Polizei vergibt Auftrag zur Bergung und Transport von Leichen – Muss man da Panik bekommen?

Autor: Ralf Nowotny

Von diversen Kreisen wird seit Jahren angekündigt, dass der Dritte Weltkrieg, die Revolution, der Untergang Europas oder Armageddon „demnächst“ beginnen. Auch jener Facebook-Beitrag schlägt in diese Kerbe. Wir schauen mal genauer, was dahintersteckt.

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Auf dem Bild sieht man eine von Papier abfotografierte Öffentliche Ausschreibung der Polizei Nordrhein-Westfalen, Kreis Borken, die folgendes besagt:

„Die Kreispolizeibehörde Borken schreibt zum 19.09.2016 nachfolgende Leistung aus:

Bergung und Transport von Leichen und
Leichenteilen im Auftrag der Polizei

Die vollständige Ausschreibung mit Leistungsbeschreibung und der dazugehörigen Formulare können Sie im Internet unter http://www.vergabe.nrw.de abrufen.“

Dazu schrieb der Beitragsersteller folgendes:

„Ich bin sehr besorgt!

Leserzuschrift-DE: was man im deutschen Polizeiapparat hört: must read!

Normalerweise gibt es bei der Polizei wöchentlich eine Lagedarstellung bei der es unter anderem auch um die Gefährdungslage im Land so geht. Diese Woche wurde die Lagedarstellung aus nicht genannten Gründen nicht mehr an die Dienststellen in Thüringen weitergeleitet. Nach Gesprächen mit eingeweihten Leuten bereitet man sich für die nächsten Tage auf den Ernstfall vor. Mein Gegenüber war zumindest sichtlich nervös. Unsere gemeinsame Einschätzung verlief dahin, dass die Bundeswehr schon am ersten Tag im Einsatz ist und es kurzfristig zu einer Militärregierung kommt. Im übrigen sind alle Dienstellen und Katastrohenschutzverbände aufgefordert worden nach Notfallunterkünften für viele Obdachlose und Leichensammmelstellen Ausschau (geeignet Kühlung) zu halten und geeignete Objekte zu benennen.

Dieser Krieg beginnt also noch im September. Defakto dürften in Deutschland die Sicherheitskräfte bereits die Macht übernommen haben, daher auch die sichtbaren Vorbereitungen. Die Polit-Kaspar lässt man noch weiterlügen.WE.“

Kurz gesagt geht der Ersteller also davon aus, dass die Polizei sich bereits auf einen Krieg „noch im September“ einstellt und deswegen vorsorgt.

Ist die Ausschreibung echt?




Die Ausschreibung beinhaltet die Vergabenummer, Adresse und Telefonnummer. Somit schauen wir einfach mal selbst, ob es diese Ausschreibung gibt:

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Quelle: Vergabe.NRW / Vergabemarktplatz

Tatsächlich gibt es also diese Ausschreibung.

Das ist ja furchtbar! Hat der Beitrag also recht?

Nicht so hastig! Denn suchen wir mal ein wenig weiter… und finden doch tatsächlich die gleiche Ausschreibung, aber von 2015:

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…und auch von anderen Kommunen…

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Quelle: Vergabe.NRW / Vergabemarktplatz

…und sogar von 2010:

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Quelle: Deutscher Auftragsdienst AG

Na gut. Aber vielleicht befürchten die das einfach jedes Jahr!

Auch den Zahn müssen wir ziehen.
Grundsätzlich muss neben dem Bund, den Ländern und den Kommunen auch viele Institutionen eine Öffentliche Ausschreibung durchführen, wenn sie im staatlichen Auftrag handelt. Die Grundlage dafür findet sich auf den 127 Seiten des Amtsblattes der EU, Richtlinie 2004/18/EG.

Die Polizei ist lt. dieser Richtlinie eine Behörde, welche im staatlichen Auftrag handelt und deswegen auch Öffentliche Ausschreibungen tätigen muss. Kommunalpolitiker Lars Rewald aus Beckum sagte uns dazu:

„Das Ganze ist im sog. „Öffentlichen Vergaberecht“ geregelt. Öffentliche Aufträge sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Der Rettungsdienst fällt da genauso drunter wie Bauaufträge.
Jetzt ist es so, dass diese Aufträge zu sehr lukrativen Konditionen vergeben werden. Um unfairen Wettbewerb vorzubeugen, ist deshalb genau reguliert, wie diese Ausschreibung geregelt sein muss.

In diesem speziellen Fall ist es so, dass die Landespolizei in einem Mordfall oder bei einem Unfall nicht einfach einen beliebigen Bestattungsdienst rufen kann, es ist ein fester Partner, der das erledigt. Deshalb die Ausschreibung.“

Und was ist mit dem Beitragstext?

Den hat der Ersteller auch nicht selbst geschrieben, sondern wurde von der Seite „Hartgeld.com“ kopiert:

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Dazu sei betont, dass die Seite von anonymen Leserzuschriften genährt wird, welche wir schon mehr als einmal als Fakes enttarnen konnten, als seriöse Quelle also absolut nicht brauchbar.

Allerdings waren auch die Betreiber der Seite so vernünftig, sich zu informieren, was es mit dieser Ausschreibung auf sich hat:

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Fazit

Text und Bild haben nichts miteinander zu tun.
Während der Text ein anonymer Leserbrief auf einer Seite ist, die generell zur Hetze und Falschinformationen neigt, zeigt das Bild eine offizielle und sogar vorgeschriebene Ausschreibung, wie sie schon seit Jahren notwendig ist und gemacht wird. Sogar jene erwähnte Seite negiert den Zusammenhang zwischen der Ausschreibung und den von ihnen beschriebenen Szenario.

Vielleicht hätte sich der Ersteller und die Kommentatoren einfach mal kurz erkundigen können. Eine einfache Googlesuche hätte da schon ausgereicht.

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Aber wenn Unwissen sich mit Paranoia paart, sieht man überall Zusammenhänge, wo keine sind.

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