Lebt Osama bin Laden auf den Bahamas? – Eine Hoax-Rasur

Autor: Ralf Nowotny

Was haben Elvis, Jim Morrison, Marylin Monroe, 2Pac und Adolf Hitler gemeinsam? Alle tot? Nö.


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Vorab: Wieder einmal zeigt sich, dass sogenannte „alternative Medien“ sich nur insoweit hervortun, indem sie keinerlei Quellenforschung betreiben, sondern einfach nur schreiben, was ihnen in den teils hetzerischen Kram passt. Und sich dann auch noch wundern, dass die „Lügenpresse“ nicht darüber berichtet. Aber lest selbst….

Alle angeblich noch am Leben. In die illustre Reihe der Totgeglaubten reiht sich nun ein bärtiger Terrorist ein, der laut „Schutzengel-Orga“ ein schönes Leben auf den Bahamas genießt. Sogar rasiert hat er sich. Dann wollen wir mal schauen, ob wir diese „Breaking-News“ nicht auch rasieren können…

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„Bin Laden „Lebendig auf den Bahamas“, Sagt Edward Snowden“

…titelt der schon in der Vergangenheit durch seine Falschmeldungen aufgefallene BlogSchutzengel-Orga“. Weiter heißt es in unfreiwillig komischen Google Translate-Deutsch:

„National Security Agency Whistleblower Edward Snowden, hat eine neue umstrittene Behauptung und sagte, dass er besaß einige Sachen beweisen, dass Osama Bin Laden noch am Leben ist.

Snowden, der als Flüchtling in Russland lebt nach Dokumenten über die NSA Überwachungsprogramme undichte hat einige zuvor nicht gemeldeten Behauptungen über die berühmte Terrorist, Osama bin Laden, in einem Interview mit der Moskauer Tribune gemacht.“

Klar soweit?

Nicht wirklich. Aber die Experten von „Schutzengel-Orga“ haben wahrscheinlich nur wenig Zeit für echte Übersetzungen, deswegen muss es genügen, einen Artikel der süd-asiatischen englischsprachigen Seite von „The Indian Panorama“ durch den Translator zu jagen und auf das virtuelle Papier zu rotzen.

Rasur, Teil 1: Einschäumen

Zuerst tragen wir ein wenig Rasierschaum auf den Bart, sprich: wir schäumen einen Artikel auf, indem wir einen unumstößlichen Beweis für die Behauptung in Bildform einfügen.

In diesem Fall müssen wir den Barbier der Schutzengel rügen, denn der Play-Button existiert nur auf dem Bild, ein Video ist nicht zu sehen. Schade. Aber Screenshots sind nun mal nicht jedermanns Sache. Also schäumen wir ein wenig nach und zeigen den Schutzengeln, wo man das Bild besser findet:

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Schaut schon besser aus. 2007 ging nämlich dieses Bild bereits rum, wie u.a. der BlogHot Air“ berichtete. Damals wurde vermutet, dass in einem neuen Video bin Ladens er einen falschen Bart tragen würde und in Wirklichkeit wie der Herr rechts aussehen könnte, um sich unerkannt bewegen zu können. Schon damals war dies eine unwahrscheinliche Vermutung, denn ein bartloser Muslim fällt dort noch viel mehr auf.

Es geht aber noch ein wenig älter, denn bereits 2004 existierte dieses Photoshop-Kunststückchen:

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„The Spoof!“, eine englischsprachige News-Seite, die ausschließlich erfundene Nachrichten ihrer Leser veröffentlicht, berichtete damals, bin Laden will sich rasieren, um bei der Beerdigung des US-Präsidenten Ronald Reagan dabei sein zu können und bei der Gelegenheit Präsident George W. Bush die Hand schütteln.


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In allen Frisörläden rund um Washington solle deshalb jenes Bild hängen, um bin Laden evtl. quasi noch mit der Rasierklinge am Hals zu schnappen.

