Legalisierung von Pädophilie? – Zwei alte Broschüren flattern durch Facebook

Autor: Ralf Nowotny

Wenn es einem sonst ganz gut geht, und man diesen Zustand als störend empfindet, so muss man was finden, um sich aufzuregen.

Am Besten über „die da oben“, also über Politiker, so etwas zieht immer. So verwundert es nicht, dass auf einmal jener Artikel aus der Mottenkiste geholt wird und sich erneut auf Facebook verbreitet.

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Aus dem Englischen überstze steht dort:

Deutschland und die EU wollen Pädophilie und Kinderpornografie legalisieren

Broschüren einer Unterabteilung von Deutschlands Bundesfamilienministerium animieren Eltern dazu, ihre 1 – 3 Jahre alten Kinder sexuell zu massieren.
Zwei 40-Seiten Broschüren mit dem Titel „Körper, Liebe, Doktorspiele“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung richten sich direkt an Eltern – Die erste Broschüre an Eltern mit Kindern, die 1 – 3 Jahre alt sind, die zweite Broschüre an Eltern mit Kindern, die 4 – 6 Jahre alt sind.“

Weiter heißt es dort, dass Väter sich öfter für die Klitoris der Töchter interessieren sollen, damit die Kinder ihren Körper kennenlernen. So wie ein neugieriges Kind die Geschlechtsteile der Eltern anfasst, so sollten die Eltern dasselbe mit den Kindern machen.

Schlussendlich wird von Deutschland als „degenerierter Staat“ geschrieben, dessen TV-Sender und Zeitschriften voller Pornografie wären, und man deswegen auf jeden Fall bei der nächsten EU-Wahl sich an die rechten Parteien wenden sollte, damit wieder Ordnung und Anstand in Europa herrsche.

Was ist da dran?

Zuerst muss man betonen, dass der Artikel aus dem Jahr 2009 ist. Dies muss man deswegen betonen, da es jene Broschüren zu dem Zeitpunkt gar nicht mehr gab. Tatsächlich gab es sie aber.

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Quelle: wikimannia.org

Gibt es diese Broschüren noch?

Jene Broschüren wurden von 2000 bis 2007 in Deutschland und in der Schweiz unter anderem von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung über das Internet kostenlos angeboten, und sollten Eltern über „den Umgang mit den verschiedenen Ausdruckformen kindlicher Sexualität“ informieren.

Was steht da drin?

Wir haben uns die Broschüren durchgelesen. Dadurch können wir mit Fug und Recht sagen, dass jene Beschreibungen, wie sie in dem englischsprachigen Artikel stehen, so gar nicht in den Broschüren auftauchen. Man kann also davon ausgehen, dass jener Artikel der reinen Hetze und Propaganda für rechte Parteien diesen soll. Jedoch ist dies nur die halbe Wahrheit.

Denn tatsächlich enthalten die Broschüren auch Passagen und Bilder, welche zumindest fragwürdig sind! Beispielsweise der Satz „Scheide und vor allem Klitoris erfahren kaum Beachtung durch zärtliche Berührung (weder durch Vater noch Mutter) und erschweren es damit für das Mädchen, Stolz auf seine Geschlechtlichkeit zu entwickeln.“ kann man auch als Aufforderung sehen, die Geschlechtsteile des Kindes zu berühren, wahrscheinlich meinte „EUtimes“ auch jenen Satz.

Mimikama, verteidigt ihr die Broschüre gerade?

Nein. Denn zweifellos gibt es da nicht nur einen, sondern mehrere Absätze in den Broschüren, welche ganz leicht missverstanden werden können, und auch die Bebilderung ist unserer Meinung nach teilweise wirklich unnötig.

Gut. Und warum genau gibt es diese Broschüre nicht mehr?

2007 wurde gegen die Autorin Ina-Maria Philipps und die BZgA bei der Staatsanwaltschaft Köln Anzeige erstattet – wegen öffentlicher Aufforderung zum sexuellen Missbrauch von Kindern.
Irene Johns vom Kinderschutzbund meinte zu jenen Broschüren, dass „obwohl die Broschüre ganz anders gemeint ist, Pädophile sie als Rechtfertigung nutzen könnten“.

Das Bundesfamilienministerium, damals noch unter der Leitung der damaligen Familienministerin Ursula von der Leyen, reagierte recht schnell auf die öffentliche Diskussion um diese Broschüren und entfernte sie von der Online-Präsenz des BZgA, jedoch lagen sie anscheinend noch mindestens zwei Jahre lang in gedruckter Form in Kindergärten, bei Familienbildungsstätten und bei Kinderärzten.

Fazit:

Ja, es gab tatsächlich solche Broschüren. Ja, sie hatten strittige Passagen und Bilder. Ja, sie wurden aus dem Verkehr gezogen.

Aber nein, es handelte sich nur um Broschüren. Nicht um einen Gesetzesentwurf. Auch nicht um eine „amtliche Anleitung als Rechtfertigung für Pädophile“, wie der Kölner Express Irene Johns vom Kinderschutzbund damals fälschlich zitierte.

Und es gibt auf jeden Fall keine Legalisierung von Pädophilie und Kindesmissbrauch in Deutschland und der EU!

 

Autor: Ralf, mimikama.org

Quellen:
Spiegel-Online
Institut für Sexualpädagogik
Wikipedia

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