Inkasso: Jede zweite Forderung fragwürdig

Autor: Tom Wannenmacher

Jede zweite Forderung fragwürdig. Verbraucherzentralen werten über 1.400 Beschwerden aus!

Über die Hälfte der uns vorliegenden Inkasso-Forderungen sind fragwürdig. Die Gebühren sind oft unverhältnismäßig hoch und Verbraucher werden durch unseriöse Inkassodienste massiv unter Druck gesetzt.
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„Über die Hälfte der uns vorliegenden Inkasso-Forderungen sind fragwürdig. Die Gebühren sind oft unverhältnismäßig hoch und Verbraucher werden durch unseriöse Inkassodienste massiv unter Druck gesetzt.“

So fasst Andrea Heyer, Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Sachsen, die Ergebnisse einer bundesweiten Inkasso-Aktion der Verbraucherzentralen zusammen.

Vom 1. Mai bis 31. August dieses Jahres wurden 1.413 Verbraucherbeschwerden zu Inkassodiensten erfasst.

Denn trotz gesetzlicher Verbesserungen im Vorjahr sind die Anfragen in den Beratungsstellen nicht abgeebbt.

„Die hohe Zahl Forderungen, die die Adressaten nicht nachvollziehen können, zeigt, dass Verbraucher Inkasso-Rechnungen stets hinterfragen und prüfen sollten“, so Heyer.

Fragliche Vertragsgrundlagen und uneinheitliche Gebühren

Bei den eingegangenen Beschwerden stammte fast jede fünfte Forderung von einem Telekommunikationsanbieter.

Geltend gemacht wurden auch Ansprüche aus Gewinnspielen, E-Mail-Diensten, Dating-Portalen oder dem Versandhandel. In 56 Prozent konnte keine Vertragsgrundlage für die Forderung ermittelt werden.

„Inkassodienste sind nicht verpflichtet, die Ansprüche, die sie eintreiben, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Auch seriöse Inkassounternehmen können deshalb zweifelhafte Forderungen verschicken. Das ist ein enormes Problem und erklärt die auffällig hohe Zahl“, so Rechtsexperte Michael Hummel von der Verbraucherzentrale Sachsen.

Zudem zeigt die Auswertung, dass Inkassogebühren nicht einheitlich berechnet werden.


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Für einfache und standardisierte Zahlungsaufforderungen sind die Gebühren oft unangemessen hoch.

„Bei Bagatellforderungen wachsen die Kosten dann unverhältnismäßig an“, kritisiert Hummel.

Drohgebärden und vorformulierte Schuldanerkenntnisse

In einem Drittel der geprüften Anschreiben wurde Verbrauchern zudem massiv gedroht, darunter mit Schufa-Einträgen, Strafanzeigen oder Zwangsvollstreckungen.

„Betroffene zahlen häufig aus Angst, obwohl sie dazu möglicherweise gar nicht verpflichtet sind“, so Hummel.

In 20 Prozent der ausgewerteten Fälle wurden Verbraucher gedrängt, eine Ratenzahlungsvereinbarung zu unterzeichnen. Häufig ist daran ein vorformuliertes Schuldanerkenntnis gekoppelt.

„Mit diesem Trick versuchen die Inkassodienste, sich eine gültige Rechtsgrundlage zu verschaffen“, warnt der Rechtsexperte weiter.

Keine effektive Aufsicht

Stichprobenartig meldeten die Verbraucherzentralen Bayern und Sachsen-Anhalt 16 auffällige Inkassounternehmen bei den zuständigen Aufsichtsbehörden.

Diese haben in keinem Fall eigene Maßnahmen eingeleitet. In vier Fällen erklärten die Gerichte, dass sie mangels gesetzlicher Grundlage nicht tätig werden können.

„Es gibt durchaus geltende Gesetze. Die Aufsichtsbehörden setzen sie schlichtweg nicht um“, beklagt Hummel.

Auch bei ausländischen Unternehmen – etwa mit Sitz in der Tschechischen Republik oder Konten in Rumänien – findet keine Kontrolle statt.

„Hier ist die Zuständigkeit tatsächlich unklar mit dem Ergebnis, dass nichts unternommen wird“, so Hummel.

Regelungslücken schließen

Am 1. November 2014 traten die neuen Regelungen für Inkassounternehmen im Rahmen des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken in Kraft.

Hierfür hatten sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen stark gemacht. Dennoch gibt es weiterhin politischen Handlungsbedarf.

Das heute veröffentlichte Positionspapier des vzbv fordert deswegen nicht nur ein verbindliches Muster für die Darstellung der Pflichtinformationen, damit Verbraucher Forderungen einfacher prüfen können, sondern auch, die Aufsicht über Inkassounternehmen stärker zu bündeln. Außerdem sollte die Höhe von Inkassokosten verbindlich geregelt werden, um willkürliche und überhöhte Gebührenforderungen zu verhindern.

Bei Problemen mit Inkassoforderungen hilft die Verbraucherzentrale vor Ort oder im Internet unter www.verbraucherzentrale.de. Außerdem sucht die Verbraucherzentrale Sachsen noch bis zum Ende des Jahres dreiste Abzocke-Maschen, Service-Nieten und Betrüger im Rahmen der Wahl zum „Prellbock 2015“. Hier geht es zur Abstimmung: www.verbraucherzentrale-sachsen.de/prellbock-2015

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