Faktencheck: War der CO2-Anteil in der Atmosphäre 1890 so hoch wie heute?

Autor: Ralf Nowotny

In einem Buch von 1890 steht, dass der CO2-Anteil in der Atmosphäre 0,04 Prozent beträgt, also eigentlich genauso hoch war wie heute. Ist damit entlarvt, dass es keinen Klimawandel gibt?

Es handelt sich dabei auch nicht um irgendein Buch, sondern um „Meyers Konversationslexikon“ von 1890, in dem dieser CO2-Wert steht.
Dieses Sharepic kursiert diesbezüglich in sozialen Medien:

MIMIKAMA
Screenshot: mimikama.org

Steht das da tatsächlich?

Der Wert wurde nicht mit einer Bildbearbeitungssoftware geändert, sondern stand dort wirklich, wie man beispielsweise auch auf den Seiten der „Retrobibliothek“ sieht:

MIMIKAMA
Screenshot: mimikama.org

Kurz erklärt: Warum ist CO2 schlecht für das Klima?

CO2, oder auch Kohlendioxid ist ein sogenanntes Treibhausgas, da es wie in einem Treibhaus verhindert, dass Wärme von der Erde ins Weltall entweicht. Das ist prinzipiell gut, sonst wäre es bitterkalt hier, doch wenn zuviel Wärme nicht entweichen kann, heizt sich die Erde immer mehr auf und die globalen Temperaturen steigen.
Kohlendioxid kommt natürlich in der Natur vor und wird von Meeren und Pflanzen wieder aufgenommen. Seit der Industrialisierung produzieren Menschen aber mehr Kohlendioxid, beispielsweise durch das Nutzen fossiler Brennstoffe, als die Natur wieder aufnehmen kann.

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Das Problem mit früheren Messmethoden

Wenn man alleine nach Büchern geht, wird es ohnehin problematisch, da es beispielsweise in „Das große Conversations-Lexicon für die gebildeten Stände“ von 1851 heißt, dass der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre 0,0004 bis 0,005 vom Volumen (0,04 bis 0,5 Prozent) ausmache.

MIMIKAMA
Screenshot: mimikama.org

Bereits 1984 wurden die Messmethoden und -ergebnisse früherer Jahrzehnte angezweifelt, da zum damaligen Zeitpunkt noch nicht klar war, wie Kohlendioxid überhaupt in die Atmosphäre gelangt und welche Einflüsse genau auf die Messergebnisse einwirken. Beispielsweise ergeben sich im Sommer ganz andere Werte als im Winter, an der Küste bekommt man wiederrum andere Werte als in der Großstadt.

Wichtig ist also, dass man globale Werte hat, die den Durchschnitt der CO2-Konzentration in der Luft angeben. Genauso wie man ja auch bei der Temperatur nicht einfach nur die Messwerte aus Helsinki oder Hawaii, sondern die Werte mehrerer Stationen nimmt und daraus die globale Durchschnittstemperatur errechnet.

Wie bekommt man die globalen CO2-Werte von früher?

Bereits 1824 beschrieb Jean-Baptiste Fourier, dass atmosphärische Gase das Klima beeinflussen. 1930 wurde dann schon der Zusammenhang von Kohlendioxid mit dem Klima diskutiert, seit den 1950er-Jahren wurde dann der Einfluß des Menschen durch die Industrialisierung ernst genommen. Damals gab es aber noch keine wirklich zuverlässigen Messmethoden, wie die schwankenden Werte in den alten Büchern zeigen, so dass es zum damaligen Zeitpunkt nur eine Theorie war. 1957/58 gelang dann der Nachweis, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre tatsächlich ansteigt und dass dies durch die Nutzung fossiler Brennstoffe verursacht werde.

