Preise für Kälber sehr niedrig!

Autor: Andre Wolf

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Preise bei Kälber niedrig
Preise bei Kälber niedrig

Manche Themen sind spannend, wie sie den Weg zu Mimikama finden. So wie auch dieses Thema: Die extrem niedrigen Preise für Kälber in Deutschland regen zum Nachdenken an.

Die Preise für Kälber sind niedrig. Sehr niedrig. Verschiedene Medienberichte sprechen hier von 8,49 € (Tagesspiegel) oder sogar 7,89 € (FAZ).  Auch wenn beide Zahlen zunächst unterschiedlich wirken, so sind sie nicht falsch, da sich der Preis ständig ändert. Der SPIEGEL titelt in einem aktuellen Artikel sogar „Kälber billiger als Kanarienvögel“

Beide Preise liegen jedoch in ungefähr derselben Größenordnung: Sie sind extrem niedrig, wenn man sich die Preisentwicklung für Kälber anschaut. Zum Vergleich: Im Mai 2019 lag dieser Preis noch bei ca. 25 €.

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Die Gründe für diesen Preisfall geben alle Medienartikel gleichsam an: Einerseits wird die Blauzungenkrankheit für den niedrigen Preis verantwortlich gemacht. Diese Krankheit ist im Grunde für Menschen ungefährlich, jedoch bei Kälbern (und Kühen) sieht das wieder ganz anders aus. Diese können sich untereinander anstecken und daher gibt es regional Exportbeschränkungen, die teuer werden können. Ein Export ist beispielweise nur mit vorangegangenem Impfungen oder Bluttest möglich (vergleiche). Dieser ist teuer und wird somit häufig nicht gemacht und stattdessen der niedrige regionale Verkaufspreis in Kauf genommen.

Zu viele Kälber!

Ein anderer wesentlicher Faktor für den niedrigen Preis bei Kälbern ist Übermenge an Kälbern. Ein Kalb ist häufig ein sogenanntes Koppelprodukt in der Milchwirtschaft. Damit eine Kuh Milch geben kann, muss sie regelmäßig Kälber gebären.

Diese Kälber werden im Regelfall für die Fleischproduktion gemästet. Diese Mast dauert meist nur 6 Monate, dann werden die Tiere geschlachtet. Eine Mast auf dem Milchhof rentiert sich meist nicht, daher werden die Tiere auf an spezielle mastbetriebe verkauft, die häufig im Ausland (unter anderem den Niederlanden oder gar Spanien) liegen.

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Hier greift wiederum das Dilemma der Exportbeschränkungen: Die großen Mengen an Kälber werden aus Kostengründen nicht mehr exportiert. Dazu kommt nun auch das Problem der Transportwege, denn die Kälber erwartet eine weite und stressige Fahrt.

Laut dem SPIEGEL-Artikel hat Julia Klöckner (Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, CDU) in einem Brief an ihren bayerischen Amtskollegen Zweifel geäußert, ob derartige Transporte mit der EU-Verordnung vereinbar seien. Hier lautet es, dass die wenigen Wochen alten Tiere oft über 19 Stunden lang in einem Fahrzeug transportiert werden, was nicht tiergerecht sei.

Man sieht also, dass es viele dynamische Faktoren sind, die zu einem bestimmten Preis führen. In diesem Falle führen sie zu einem niedrigen Preis, welches ein Kalb und die begleitende Milchwirtschaft vor Probleme stellen, da er Verkauf der Kälber zur Milchwirtschaft gehört.

Generell zu niedrige Fleischpreise!

Aber es geht nicht nur um Kälber, sondern generell um zu niedrige Preise in der Fleischindustrie, die weitreichende Konsequenzen auch für die Gesundheit haben können! Wir haben über Fleischpreise und deren Komplexität mit Berndt Priebel, Beratung & Einkauf Vertrieb der Rolf Nagel GmbH gesprochen.

Der Fleischpreis, nicht nur bei Kälbern, wird durch verschiedene Faktoren bestimmt, die man teilweise auf den ersten Blick gar nicht erkennt. Priebel nennt uns hier ein interessantes Beispiel: Was hat der Fleischpreis mit der Autoindustrie zu tun?

In der Autoindustrie wurde lange Zeit für das Interieur unter anderem auf Rindshäute für das Leder gesetzt (vergleiche). Die Rinderhaut ist ein Schlachtnebenprodukt, und hier gibt es beispielsweise ebenso einen Abwärtstrend zu verzeichnen, da viele Menschen mittlerweile auf Echtleder verzichten und dementsprechend auch da kein Absatz mehr vorhanden ist. Laut Priebel sind die Preise für Rinderfelle um 90% gefallen. Am Ende sind es diese vielen kleinen Faktoren, die zu einem Überbestand und somit zu einem Preisverfall führen.

Aber es ist nicht nur der Überbestand, sondern Priebel sieht auch den Preiskampf als eine gewisse Bedrohung an. Der Lebensmitteleinzelhandel will für die Kunden immer günstiger einkaufen. Unter diesem Preisdruck geben auch Produzenten nach und versuchen ihrerseits mit allen Mitteln so günstig wie möglich zu produzieren und auch einzukaufen.

