Faktencheck: Ist MS ein gerichtlich anerkannter Impfschaden?
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Impfungen sollen ja für alles Mögliche verantwortlich sein, ob Autismus oder zur Überwachung der Menschheit mittels Nano-Chips. Nun aber auch für Multiple Sklerose.
Zumindest behauptet die Seite „krebspatientenadvokatfoundation“, dass Multiple Sklerose nun gerichtlich als Impfschaden anerkannt sei, dies sollen mehrere Gerichtsurteile bestätigen.
Zu jenem Artikel bekamen wir eine Anfrage in unserer Facebook-Community:
So sei die Anzahl an MS-Erkrankungen zwar gestiegen, Impfungen seien jedoch von der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) nicht als Ursache erwähnt worden. Laut „Dr. Leonard Coldwell“ (Pseudonym von Bernd Klein) sei dies nur logisch, da Patienten ja ansonsten zu einem fachkundigen Heilpraktiker gehen könnten, um sich „entgiften“ zu lassen – Entgiftung als Heilmittel für MS, warum bloß ist da bisher niemand drauf gekommen?
Im Folgenden werden wir uns die im Artikel angesprochenen Gerichtsurteile genauer ansehen.
1. Urteil SG Aachen 13. Kammer
„Der am 00.00.0000 geborene Kläger leidet an Multipler Sklerose (MS). Diese Erkrankung ist als Impfschaden anerkannt.“
Dabei handelt es sich um einen Satz aus einem Gerichtsverfahren mit dem Aktenzeichen S 13 KR 125/10 vom 13.07.2010. Der an MS erkrankte Kläger klagte dabei auf Versorgung mit einer Kühlweste gegen seine Krankenkasse. Die Klage wurde abgewiesen.
2. Urteil LSG Nordrhein-Westfalen 15. Juni 2012
„Die Klägerin, die approbierte Zahnärztin ist und bei der eine Encephalomyelitis disseminata (multiple Sklerose – MS) diagnostiziert worden ist, begehrt die Feststellung, dass diese Erkrankung Folge von Hepatitis-Schutzimpfungen ist, denen sie sich 1998 und 2001 unterzogen hat.“
Wie die Seite selbst schreibt, wurde die Klage der Zahnärztin, MS als Impfschaden anzuerkennen, bereits am 22.07.2011 abgelehnt. bei dem angesprochenen Urteil handelt es sich um die Berufungsverhandlung vor dem Landessozialgericht am 15.06.2012.
Die Seite erwähnt aber nur die Klage, nicht aber das Urteil, denn die Klage wurden ein weiteres Mal abgewiesen: „Die STIKO hat hierzu festgestellt, dass es nach derzeitigem Kenntnisstand keine Evidenz für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen MS und Hepatitis-B-Impfung gibt.“
3. Urteil LSG Schleswig Holstein 14.06.2011
„Die Impfungen waren dienstlich angeordnet und erfolgten durch Bundeswehrärzte. Nachdem der Kläger vier Tage nach der zweiten Impfung Lähmungserscheinungen im linken Bein und im linken Arm verspürt hatte, wurde im Rahmen der daraufhin veranlassten eingehenden neurologischen Untersuchung eine Multiple Sklerose (MS) festgestellt.“
Es handelt sich um das Urteil mit dem Aktenzeichen L 2 VS 55/10 des Holsteinischen Landessozialgerichtes. Konkret klagte ein Berufssoldat gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Anerkennung seiner MS als Impfschaden, da er von der Bundeswehr gegen FSME geimpf wurde.
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Die in dem Artikel weiter aufgezählten Urteile seien „weitere Fälle der Impfschadensanerkennung, welche vom Gericht nicht veröffentlicht wurden„. Auch auf diese Urteile werfen wir hier nun einen genaueren Blick.
Urteil S 11 VJ 2/01 des Sozialgerichts Lüneburg vom 15.04.2003
„Impfschaden Multiple Sklerose als Folge einer Schutzimpfung gegen Polio, Diphtherie und Tetanus.“
Das Urteil ist im Internet nicht auffindbar, da die Urteile des SG Lüneburg erst ab 2004 online einsehbar sind.
Urteil S 1 VJ 1/04 des Sozialgerichts Würzburg vom 28.10.2005
Impfschaden Multiple Sklerose als Folge einer Schutzimpfung gegen Polio.
Das Urteil ist im Internet nicht auffindbar, da die Urteile des SG Würzburg erst ab 2008 online einsehbar sind.
Urteil S 15 VJ 1/06 des Sozialgerichts Landshut vom 08.04.2008
„Impfschaden Multiple Sklerose als Folge einer Schutzimpfung gegen Hepatitis A+B (Twinrix).“
Dabei handelt es sich um das Urteil mit dem Aktenzeichen S 15 VJ 1/06 des SG Landshut. Konkret begehrte der Kläger die Anerkennung seiner Nervenerkrankung (Form der Multiplen Sklerose) als Folge von zwei Hepatitis-Impfungen.
Urteil S 15 VJ 2/07 des Sozialgerichts Landshut vom 14.09.2009
„Impfschaden Multiple Sklerose als Folge einer Schutzimpfung gegen Hepatitis B (Gen H-B-Vax).“
Dabei handelt es sich um das Urteil mit dem Aktenzeichen S 15 VJ 2/07 des SG Landshut. Konkret begehrte die Klägerin die Anerkennung der bei ihr unstreitig vorliegenden Multiplen Sklerose als Folge einer Hepatitis-B-Impfung.
Urteil L 6 VJ 4797/07 des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13.07.2010
„Impfschaden Multiple Sklerose als Folge einer Schutzimpfung gegen FSME.“
Dieses Urteil ist zurecht nicht mehr im Internet zu finden, da es mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.04.2011 aufgehoben wurde. Konkret begehrte die Klägerin die Anerkennung der MS als Impfschaden in Folge einer FSME-Impfung.
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Fazit
Mehrere Studien belegten bereits, dass es keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen MS und Impfungen gibt. Der Verdacht, es gäbe einen Zusammenhang, tauchte bereits in den 80er und 90er Jahren auf, dementsprechend viele Untersuchungen gibt es dazu. 1998 wurden gleich mehrere große Studien begonnen, um die Behauptungen zu bestätigen oder zu widerlegen. Dabei fanden sich keine signifikanten Unterschiede bei MS-Erkrankten ohne Impfung und mit Impfung.
Die oben genannten Urteile zeigen nur in wenigen Fällen eine tatsächliche Anerkennung der Gerichte von MS als Impfschaden. In diesen Fällen wurde jedoch nur von der theoretischen Möglichkeit, dass die Impfungen als Auslöser oder Beschleuniger dienten, ausgegangen. Eines der Urteile wurde sogar vom BSG wieder aufgehoben.
Somit ist die Aussage, dass Multiple Sklerose nun ein allgemein gerichtlich anerkannter Impfschaden sei, faktisch falsch.
Artikelbild: Chinnapong / Shutterstock
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