Nun ruht sich aber die Wissenschaft natürlich nicht einfach so darauf aus, sondern forschte weiter, ob dem wirklich so sei. In den 1990er-Jahren wurden erstmals Bohrungen in der Antarktis durchgeführt, um in den eingeschlossenen Luftblasen die damalige CO2-Konzentration in der Luft zu messen.
Die Antarktis ist dafür auch deshalb ein geeigneter Ort, da sie fernab von jeglichem industriellen Ausstoß liegt, die Messergebnisse also quasi nicht durch die Fabrik von nebenan verfälscht werden können.

Durch diese Messungen fand man heraus, dass die Werte der vergangenen 800.000 Jahre niemals über 290 ppm (0,029 Prozent) hinausgingen, erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts steigen die Werte kontinuierlich darüber hinaus. Eisbohrungen sind natürlich nicht die einzige Methode, um die CO2-Konzentration zu messen, auch werden beispielsweise Fossile auf ihren damaligen Kohlendioxidgehalt untersucht.

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Wie wird heute gemessen?

Seit 1950 werden regemäßig in Hawaii und am Südpol Messungen vorgenommen. Hier sei wieder der Vorteil der Messungen am Südpol erwähnt:
Zwar wird das meiste CO2 von der Industrie auf der Nordhalbkugel erzeugt, dann würden die Messwerte, beispielsweise in der Arktis, höher sein als sie global wirklich sind. Die Position in der Antarktis bringt niederigere Messergebnisse, da es länger dauert, bis sich das auf der Nordhalbkugel produzierte CO2 bis dorthin verteilt hat. Dafür ist dann sichergestellt, dass diese Ergebnisse auch globaler, nicht regionaler Natur sind.

Wie sind die heutigen Messwerte?

Dazu gibt es glücklicherweise verschiedene Quellen, wer also z.B. der NASA nicht traut (ja, wir kennen alle Verschwörungstheorien rund um die NASA, bisher erwiesen sich alle als Humbug), kann sich auch auf andere Quellen stürzen.

Hier sehen wir die von der NASA veröffentlichten Ergebnisse:

Deutlich erkennbar die Messwerte der letzten 800.000 Jahre, welche seit Beginn der Industrialisierung dramatisch angestiegen sind.
Hier nun die Messwerte der NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) auf Mauna Loa, Hawaii:

CO2-Messungen der NOAA
Quelle der geplotteten Grafik: Stefan Pohl, Wikipedia

Fassen wir zusammen

Seit knapp 60 Jahren ist nachgewiesen, dass der industriell bedingte Kohlendioxidausstoß Auswirkungen auf den CO2-Gehalt der Atmosphäre hat, damit auch das Klima beeinflusst wird. Der prozentuale Anteil mag den meisten Menschen als sehr gering vorkommen, doch reden wir bei den Abweichungen von mehreren Millionen Tonnen CO2, die jedes Jahr zusätzlich durch die Industrie in die Atmosphäre gelangen.

Zudem wird eine Folge der Erwärmung oftmals nicht beachtet: Wasserdampf!
Auch durch kleinste Veränderungen des CO2-Gehaltes wird durch die Erhitzung der Erdoberfläche auch mehr Wasserdampf durch Verdunstung der Meere erzeugt, und jener Wasserdampf hat sogar einen größeren Einfluß auf die globale Temperatur! Durch die Verringerung des CO2-Ausstoßes wird also das Problem bei den Wurzeln gepackt, nicht bei den Symptomen.

Es ist ein wenig naiv gedacht, sich auf die Aussage eines Lexikons zu stützen, welches vor 130 Jahren geschrieben wurde, zu einer Zeit, als es noch gar keine genauen Messmethoden gab. Die heutigen Messmethoden sind zwar sehr viel akkurater, aber noch nicht perfekt. Trotzdem zeigen die Ergebnisse, dass jener menschengemachte Kohlendioxid-Anstieg tatsächlich existiert.

Auch, wenn wir den CO2-Ausstoß nun komplett stoppen könnten: Das Klima würde sich trotzdem noch wenigstens einige Jahrzehnte nicht davon erholen, bis der produzierte Überschuß vollends abgebaut wurde.

Es würde aber auf lange Sicht das komplette Leben auf der Erde retten.

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