Rasur, Teil 2: Glatt rasieren

Nun sind wir mal gnädig, denn vielleicht verstehen die Schmutzengel das Bild ja als Symbolbild. Bleibt immer noch die Meldung übrig, und wenn in irgendeiner Behauptung „Edward Snowden“ steht, wird oftmals gar nicht mehr nach dem Wahrheitsgehalt gefragt. Schließlich hat Snowden ja schon einiges geleakt, warum also auch nicht so eine Sensationsmeldung?

Wer nun ein wenig nach Moscow Tribune, Snowden und Osama googlet, wird überrascht sein: sehr viele meist verschwörungstheoretische Seiten verbreiten diese Meldung seit September 2015 bis heute. Und wie denkt der unerfahrenere Internet-User? „Wenn es überall steht, muss es wahr sein“. Sicherlich dachten so auch die Wutzengel-Experten. Vielleicht. Vielleicht ist Recherche aber auch nicht so wirklich deren Ding. Und vielleicht ist die Verbreitung eines Hoaxes einfach wichtiger.

Ein Hoax?

Richtig, ein Hoax. Die Ursprungsmeldung, dass Edward Snowden Beweise habe, wonach bin Laden noch am Leben sei und sich auf den Bahamas mit seinen fünf Frauen vergnügt, stammt nämlich von jener Seite:

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Die Seite „World News Daily Report“ berichtete am 28. August 2015 erstmals von jenem Leak… neben anderen Sensationen, dass z.B. Wissenschaftler den Sitz der Seele im Gehirn fanden, ein Zooangestellter während der Vergewaltigung eines Alligators starb und ein Mann an Unterkühlung starb, nachdem er 227 Kilo Eiscreme auf einmal aß.

Ihr merkt es vielleicht schon: „World News Daily“ Report ist eine sogenannte „Fauxtire“-Seite, also eine Seite, die echt klingende Nachrichten bringt, aber nur aus Fakes, Hoaxes und Satire besteht, wie auch deren Disclaimer zeigt:

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„WNDR übernimmt jegliche Verantwortung für die satirische und fiktionale Form ihrer Artikel und deren Inhalte. Alle in den Artikeln genannten Personen – selbst, wenn sie auf echten Personen beruhen – sind absolut fiktional, und sämtliche Ähnlichkeiten zwischen ihnen und einer lebenden, toten oder untoten Person sind ein reines Wunder.“

Rasur, Teil 3: Abwischen

Betrachten wir uns noch einmal das Werk der Hurzengel:

  1. Zuerst wird sich ein mindestens 12 Jahre altes Photoshop-Werk geschnappt, um zu beweisen, dass Osama bin Laden noch lebt.
  2. Dann nahmen sie eine Meldung von irgendeiner beliebigen News-Seite, schredderten sie durch den Google Translator und klatschten sie lieblos auf ihre Webseite.
  3. Eine Quellenforschung nicht nötig: Es steht im Internet, also muss es wahr sein. Punkt. In Wirklichkeit sind nicht nur sie, sondern auch viele andere Seiten, auf eine Satire-Nachricht hereingefallen.

Wieder einmal zeigt sich, dass sogenannte „alternative Medien“ sich nur insoweit hervortun, indem sie keinerlei Quellenforschung betreiben, sondern einfach nur schreiben, was ihnen in den teils hetzerischen Kram passt.

Und sich dann auch noch wundern, dass die „Lügenpresse“ nicht darüber berichtet.

Warum auch? Seriöse Journalisten achten auf die Quellen, und schwirren nicht wie kopflose, unorganisierte Schutzengel durchs Internet, die wie Baby-Papageien an allem knabbern, solange es auch nur irgendwie nach Futter ausschaut, auch wenn es nur ein Stück Holz ist.

So es echte Schutzengel gibt, mögen sie uns vor falschen Schutzengel-Orgas schützen, die nichts anderes können als Fakes zu verbreiten. Amen.

Autor: Ralf Schutzengel-Jäger, mimikama.org

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