Sind ungeimpfte Kinder weniger krank?

Autor: Ralf Nowotny

Immer wieder wird von diversen Seiten behauptet, dass die Pharmaindustrie geschockt sei: Eine Studie soll beweisen, dass ungeimpfte Kinder signifikant weniger krank seien.

So heißt es in dem Artikel der Seite „Das perfekte Haus„:

„Laut den Erkenntnissen einer bahnbrechenden Studie der Jackson-State-University in den USA haben nicht geimpfte Kinder deutlich weniger Gesundheitsprobleme, als diejenigen, die geimpft wurden. Die Studie, die die erste ihrer Art ist, betrachtete mehr als 600 „Homeschooler“, d.h. Schüler, die zu Hause unterrichtet werden, im Alter von 6 bis 12 Jahren. Am deutlichsten zeigte sich der Unterschied bei Lungenentzündungen, Heuschnupfen, ADHS, Mittelohrentzündungen und chronischen Allergien.“

Screenshot mimikama.org
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Nun ist jener Artikel ja dankenswerterweise mit Links gespickt, so dass wir uns selbst einen Eindruck von der genannten Studie machen können. Zumindest glaubten wir das, stießen aber erst einmal auf ein Hindernis: Die Studie gibt es nicht mehr!

Auf der Suche nach der Studie

Die Seite „Das perfekte Haus“ machte es sich in ihrem Artikel vom August 2018 einfach: sie übersetzten einfach wortwörtlich einen Artikel der Seite „Natural News“ vom Juli 2017 und übernahmen anscheinend ungeprüft auch sämtliche Links.
Folgt man nun aber dem Link zu der Studie, erwartet einen der allseits bekannte „404 Not Found“-Fehler: die Seite mit der Studie existiert nicht mehr.
Glücklicherweise vergisst das Internet fast nichts, somit konnten wir uns die Studie doch noch ansehen!

Screenshot mimikama.org
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Mutter weiß es am Besten!

In jener Studie wurde also die Gesundheit von Kindern im Alter von 6 – 12 Jahren verglichen, welche entweder geimpft oder ungeimpft waren. Merkwürdigerweise findet sich diese Studie nicht auf den Seiten der Jackson State University, obwohl einer der Ersteller, Anthony R. Mawson, dort Professor ist, stattdessen wurde die Studie als „Open Access Text“ veröffentlicht (und ist selbst dort nicht mehr aktuell zu finden).

Es kommt aber noch besser: In der Studie wird mehrfach erwähnt, wie auch den Experten der GWUP aufgefallen ist, dass nicht etwa medizinische Grundlagen die Studie stützen, sondern die „Aussagen der Mütter“.
Hier ein Beispiel:

Screenshot mimikama.org
Screenshot mimikama.org

Der Terminus, dass die Studie auf Aussagen von Müttern beruht, findet sich auf der 12 Seiten kurzen Studie ganze 23 mal. Zudem wurden nur die Mütter von Kindern befragt, die daheim unterrichtet werden.
Die Begründung, warum man keine medizinischen Unterlagen für die Studie verwendete:
Sie sei anonym gewesen.
Hätte man medizinische Unterlagen verlangt, wäre die Anonymität der Kinder nicht mehr gewährleistet gewesen, somit verzichtete man also auf klinische Ergebnisse, sondern verließ sich, lapidar gesagt, auf das Bauchgefühl der Mütter.

Ein kurzer Blick in die Psyche

Nun stellen wir uns mal jene Mütter vor, die ihre Kinder lieber daheim unterrichten und nicht impfen. Man kann davon ausgehen, dass diese Mütter weniger Vertrauen in Institutionen wie die Schule haben. Weiter kann man davon ausgehen, dass Ärzte ihnen ebenfalls suspekt sind, da sie ihre Kinder nicht impfen lassen.

