Faktencheck zum Video „Dr.med Claus Köhnlein erklärt den Corona Wahnsinn“

Autor: Ralf Nowotny

Faktencheck zum Video "Dr.med Claus Köhnlein erklärt den Corona Wahnsinn"
Faktencheck zum Video "Dr.med Claus Köhnlein erklärt den Corona Wahnsinn"

Aktuell wird ein Youtube-Video verbreitet, in dem ein Arzt erklärt, dass er die Zuverlässigkeit der Tests und die Gefahr von SARS-CoV-2 anzweifelt.

Das Video findet sich seit dem 20. März auf Youtube. In dem 7:53 Minuten langen Ausschnitt aus der Sendereihe „Der fehlende Part“ (erkennbar am Logo oben links) berichtet Dr. med Claus Köhnlein, Internist mit einer Praxis in Kiel, gleich am Anfang, dass er Patienten den Test auf den neuen Coronavirus SARS-CoV-2 verweigerte, da er ihn für Unsinn halte.

Von wem stammt das Video?

Wie bereits oben beschrieben, erkennt man oben links im Video ein Logo: „Der fehlende Part“. Unter dem Video ist in der Beschreibung die Ursprungsquelle jenes Videos angegeben: Es stammt von „RT Deutsch (RT = Russia Today), die Dame im Gespräch ist Margarita Bityutski, der Artikel mit dem eingebetteten, kompletten Video stammt ebenfalls vom 20. März.

Von wann stammt das Video?

Man sollte eigentlich meinen, dass es ebenfalls vom 20. März stammt, es gibt jedoch Indizien, dass das Video einige Tage früher entstanden ist.

„Wenn man jetzt hört, 20.000 Erkrankte in Italien…“

So wird die nächste Frage an Dr. Köhnlein eingeleitet, und diese Zahl zeigt auch, von wann das Video stammt. Schauen wir uns nämlich die Timeline der offiziellen Zahlen an, sieht man, dass Italien am 14. März um 19 Uhr die 20.000er-Marke überschritten hat, am 15. März um 18 Uhr steigerte sich die Zahl dann auf über 24.000.

Quelle: Kachelmannwetter, Zahlenquellen: worldometers.info & Johns-Hopkins-Universität
Quelle: Kachelmannwetter, Zahlenquellen: worldometers.info & Johns-Hopkins-Universität

Vom Tageslicht während des Interviews ausgehend, kann man sagen, dass das Interview wohl am 15. März stattgefunden hat. Zwischen dem Interview und der Veröffentlichung im Internet vergingen also fünf Tage.

Ergänzung:
Da es bereits Fragen dazu gab, wie wir auf das Datum des Interviews kommen, hier noch einmal ausführlich:

  • In dem Interview spricht die Dame von rund 20.000 Infizierten in Italien
  • Vom 14. März, 19 Uhr bis zum 15. März, 18 Uhr lag die Zahl der Infizierten bei 21.157, davor und danach signifikant niedriger bzw. höher
  • Ab 19 Uhr gibt es kein helles Tageslicht mehr im März
  • Somit muss das Video am 15. März während des Tages stattgefunden haben, gut erkennbar am Lichteinfall durch das Fenster der Praxis

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Die Wirksamkeit der Tests

Laut Dr. Köhnlein ist bei sogenannten PCR-Tests „falsch-positive Ergebnisse vorprogrammiert“ sind, man also oftmals positiv auf SARS-CoV-2 getestet werde, obwohl man gar nicht infiziert sei. Laut seiner Schätzung träfe das auf 50 Prozent der Testergebnisse zu.

Allerdings ist eher das Gegenteil der Fall!

Beim PCR-Test (PCR = Polymerasekettenreaktion) werden bestimmte Bereiche der viralen RNA untersucht, meist zwei oder mehr spezifische Gene. Der Test fällt dann etwa positiv aus, wenn die zwei oder mehr Gene erfasst werden. Je mehr Gene erfasst werden, umso genauer ist der Text, umgekehrt aber: je weniger Gene erfasst werden, umso eher schlägt der Test negativ aus.

Dies bedeutet:
Der Test spürt kleinste Mengen des Erbmaterial der Viren auf, doch kann es in der Frühphase einer Infektion dazu kommen, dass der Test negativ ausfällt, obwohl man infiziert ist. Umgekehrt kann der Test nicht unterscheiden, ob die gefundenen Viren noch infektiös sind oder nur noch „Überreste“.

Wahrscheinlich meint Dr. Köhnlein auch genau jene Fälle, wie sie bei den Patienten in München Mitte Februar vorkamen: Sie wurden eindeutig positiv getestet, waren jedoch nicht (mehr) infektiös. Aber exakt aus diesen Gründen werden ja noch weitere Tests in den Krankenhäusern durchgeführt, denn die Gefahr, dass jemand nun doch infektiös ist, liegt relativ hoch.

