Faktencheck: Tattoo-Studios für Tiere?

Autor: Kathrin Helmreich

Faktencheck: Tattoo-Studios für Tiere?
Faktencheck: Tattoo-Studios für Tiere?

Ein Postbotentattoo für Bello und für Minka ein schicker ägyptischer Totengott? Sind Tattoo-Studios für Tiere bald gang und gäbe?

Viele viele Anfragen erreichen uns zu diesem Artikel hier:

Quelle: öffentlicher Facebookstatusbeitrag / Screenshot by mimikama.org
Quelle: öffentlicher Facebookstatusbeitrag / Screenshot by mimikama.org

Schaut mal was wir gerade bekommen haben! Nun gibt es in der Tat schon #Tätowierungsstudios für#Tiere?! Und was sagt der Tierschutz dazu? Das ist doch krank!
Unsere Freunde von Asociación Animalista Libera sind auch entsetzt! Was kommt als nächstes?
Unglaublich! Wie findet ihr das?
#Netzfrauen
https://netzfrauen.org/2017/01/08/hunde/

Der Faktencheck

Die Online-Präsenz Netzfrauen ist uns kein unbekanntes Blatt. Bereits in der Vergangenheit erhielten wir unzählige Anfragen zu verschiedenen Artikeln der Netzfrauen.

Dabei behelfen sie sich immer wieder so genannter Click-Baits, die, wie in diesem Fall, noch nicht einmal zum richtigen Thema führen oder auch zu Halbwahrheiten, die unreflektiert publiziert werden.

Man erinnere sich an #puschelgate aus dem Jahre 2015 oder auch „Das schmutzige Geschäft mit abgetriebenen Föten„, das zwar auf einem wahren Kern beruht, jedoch viele Informationen fehlen, sodass beim Leser durchaus eine gefühlte Wahrheit entstehen kann.

Die Artikel der Netzfrauen sind mit Vorsicht zu genießen bzw. raten wir dazu, sich kritisch mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Auch wenn sich nur selten komplette Fakes finden lassen, sind jedoch viele halbwahre Beiträge dabei, die zudem noch in großen Teilen von anderen Seiten kopiert wurden und nicht alle Fakten enthalten!

Wenden wir uns nun also der Behauptung zu, dass es bereits Tattoo-Studios für Tiere geben soll:

Dies sind nicht die ersten Bilder tätowierter Katzen (aber auch Hunden), die im Netz aufgetaucht sind.

Mit einem ähnlichen Fall einer tätowierten Sphynx-Katze hatten wir 2017 zu tun. Das ukrainische Model Elena Ivanickaya ließ ihrem Sphynx-Kater Yascha ein Tattoo auf den haarlosen Hals stechen, bei dem es sich um den ägyptischen Totengott handeln soll. Der Eingriff wurde in Vollnarkose unter Aufsicht eines Tierarztes durchgeführt – in einem ganz normalen Tattoo-Studio für Menschen.

In Österreich ist das Tätowieren von Wirbeltieren zu „Verschönerungszwecken“ nach dem Tierschutzgesetz § 7 ‚Verbot von Eingriffen an Tieren‘ unter Punkt (6) verboten:

Das aus ästhetischen oder kommerziellen Gründen vorgenommene Tätowieren oder Verfärben von Haut, Federkleid oder Fell ist verboten, sofern es sich nicht um eine Maßnahme zur fachgerechten Tierkennzeichnung handelt.
Quelle: Rechtsinformationssystem des Bundes

Und auch in Deutschland dürfen Wirbeltiere nicht so ohne Weiteres zu ästhetischen Zwecken tätowiert werden. So heißt es aus einem Urteil im Falle eines tätowierten Ponys (Rolling Stones Tattoo) aus dem Jahre 2010:

Die Realisierung von ästhetischen Wunschvorstellungen eines Tierhalters ist kein vernünftiger Grund im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG für das Tätowieren von Tieren

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, abgewiesen. Es hat ausgeführt: Die Ordnungsverfügung sei erforderlich, um Verstöße gegen § 1 Satz 2 TierSchG und § 6 Abs. 1 Satz 1 TierSchG zu verhüten. Das Tätowieren sei für das betreffende Pferd mit Schmerzen verbunden und nicht von einem vernünftigen Grund gedeckt. Es diene wirtschaftlichen Interessen des Klägers. Das Verbot verletze den Kläger auch nicht in seinen Grundrechten.
Quelle: Zeitschrift für Verwaltungsrecht Online

Der Angeklagte hatte am 21. Juli 2010 das Gewerbe „Tätoservice für Tiere“ angemeldet und einem Pony ein Rolling Stones-Tattoo auf dessen Hüfte tätowiert – wohlgemerkt ohne Betäubung.

Trotzdem wird man in Zukunft nicht bald an jeder Ecke ein Tattoo-Studio finden, das Tiere tätowiert, dazu gibt es eben diese Gesetze. Denn auch wenn das Tier beim Tätowiervorgang betäubt wurde, weiß jeder Tätowierte aus eigener Erfahrung, dass das Abheilen des frisch gestochenen Tattoos unangenehm bis schmerzhaft sein kann.

Was hat es aber nun aber mit den gezeigten Fotos der tätowierten Katzen auf sich? Denn immerhin sieht man hier einen Mann, der offensichtlich gerade dabei ist, eine Katze zu tätowieren.

Foto-Recherche und russische Tätowierer:

Die ältesten Bildfunde lassen sich bis ins Jahr 2009 zurückverfolgen, hier jedoch verliert sich die Spur und eine genaue Quelle mancher verwendeten Fotos lässt sich nicht mehr eindeutig ausmachen.

Jedoch aber zu der Katze, dessen Brust ein Pharaonen-Tattoo ziert.

Es handelt sich hier um Mickey, ebenfalls einer haarlosen Sphynxkatze, aus Russland. Die Besitzerin heißt Oksana Popova und ließ den Kater 2009 tätowieren. Auch Mickey wurde für die dreistündige Session betäubt.

Weiters stießen wir im Laufe der Recherche auf Timur Rimut – ebenfalls aus Russland. Er tätowierte seine Katze selbst.

Auch hiervon gibt es Bildmaterial von der Vorgehensweise und ein Video auf YouTube:
[WARNUNG: Dieses Video könnte zart besaiteten Menschen Unbehagen bereiten!]

Fassen wir zusammen:

  1. Der Link zu dem Artikel der Netzfrauen hat einen ganz anderen Inhalt, als angeteasert. Er handelt gar nicht von Tattoo-Studios für Tiere, sondern von Tierfutter.
  2. In Deutschland und Österreich ist es verboten Tiere zu ästhetischen Gründen tätowieren zu lassen und ihnen grundlos Schmerzen zuzufügen.
  3. Ein Teil der Bilder stammt aus Russland, wo sich tatsächlich Fälle ereigneten, in denen haarlose Katzen aus ästhetischen Gründen tätowiert wurden.

Fazit:

Ja, es gibt Menschen, die lassen ihre Tiere tätowieren, weil sie es „cool“ finden – dieses Verhalten stößt jedoch auch auf massive Kritik.

Siehe auch: Ein Tattoo für die Katz?
Der tätowierte Bull Terrier

Einen Trend hin zu Tattoo-Studios für Tiere lässt sich aber beileibe nicht in Deutschland und Österreich feststellen.

Die Netzfrauen warben hier wohl in bester Click-Bait Manier für einen älteren Artikel, der noch dazu nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun hat.

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