanoramen? Alles ist verflogen, seit Jahren wurde es weniger, die Bilder wurden durch mehr oder weniger sinnvolle „Memes“ ersetzt, teils lustig, teils verletzend und manche von einer Orthographie unterwandert, dass es einem den Duden aus dem Regal schleudert, selbst bekannte Mediengruppen machen da keine Ausnahme.

MIMIKAMA

Bei Hausmeister Krause hieß es seinerzeit „Alles für den Dackel, alles für den Club.“

Die Kommunikationen in den sogenannten sozialen Netzwerken, nein nicht nur da, sondern auch im Internet im Allgemeinen läuft immer mehr nach genau dem Schema ab, nur das es eben nicht für den Dackel und den Club ist, hier gilt

„Alles für das Like, alles für ein Share.“

Das Leben und die Information rasen nur noch mit Lichtgeschwindigkeit aus uns vorüber. Selbst im Urlaub hängen wir mit fiebrigen Augen an dem kleinen Display unseres Smartphones und sind zwar körperlich am Strand der Malediven, aber im Geiste in Singapur, Hongkong, in Berlin am Schreibtisch, weil der Chef etwas wissen MUSS.

Der Sinn eines Urlaubes entgleitet immer mehr unserer Kontrolle, statt das Leben für entspannende zwei Wochen zu entschleunigen, rennt es mit unvermittelter Geschwindigkeit weiter. Urlaub wird nicht mehr nach dem Land, den Leuten, der zu besuchenden Kultur ausgewählt, viel wichtiger als Essen und Natur ist, ob das Hotel einen freien WLAN Zugang bietet, damit wir, sobald wir angekommen sind auch unmittelbar unsere ersten Eindrücke, unser Zimmer aller Welt zeigen können, ob sie es interessiert oder nicht.

Schlimmer noch ist die nächste zu beobachtende Folge dieses Hotelservice ob Halb- oder Vollpension, Frühstück, Mittag, Abendessen werden fotografiert und verteilt, hört es damit auf?

Nein, denn dann sitzt die gesamte Familie zwar körperlich vereint am Tisch, aber geistig sind sie hier genauso weit voneinander entfernt, als wenn sie zu Hause wären. Eine echte Unterhaltung miteinander findet schlicht nicht statt. Immer wieder höre ich aus meinem Freundeskreis von diesem Phänomen bis hin zu Beziehungen, die sich lediglich übers Smartphone unterhalten, auf Geburtstagen dasitzen und mehr auf ihr Smartphone schauen als sich an den Gesprächen beteiligen, oder die Clique, die zwar gemeinsam in der Kneipe sitzt aber doch nur über das Netz miteinander redet, hin und wieder werden dann irgendwelche Bilder und Memes rumgezeigt, ist doch traurig. Ich erwarte keinen Rückfall in prähistorische Zeiten mit Wählscheibentelefonen, denn auch seinerzeit war eine Zeit in der früher alles besser war. Früher saßen wir auch mal auf Bäumen, der Fortschritt geht weiter, aber wir selber bestimmen wie wir damit umgehen.

Likegeilheit

Likegeilheit in Form von Memes „Stimmt auch ihr ab 😀 für JA – ;( für NEIN“ häufen sich, auch und grade von den alteingesessenen Medien, echt etwas für das schnelle Fremdschämen zwischendurch. Schlimmer noch als die, sind dann die „Schreibt AMEN bevor ihr weiter scrollt“ Honks, die sich mit der Not anderer ihr Like und Share Konto auffüllen und am Ende doch nur ihr eigenes kleines verschrumpeltes Ego gestreichelt haben wollen.


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Gravierender ist der ungebremste Strom an Nachrichten, versteht mich nicht falsch, ich bin für offene Informationen, aber wenn ein Journalist sich keine Zeit mehr nehmen kann, eine ihm zugetragene Information sauber und lückenlos zu recherchieren, sondern vielmehr im Minutentakt Spekulationen posten muss, damit seiner Zeitung keine Aufmerksamkeit, kein like, kein share verloren geht.

Der Klick ist der Kick

Der Klick ist der Kick, damit haben seriöse Medien weitaus mehr zu kämpfen als jene, die lediglich Unfrieden, Hass, Angst und Zwietracht säen wollen, die nehme einen Sachverhalt und legen ihre „üblichen Verdächtigen“ Schablone an und fertig ist die „brandaktuelle Enthüllungsstory“.