Die ewigen 25.000

Im Interview vergleicht Dr. Köhnlein die COVID-19 Erkrankungen mit der Grippewelle, „an der ja auch jährlich 25.000 sterben“.
Dies ist allerdings so nicht korrekt! Wie das RKI auch betont, handelt es sich erstens bei den Grippetoten immer nur um Schätzungen, zweitens gab es nur ein einziges Mal 25.000 (genau genommen: 25.100) Tote, in den Jahren schwankt die Zahl aber sehr stark zwischen wenigen Hundert bis zu 20.000.

„Wenn Sie den Test wegnehmen würden, wäre das Leben wie vorher“

Diese Aussage wurde auch von Dr. Wodarg getätigt (wir berichteten),
Harald Lesch geht auf jene Behauptung in einem Video für das ZDF sehr anschaulich darauf ein:

„Normalerweise sterben in Italien bei einer Gesamtbevölkerung von 60 Millionen Menschen jeden Tag etwa 2.000 Personen.
Gestern, am 18. März 2020, waren es 475 Tote mehr. Das heißt, wir haben eine Steigerung um deutlich mehr als 20 Prozent.
Und das wäre uns in der Statistik nicht aufgefallen?“

Unter dem Youtube-Video finden sich auch Links zu den genannten Zahlen, hier ein Auszug:

– Einwohnerzahl Italiens: Nationales Institut für Statistik, Italien: https://www.istat.it/en/

– Todesfälle im Mittel pro Tag in Italien: Plausibilitäts-Abschätzung ist die Bevölkerungszahl geteilt durch die Lebenserwartung geteilt durch Tage im Jahr (verfälscht durch Alterskurve und Dynamik in der Lebenserwartung)
Factfish zitiert UN-Daten, die bei 10,6 pro 1000 Einwohner pro Jahr landen: http://www.factfish.com/de/statistik-land/italien/sterberate%2C%20gesamt
Für eine möglichst konservative Abschätzung und um die höhere Wintersterblichkeit abzubilden haben wir auf 2000 aufgerundet.

– Aktuelle Todeszahl Italien: Datenbank der Johns Hopkins University, auf die auch das Robert-Koch-Institut verweist, wenn es um internationale Zahlen geht: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6

Weltweit werden höhere Sterberaten jeden Tag verzeichnet, dies alleine widerspricht der Aussage des Dr. Köhnlein, man würde es gar nicht bemerken!

„Die Letalität erhöht sich durch die Behandlung“

Als Beispiel führt Dr. Köhnlein die Behandlung eines 50-jährigen Patienten an, über dessen Behandlung im Fachmagazin „Lancet“ berichtet wird. Tatsächlich verstarb jener Patient. Ungewiss jedoch, ob er nun wirklich durch die Behandlung starb (die Köhnlein als hoch toxisch bezeichnet) oder nun doch an COVID-19.

Zudem vermutet er nun einfach, dass dieselbe Behandlung nun auch in Italien angewendet wird und sich nur aufgrund der Behandlung die Sterbezahlen erhöhen. Er betont, dass die Mittel teilweise auch bei der AIDS-Behandlung eingesetzt werden, ein Punkt, den wir uns noch merken müssen!

Wer ist Dr. Köhnlein?

Der Arzt ist in gewissen Kreisen keine unbekannte Person:
Bereits in der Vergangenheit bestritt er vehement die Entstehung von AIDS, eine HIV-Infektion habe damit gar nichts zu tun. Seiner Meinung nach führt der Konsum von Drogen, Medikamenteneinnahme, Anwesenheit von Pestiziden und Schwermetallen, Mangelernährung, Luftverschmutzung oder nur Stress zu der Erkrankung.

Zudem gilt er als ausgesprochener Impfgegner, Krankheiten wie Schweinegrippe, Vogelgrippe, SARS, Hepatitis C, Ebola und BSE wurden nur „aus Profitzwecken erfunden“. Diese Ansichten publiziert er auch in seinem Buch „Virus-Wahn“.

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Fazit

In dem Interview mit dem russisch-populistischen Sender „RT Deutsch“ äußert Dr. Köhnlein Behauptungen und Vermutungen, die schon zum damaligen Zeitpunkt, aber auch heute, nicht haltbar sind.

Seine Positionierung als AIDS-Leugner und Impfgegner lassen zudem erkennen, dass er auch weiterhin behaupten wird, dass COVID-19 nur eine erfundene Seuche ist, damit Mediziner weltweit Profit machen können – quasi eine medizinische Verschwörung, an der hunderttausende Ärzte und Wissenschaftler weltweit stillschweigend beteiligt sind.

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