Wie gut ist eine solche Mutter also darin, eine Krankheit zu erkennen?
Kann eine solche Mutter tatsächlich ADHD erkennen? Oder Allergien? Bestimmte Hauterkrankungen? Wird eine Erkältung als Krankheit gesehen oder als „natürlicher Abwehrmechanismus des Körpers“, den man gar nicht Krankheit nennen kann?

Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass alleine die Aussagen von Müttern schon auf sehr wackligen Beinen stehen, anonyme Aussagen noch viel mehr. Denn keine Mutter, die etwas gegen „Big Pharma“ hat und ihr Kind nicht impfen lässt, wird zugeben wollen, dass es eine schwere Krankheit hatte, die mit einer Impfung vielleicht hätte verhindert werden können.
Und solange es ja anonym ist, kann man viel behaupten. Auch dass das Kind nie krank war, obwohl es nicht geimpft wurde.

Es gibt aber noch weitere Punkte, die Zweifel an der Studie berechtigen.

Noch nie dagewesene Studie?

„Es ist schwer zu glauben, dass eine solche Studie noch nie durchgeführt wurde“, schreibt „Das perfekte Haus“.
Dies ist allerdings falsch. Der BlogThoughtscapism“ ging bereits 2015 auf diese Behauptung ein (da sieht man mal, wie lang es diese Behauptung bereits gibt) und zeigt mehrere ausführliche Studien und ihre Ergebnisse auf.
Die Ergebnisse werden Impfgegnern allerdings nicht gefallen.

Quelle: thoughtscapism.com
Quelle: thoughtscapism.com

Von wem stammt die Studie?

Da bohrten die Skeptiker von der GWUP ein wenig nach und wurden fündig:
Jener Herr namens „Anthony Mawson“ ist nämlich kein Unbekannter. Er ist bekannt für seine Vorträge über Autismus, an dem selbstverständlich Impfungen schuld sind. Unterstützt wird er dabei von der Organisation „Autism One“, ebenfalls Impfgegner.

Natürlich muss eine solche Studie auch finanziert werden. Die Gelder dazu stammen aus einem Fundraising der Impfgegner-Gruppe „Generation Rescue„, Seiten wie „Age of Autism“ unterstützten das Fundraiser-Projekt zusätzlich.

Alleine daran kann man schon Eines gut erkennen: Sowohl der Initiator und Verfasser der Studie als auch die unterstützenden Organisationen waren nur auf eines bedacht:
Zu beweisen, dass Impfungen schädlich seien!
Und um eine solche Studie auch so zu gestalten, dass es den Geldgebern gefällt, muss diese auch dementsprechend gestaltet sein: kurz, relativ einfach verständlich, dazu noch mit anonymen Werten, die nicht etwa medizinischer Natur sind, sondern auf subjektiven Aussagen von Müttern basieren.

Nicht unerwähnt sei noch, dass immer wieder versucht wurde, die Studie zu veröffentlichen, diese aber immer wieder von seriösen Seiten abgelehnt oder kurz darauf wieder gelöscht wurde, wie die GWUP aufzeigt.
Und das hat nicht etwa was mit „Zensur“ zu tun, sondern schlicht und einfach mit der Tatsache, das diese Studie keinen wissenschaftlichen Standard einhält.
Es ist, wie die GWUP so schön schreibt, „Junk Science“.

Fazit

Die angebliche Studie besteht aus 12 Seiten. Selbst die Universität, der der Initiator der Studie angehört, möchte die Studie nicht auf seinen Seiten haben.
Der Verfasser der Studie ist ein bekannter Impfgegner, die geldgebenden Organisationen ebenfalls. Zudem basiert die Studie nicht auf medizinischen Erkenntnissen, sondern auf den anonymen, subjektiven Aussagen der Mütter der Kinder.
Zudem gibt es bereits mehrere Studien dieser Art, deren Ergebnisse nicht nur gegenteilig, sondern wissenschaftlich verifizierbar sind.

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