Was aber wäre, wenn ein „KitKatVirus“ den sozialen Netzwerken für unbestimmte Zeit eine Pause verordnen würde? Jedes Mal, wenn wir Facebook öffnen strahlt uns ein freundliches „Have A Break“ entgegen. Twitter meldet mit #haveabreak ein out of order, Instagram teilt uns mit einem gebrochenen Schokoriegel „Mach mal Pause“ so zieht es sich durch alle sozialen Netzwerke.

Was würde sich ändern?

Den internationalen Handel eher nicht, die kommunizieren auf anderen Wegen über das Internet. Hauptsächlich würde es, neben den Unternehmen, die sich auf soziale Netzwerke eingestellt haben, uns Nutzer treffen.

Unser Konsum würde sich grundlegend wandeln. Wir könnten uns nicht mehr mit einem bunten Sammelsurium von Überschriften informiert fühlen.

Wir könnten nicht mehr mit einer einfachen App durch einfachen wischen, irgendwelche Memes mit fragwürdigen Informationen teilen, selbige Informationen könnten auch nicht im Sekundentakt in 140 Zeichen in die virtuelle Luft gezwitschert werden, das entlastet dann auch die absonderlich furzenden Daseinsformen und ihre Praktikanten, sowie Klappervögel und Angler. Es kann, zumindest spontan, niemand mehr mausrutschen.

Mit anderen Worten die schnelle Formel 1 der Nachrichtenraser wird ausgebremst.

Informieren können wir uns dennoch, entweder auf althergebrachte Weise, mit der Tagespresse, die ja mittlerweile auch reichhaltig erweitert wurde, da ist ja für jede Fantasie und Grundidee etwas dabei, oder auf einem der vielen TV Nachrichtensender.

Oh und in einem der vielen Internetforen, die es ja auch weiterhin geben wird, da sie nicht generell unter den Begriff soziales Netzwerk fallen.

Ja, der Weg dorthin ist etwas aufwendiger und mit der simplifizierten kognitiven Leistungsschallmauer mancher nicht unbedingt machbar, aber so wirklich tragisch ist das auch wieder nicht, würden sie doch aufgrund der Komplexität eines gut geführten Forums durch die interaktive Reizüberflutung glattweg in eine mentale Schockstarre verfallen aus der sie nur sehr schwer und unter Aufbietung einer gesamten Staffel „Dschungelcamp“ wiedererweckt werden könnten.

Der selbstgemachte Druck der Medien über jeden noch so kleinen Schiss bei ihrer Recherche informieren zu müssen, um ja die ersten zu sein, die darüber berichten, entfällt, weil es die Plattformen dazu erstmal nicht mehr gibt.

Gebt uns doch mal die Chance, Fakten zu schaffen

Damit wäre dann der Wunsch, den der Pressesprecher der Münchner Polizei hervorragend formuliert hat, erfüllt „Gebt uns doch mal die Chance, Fakten zu schaffen“ – durch die Verlangsamung des selbstaufgezwungenen Informationsstroms, schreiben die Journalisten nicht mehr blindwütig bei jeder greifbaren Quelle ab und es entsteht eine neuerliche sanfte vernünftige Symbiose von Aufklärung, Ermittlung und Information, von der am Ende wir alle nur profitieren können.

Natürlich ist dies nur ein Gedanke, der mich beim Beobachten der Schmetterlinge umgab, natürlich werden wieder einige sagen mein Text sei ihnen zu lang, natürlich gestehe ich ihnen dieses Gefühl gerne zu, ebenso natürlich lasse ich mich davon nicht beeinflussen und bleibe bei meiner Art zu schreiben, natürlich sind wir alle selber dafür verantwortlich, wie wir mit den uns zur Verfügung stehenden Informationen umgehen, wenn schon die Journalisten aus Angst nicht auf die Bremse treten wollen, vielleicht sollte es dann jeder einzelne von uns selber in die Hand nehmen, hin und wieder einmal mehr aus dem Fenster schauen und das Smartphone summend und vibrierend um Aufmerksamkeit bettelnd liegen lassen, stattdessen die Welt da draußen mit eigenen Augen sehen, während beide Hände eine Tasse dampfenden Kaffee halten.

Oh, bevor Fragen aufkommen Tee oder Kakao geht auch, letzterer mit oder ohne Sahne.

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