Große Kraftstoffunternehmen sind wütend? Ach komm … was eine Story

Autor: Andre Wolf

Artikelbild von mattcabb / Shutterstock.com
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Benzin ist teuer geworden. Diesel natürlich auch. Was wäre, wenn man auf einfache Art und Weise dabei sparen kann?

Am besten mit so einem kleinen technischen Ding, ohne dass man selbst das eigene Fahrverhalten ändern muss. Ein Traum, oder?

Genau darum geht es bei diesem Video, welches auf Facebook unter anderem als gesponserter Beitrag zu sehen ist. Ein Video mit dramatischer Musikuntermalung. Ein Video, in dem die Geschichte von Lukas erzählt wird. Lukas, ein Student, der während seiner Abschlussarbeit an der Universität rein zufällig ein „Treibstoffspargerät“ erfunden hat.

Als er diese Ergebnisse veröffentlichte wurde er von der Uni geworfen (WHAT???) und es kommt noch besser: Er wurde von der Security aus der Uni heraus begleitet. Angeblich das alles, weil Menschen in Politik und Wirtschaft nicht wollten, dass sein Treibstoffspargerät in die Öffentlichkeit gelang. Selbst Ölkonzerne wollen angeblich dieses Produkt aus der Welt klagen, so wie es Hugo (sein Bruder?) in demselben Video später beschreibt.

Und deswegen existiert jetzt dieses Video, ein 5 Minuten langer Trailer voller Dramatik, Verschwörung und unglaublichen Erkenntnissen. Wer Zeit hat, darf es sich gerne mal anschauen. Lachen ist dabei erlaubt, glauben sollte man es nicht:

https://www.facebook.com/177643762958646/videos/2132261460169588/

Das Treibstoffspargerät

Na kommt, lieber Lukas und Hugo, oder wie auch immer ihr heißt, unter uns alten Tuningkollegen braucht ihr keinen Murks erzählen. Denn, liebe Leserinnen und Leser, wir bei Mimikama stammen nicht nur aus verschiedenen Berufsfeldern, sondern haben auch privat unterschiedliche Interessen bei der Hobbywahl.

Nun ja, so manchen mag es überraschen, aber ich tummle mich beispielsweise seit vielen Jahren in der Autoszene umher. Und da kennt man diese kleinen „Wunderdinger“ natürlich. Also reden wir mal Klartext: Was in diesem Video auf hochdramatische, verschwörerische Art und Weise beworben wird, ist nichts anderes als ein sog. OBD-Tuning. Auch Chip-Tuning oder Kennfeldoptimierung genannt. Nur funktioniert das im professionellen Bereich deutlich komplizierter.

Die Begriffe hat man natürlich in dem Trailer bewusst nicht genutzt, denn sie klingen ja nicht so mythisch. Aber wir benutzen sie und erklären auch, was das da ist, was im Video beworben wird. Denn es handelt sich hierbei schlichtweg um ein Werbevideo.

Beworben wird ein kleiner Stecker, den man im Auto auf einfachste Weise „Plug & Play“ an der OBD-Schnittstelle anstecken kann. Bei der OBD-Schnittstelle handelt sich um einen standardisierten Kommunikationsanschluss, mit dem man auf das Diagnoseprotokoll des Fahrzeugs zugreifen kann. Dass passiert in der Werkstatt täglich, Privatpersonen mit entsprechenden Steckern und einer Software können das natürlich auch.

Und dieser kleine Stecker lässt sich nun auf diese Schnittstelle stecken und soll (nach eigenen Angaben) die vorhandene Software insofern beeinflussen, dass das Kennfeld in puncto Spritverbrauch verändert wird. Das ist nichts Neues, bei einer klassischen und professionellen Kennfeldoptimierung geschieht das normalerweise immer – nur holt man meist mehr Leistung aus dem Fahrzeug und der Verbrauch geht dabei nach oben.

In diesem Fall soll also der kleine Stecker das Gegenteil schaffen. Er soll den Verbrauch um bis zu 30% senken.

Skepsis

So weit, so gut. Problem an dieser Stelle: jeder Hersteller hat seine Fahrzeuge unterschiedlich optimiert. Manchmal werden sogar in einigen Modellen die gleichen Motoren eingebaut, diese jedoch lediglich mit unterschiedlicher Software ausgestattet und schon hat man unterschiedliche Fahrzeuge. Wir haben darüber bereits schon einmal berichtet, als es darum ging, dass der VW-Konzern in verschiedenen Modellen die gleichen Motoren nutzt (siehe hier).

Da reicht es dann, dass die Zuluft- und Abluftwege, die Übersetzung des Getriebes oder die Software in den unterschiedlichen Fahrzeugen der Marken leicht verändert wird, und schon wirkt sich das auf das Fahrverhalten aus.

Das ist jetzt nicht unüblich. Jetzt soll jedoch dieses kleine Wunderprodukt, was auf der verlinkten Webseite unter dem Werbevideo für 44,99 € bestellbar ist, lediglich zwischen Diesel und Benziner unterschiedlich eingesetzt werden. Marke und Modell spielen da keine Rolle.

Das klingt ein wenig gefährlich oder halt unglaubwürdig, da bei der Kennfeldoptimierung zunächst ausgelesen werden muss, wie das vorhandene Kennfeld aussieht, jenes dann analysiert und am Ende dem Wunsch entsprechend neu programmiert wird. Ein kleiner Stecker, der vermutlich weder ausliest, noch analysiert, ist da schon mehr als fragwürdig.

Teuer und fragwürdig

Wie bereits angeführt, kostet dieser Stecker auf der Bestellseite 44,99 €. Optisch sehr ähnliche Produkte aus Fernost gibt es auf Amazon beispielsweise für unter drei Euro (vergleiche).

Besonders interessant an dieser Stelle: auf der Webseite blafusel.de wurden genau solche Stecker analysiert und beschrieben. Hier findet man bereits in der Überschrift des Artikels recht deutliche Worte, denn die Schlagzeile lautet „Betrug beim (Chip-) Tuning mit ecoOBD2 und nitroOBD2″. Dieser recht lesenswerte Artikel endet mit folgendem Fazit:

Die Antwort ist einfach und naheliegend: die getesteten Geräte sind Beschiß, Betrug, Nepp, Bauernfängerei. Wer sich so was kauft, hat sein Geld rausgeschmissen.

Wer also Interesse daran hat, was bei diesem Test genau herausgekommen ist, dem empfehlen wir den Analyseartikel (hier).

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