Kein Fake – Der Aufruf, ein Prügelvideo zu teilen

Autor: Tom Wannenmacher

Seit gestern Abend (Mittwoch, 08.01.2014) kursiert auf verschiedenen Facebookseiten ein reales Prügelvideo, in dem zwei junge jugendliche Mädchen ein drittes Gleichaltriges brutal verprügeln.

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Das Video ist echt

Zum 1.) Dieses Video ist echt, ist seit keinen 24 Stunden im Umlauf und spielt sich sich in einem Berliner Stadtteil ab. Damit ist das Video KEIN FAKE.

Der genaue Aufnahmezeitpunkt des Videos ist derzeit nicht bekannt, ist für den Verlauf dieses Beitrages aber auch nicht weiter wichtig.

Zum 2.) Befindet sich unter dem Video die Aufforderung, selbiges zu teilen:

Was los mit diesen Jungs anstatt hör auf zu sagen helft ihr doch ihr Fehlgeburten.. Bitte teilt das Video damit jeder es sieht und diese 2 kleinen Oruspiiis [sic] sollen ihre Strafe bekommen!!!

Inhaltlich möchten wir gar nicht weiter auf das Video eingehen, dazu gibt es in Deutschland eine Staatsanwaltschaft, bzw. die Möglichkeit der Anzeige, welche Opfer generell nutzen sollten.

Wichtig ist es jedoch zu hinterfragen, ob es Sinn macht und dem Opfer hilft, dieses äußerst brutale Video auf einer öffentlichen Plattform wie Facebook zu teilen.

Privater Fahndungsaufruf

Da es zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Polizeiermittlung gibt ist der Aufruf zum Teilen mit dem Ziel, die gerechte Strafe zu erteilen, erst einmal ein privater Aufruf siehe Mimikama-Bericht vom 05.01.2013 https://www.mimikama.org/allgemein/private-fahndungsaufrufe-auf-facebook-warum-diese-verboten-und-strafbar-sind/ ).

Private Fahndungsaufrufe können zu einer Strafbarkeit führen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit entstehen zumindest zivilrechtliche Ansprüche. Auch wenn in diesem Fall das Teilen dazu dienen soll, auf einen Tatbestand aufmerksam zu machen, bewegt sich der Aufruf auf dünnem Eis.

Die Folge ist eine private Hetzjagd, was nun virtuell auch schon geschehen ist. Mutmaßungen über Name, Wohnort und Schulangehörigkeit der Täterinnen (da bisher unbestätigt schreiben wir Mutmaßungen) fließen in die Facebook-Kommentare ein und machen so die Täterinnen eventuell zur Zielscheibe eines blind wütenden Mobs. Das sieht hier so aus:

Aus Berlin-XXXXX. Eine Schülerin ist von der XXXXX-Schule ( vermutlich XXXXXschule) eine Täterin heißt XXXXX XXXXX!!!!!!!!!!!!! XXXXX, ich weiß, du ließt das hier. Klick mich an, ich schenke dir mein Reisepass und dann sieh zu dasd du ganz schnell das Land verlässt! AB JETZT WIRD DIE LUFT HIER ENG FÜR DICH!!!

Kommentare wie diese schüren das Feuer und bringen eine gefährliche Dynamik in den schon bestehenden Beitrag. Folgekommentare sehen so aus:

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An dieser Stelle nochmal Ausdrücklich:
Exekutive Funktionen in Bezug auf einen solchen Fall haben in Deutschland nur Polizei und Staatsanwaltschaft, die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut!

Opferschutz

Ein weiterer, wichtiger Punkt, warum Videos (Fotos) mit Opferdarstellung NICHT verbreitet werden sollten, ist der Schutz des Opfers.

Das Opfer wird in diesem Video ungeschont dargestellt. Ihre Tränen, der Hohn Anderer und ihr Schmerz ist mehr als deutlich zu sehen. Durch eine Vermehrung und immer erneute Teilung des Videos werden diese Gefühle weitergegeben und sie wird auch noch in unabsehbarer Zeit an diesen Moment erinnert.

Spott und Hohn können auch zu späterem Zeitpunkt noch auf sie einbrechen, auch wenn der Tatzeitpunkt schon längst vergangen ist.

Die gezogenen Erfahrungen aus unserer Arbeit zeigen immer wieder, dass auch Jahre später auf einmal Videos aus der Versenkung tauchen und für aktuell angepriesen werden. ( jüngstes Beispiel ist ein Video von 2010, dessen Fahndungsaufruf erst vor wenigen Tagen wieder aufloderte https://www.mimikama.org/allgemein/lchelnde-chinesin-ttet-einen-hund/ )

Daher die Bitte: bitte allein aus Rücksicht auf Opfer Gewaltvideos / Gewaltfotos nicht weiter teilen!

Doch wie statt dessen handeln?

In einem offensichtlichen Fall wie diesen muss der erste Weg der betroffenen Personen der Gang zu Vertrauenspersonen wie Eltern, Lehrer oder andere souveräne (und vernünftige) Personen sein.
In diesem besonderen Fall ist auch ganz klar der Gang zur Polizei anzuraten. Sowohl von Opfer, als auch Zeugen!
Das entstandene Video darf dabei im Grunde nicht im Netz landen, sondern als Beweismittel bei einem Verfahren vorliegen.

Zum aktuellen Fall ist nun noch Anzumerken:
Bitte, liebe Leser, rennt jetzt nicht direkt in die nächste Polizeidienststelle!

Wir müssen stark davon ausgehen, das unlängst Anzeige erstattet wurde, da dieses Video durch vielfaches Teilen schon große Aufmerksamkeit bekommen hat.

Autor: Andre, mimikama.org

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