Hier sieht Priebel dann auch am Ende eine Gefahr für die Gesundheit und führt das Beispiel Wilke an. Wenn der Preisdruck dazu führt, dass bei dem (verhältnismäßig großen) Kostenfaktor Hygiene eingespart und gar zu viel gespart wird, führt das zwar zu günstigen Preisen, jedoch auch zu mangelhaften Produkten. Preiskampf führt hier immer zu Problemen.

Im Grunde gibt es hohe Hygienevorschriften, die eben genau diese Probleme vermeiden sollen. Auch die regelmäßigen Kontrollen durch Veterinäre sollen dafür sorgen, dass es eben keine Probleme gibt. Jedoch kann man sich manchmal durchaus die Frage stellen, ob Ämter oder Behörden da auch aufgrund eines eventuellen Einflusses (es geht dabei um Arbeitskräfte, Wirtschaftsfaktoren und natürlich auch Lobbyarbeit) unter Druck geraten, so dass diese in manchen Fällen nicht hart genug durchgreifen können.

Am Ende steht dann ein Lebensmittelskandal, der so wie im Fall Wilke sogar mit den Tod von Konsumenten endet.

Weitere Verknüpfungen

Der Fleischpreis wird in gewisser Weise durch den Handel und auch den Verbraucher bestimmt. Speziell der Handel kann mit Verkaufsaktionen maßgeblich den Preis am Markt beeinflussen. Priebel nennt hier ein Beispiel: Hat eine Handelskette ein bestimmtes Endprodukt in der Aktion, so wie Filet oder Nacken, herrscht dafür eine hohe Nachfrage. Der Produzent muss entsprechend viel liefern.

Das Problem: Ein Tier besteht nicht nur aus diesem einzelnen Stück. Auch die anderen Schnitte wollen verkauft werden. Da jedoch in gewissen Aktionsphasen nur einzelne Stücke gefragt sind, läuft der Verkauf der restlichen Stücke meist nur über den Preis, der dann am Ende viel zu niedrig ist.

Auch hier geraten Zerleger und Produzenten schnell in die Sparfalle oder gar schlimmer, sie werden von größeren Betreibern aus Geldnot für einen sehr günstigen Betrag aufgekauft (was in den letzten Jahren Deutschland häufiger geschah, auch mit Traditionsmarken). Kleinere Betriebe halten dann entsprechend den Preiskampf nicht mehr auf und sind unterlegen.

Aber der nationale Markt ist nicht alleine für Preisschwankungen beim Fleisch verantwortlich, man muss auch internationale Entwicklungen beachten. Berndt Priebel verweist hier auf den Preis für Schweinefleisch, der derzeit im Vergleich zu den letzten 6 Jahren relativ hoch ist. Dieser Preis liegt seit Monaten stabil bei knapp 1,90 €. Das liegt unter anderem aber auch daran, dass es international gesehen ein niedriger Preis ist.

China ist hierbei ein wichtiger Spieler. Der chinesische Markt benötigt kurzfristig sehr viel Schweinefleisch. Das führt dazu, dass der Preis je Kilogramm Schweinefleisch in China derzeit bei über 5 € liegt. Priebel geht davon aus, dass dieser Preis weiter steigt und somit der europäische Markt sich verstärkt an China richten wird.

Zum einen haben Bauern entsprechend einen stabilen Schweinepreis, die Zerleger können jedoch ihre Verkaufspreise noch weiter erhöhen, da der chinesische Markt das Fleisch haben will.

Das wiederum wird im Fahrwasser zu einer weiteren Preisänderung führen, verrät uns Priebel: Zusätzlich herrscht in China derzeit ein Mangel an Naturdärmen. Ausgerechnet China, denn eigentlich ist es in der jüngsten Vergangenheit China gewesen, woher die meisten Naturdärme stammen. Die Därme werden deshalb teurer, weil sie in China aufgrund der Afrikanischen Schweinepest fehlen. Daher werden die chinesischen Schlachtschweine in Massen gekeult (zur Verhinderung der Ausbreitung der ASP) und somit zur Kompensation der fehlenden Naturdärme europäische Ware gekauft, die entsprechend dem europäischem Markt nicht zur Verfügung stehen.

Fleischpreis komplex

Man erkennt deutlich: Der Fleischpreis ist je nach Tier, Bedarf und Nutzung von vielen Faktoren abhängig.  Das ist nicht nur bei Kälbern so. Alle weisen ihre Besonderheiten auf. Diese können regional bedingt sein (Krankheiten), national durch Preiskämpfe im Einzelhandel bedingt sein, oder am Ende gar durch internationale Veränderungen beeinflusst werden.

Anmerkung

In unserem Gespräch sagte Berndt Priebel uns auch ausdrücklich, dass ein günstiger Preis beim Fleisch für den Endverbraucher nicht von irgendwoher kommt. Die Preise sind knallhart kalkuliert, man muss auch immer damit rechnen, eine dem Preis entsprechende Qualität zu bekommen. Wer kann am Ende in der Kette etwas verdienen, wenn an wichtigen Stellen eingespart wird.

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