Ranga Yogeshwar fordert Zensur nach chinesischem Vorbild?

Autor: Andre Wolf

Was hat Ranga Yogeshwar da gesagt und was wurde als Essenz aus diesem Interview genommen? Es geht hierbei um ein sehr langes Interview, welches auf eine Kurzformel heruntergebrochen wurde:

“Ranga Yogeshwar fordere Internetzensur nach chinesischem Vorbild” lautet nun die Kurzformel, die nun aus einem knapp 2000 Worte langem Interview gezogen wird.

Der Artikel „So will Ranga Yogeshwar die Demokratie retten“ befindet sich als Interview in der “WELT” hinter einer Paywall, also man muss bezahlen, um das Interview zu lesen. Daher ist es durchaus möglich, dass viele Menschen diesen Artikel und seine Worte gar nicht komplett gelesen haben und sich somit auf Sekundärliteratur beziehen und den primären Inhalt gar nicht kennen.

Man kann diese Paywall jedoch problemlos vernachlässigen und einfach auf die Facebookseite von Yogeshwar gehen, denn dort hat er das Interview ebenso veröffentlicht. Insofern kann man die kritischen Stellen dort selbst als Ganzes lesen und auch sehen, in welchem Zusammenhang diese stehen:

 

 

Die Fragstellung, welche derzeit im Fokus steht, zitieren wir an dieser Stelle aus Yogeshwars Facebookpost:

Die Welt: Wie soll man dies mit deutschen Gesetzen erreichen, wenn es hier doch um Firmen geht, die ihren Sitz in den USA haben?

Yogeshwar: Ich denke, dass es möglich ist. Presserecht ist immer regional geprägt Das zeigte etwa 2016 die Löschung eines zeithistorischen Vietnambildes mit nackten Kindern bei Facebook. In Deutschland oder Europa haben wir in diesem Punkt ein anderes Verständnis. Presserecht ist also national, beziehungsweise europäisch verankert. Und Medien müssen nach den Regeln arbeiten, die der jeweiligen Kultur entsprechen. Das sollte auch für ausländische Medien gelten. In anderen Wirtschaftsbereichen funktioniert das doch bereits heute problemlos. Wenn eine ausländische Firma ein Auto in Deutschland verkaufen will, dann muss es die hier geltenden Vorschriften erfüllen und die TÜV-Prüfung bestehen. Warum sollte man also europäisches Recht nicht bei den digitalen Medien durchsetzen können? Europa muss bei den Massenmedien eine gewisse Souveränität behalten. Es gibt Staaten, die da schon weiter sind. Auch wenn das manchen verblüffen dürfte, will ich hier ausdrücklich China nennen. Dort gibt es mit WeChat ein eigenes Pendant zu WhatsApp. China behält eine gewisse Kontrolle darüber, welche Nachrichten ihr Land penetrieren. Das brauchen auch wir, um sicherzustellen, dass nicht das Betriebssystem unseres Landes gestört wird. Und Medien sind ein zentraler Teil des Betriebssystems von Staaten. Wenn wir von immer mehr Fake-News überschwemmt werden und keinerlei Möglichkeit haben, Dinge zu sanktionieren und zu unterbinden, wird das für unsere Demokratie gefährlich. Behauptungen aller Art stehen dann einfach im Raum und der gemeinsame gesellschaftliche Prozess erlahmt. Das kann zu Entgleisungen des Systems führen, die wir uns gar nicht ausmalen wollen.

An dieser Stelle ist die Folgefrage wichtig, welche Yogeshwars Erklärung verdeutlicht. Das Zitat stammt erneut aus Yogeshwars Facebookpost:

Die Welt: Ihr Vorschlag läuft darauf hinaus, dass jeder Absender von Informationen in einem sozialen Netz Verantwortlicher im Sinne des Pressegesetzes werden soll – das berühmte V.i.S.d.P.? [Anmerkung: V.i.S.d.P. = Verantwortlich im Sinne des Presserechts]

Yogeshwar: Genau, aber selbstverständlich erst ab einer gewissen Größenordnung. Nicht jeder Nutzer von Twitter oder Facebook betreibt ein Massenmedium. Erst wenn eine kritische Zahl von Empfängern erreicht wird, sollte Medienrecht zur Anwendung kommen.

Insofern wird hier nochmals deutlich verstärkt, dass Yogeshwar es begrüßen würde, wenn die Verteiler von Inhalten auch für ihre Inhalte verantwortlich und auch haftbar sind.

In dem Interview sagt er  später auch andersklingend aus, dass er eben keine Kommissionen oder staatlichen Geschmacksjournalismus haben will.

(…) Wichtig ist, dass dabei immer die presserechtlichen Grundsätze eingehalten werden.

Die Welt: Wer soll das kontrollieren?

Yogeshwar: Ich will keine Kommission, die im Netz das Presserecht durchsetzt. Das könnte zu einem staatlichen Geschmackjournalismus führen. Ich setze auf Selbstreinigungsprozesse. Wie das im Detail funktionieren kann, müsste man noch überlegen. Doch ich bin mir sicher, dass das machbar ist.

Man muss Yogeshwar nicht unbedingt zustimmen

Gerade China in einem Vergleich zu erwähnen, ist natürlich gewagt und birgt ein hohes Potential, in beliebige Richtungen interpretiert zu werden. Alleine schon der Einschub “Auch wenn das manchen verblüffen dürfte” zeigt, dass Yogeshwar in gewisser Weise bewusst dieses Risiko eingeht. Ob es daher klug war, genau diese Vergleichsbasis aufzubauen, muss Yogeshwar letztendlich selbst beantworten.

Auch die Frage, ob es einer gewissen Kontrolle über Falschmeldungen brauche, darf man durchaus diskutieren und in vernünftigen Rahmen auch mit verschiedenen Argumenten betrachten. Natürlich sind Falschmeldungen ein Problem der Gegenwart, speziell dann, wenn diese sich als falsch erweisen und zusätzlich aus unbekannten Quellen generiert werden, die nicht zur Verantwortung gezogen werden können.

Yogeshwar bietet in seinem Interview seinen Ansatz im Umgang mit Falschmeldungen, gleichsam auch seine Ideen über die Zukunft des Journalismus, im speziellen auch die Bezahlmodelle für Journalisten. Das sind natürlich alles Modelle und Möglichkeiten, die nicht jeder teilen muss. Den gesamten Inhalt jedoch auf eine Zensurforderung herunterzubrechen, die womöglich auch noch verfassungswidrig wäre, tut dem Interview unrecht, da es in seinem Umfang einfach zu facettenreich ist.

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