„Bananenrepublik Deutschland“? – Ein falsch interpretierter Passeintrag

Autor: Ralf Nowotny

Was Flüchtlinge angeht, so vermuten ja viele, dass Diese über Sonderrechte verfügen. Öl ins Feuer gießt da augenscheinlich das Bild eines Ausweises, welches sich auf diversen Facebook-Seiten teilt und für (unnötige) Aufregung sorgt.

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Im Ausweis sieht man folgenden Eintrag:

„Die Personendaten beruhen auf den eigenen Angaben des Antragstellers. Der Inhaber dieses Reiseausweises ist Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge.“

Weiter steht auf dem Bild:

„Das Dokument der staatlichen Kapitulation !!!
….Bananenrepublik Deutschland“

Was wird suggeriert und warum?

Der große Aufreger ist natürlich, dass jener Reisepass „nach eigenen Angaben“ ausgefüllt ist, sprich: ein Flüchtling, der einen solchen Reisepass besitzt, hat seinen Namen, Geburtsdatum, Herkunft nichtnachweisen können, bekam aber trotzdem einen Reisepass.
Aufgrund dessen wird Deutschland abwertend als „Bananenrepublik“ beschimpft, also als ein korrupter Staat ohne funktionierendes Rechtssystem.

Ist das Bild echt?

Ja. Tatsächlich bekommen Flüchtlinge solche Pässe, tatsächlich findet sich auch ein solcher Eintrag in den Pässen. Und das hat auch einen Grund!

Flüchtlinge und Pässe – Wie ist die Rechtslage?

Grundsätzlich muss jeder Mensch, der sich in Deutschland aufhält, im Besitz eines gültigen Papiers sein, welches die Identität der Person bestätigt. Somit bekommen auch Flüchtlinge, die nicht gegen bestimmte Auflagen verstoßen (z.B. deutliche Anhaltspunkte einer missbräuchlichen Verwendung eines solchen Reiseausweises) gemäß § 5 Aufenthaltsverordnung (AufenthV) einen sogenannten Reiseausweis für Ausländer ausgestellt.

Nun haben wir da einen Flüchtling, der keinerlei Papiere hat. Jenem wird dann gemäß § 4 (1) Satz 1 AufenthV ein Passersatzpapier ausgestellt.

Was hat es mit dem Eintrag im Pass auf sich?

Jener Eintrag nun, dessen Rechtsgrundlage sich in § 4 (6) AufenthV findet, hat aber noch eine besondere Klausel, die zu beachten ist. Wir zitieren:

„Passersatzpapiere nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können mit dem Hinweis ausgestellt werden, dass die Personendaten auf den eigenen Angaben des Antragstellers beruhen. Das Gleiche gilt für Passersatzpapiere nach Absatz 1 Nummer 3 und 4, wenn ernsthafte Zweifel an den Identitätsangaben des Antragstellers bestehen.

Die in dem fettgedruckten Satz erwähnten Nummer 3 und 4 bezeichnen den angegebenen Vornamen und Nachnamen. Und nun wird es wichtig:

Wenn es also Zweifel an diesen Angaben gibt, muss dieser Zusatz in den Ausweispapieren stehen!

Was sind die Folgen mit einem solchen Eintrag?

Räumliche Einschränkung:
Durch den Zusatz ist für Behörden ersichtlich, dass dieser Ausweis nur in Deutschland sowie dem angegebenen Herkunftsland des Flüchtlings gilt. In anderen Ländern ist jener Ausweis dann nur gültig, wenn diese auf der Reise zum Zielort durchquert werden müssen, gem. § 9 AufenthV.
Kurz: Jener Flüchtling darf sich nicht frei in Europa bewegen. Sollte er dies tun und dabei aufgegriffen werden, wird kein neuer Ausweis ausgestellt, eine endgültige Abschiebung droht.

Persönliche Einschränkung:
Nun mag sich vielleicht ein Flüchtling denken: „Dann heirate ich einfach, dann bin ich automatisch Deutscher“. Auch einem solchen Asylmissbrauch wird durch diesen Eintrag ein Riegel vorgeschoben.
Grund:
Im § 12 Personenstandsgesetz ist geregelt, dass für eine Eheschließung amtlich beglaubigte Papiere vorliegen müssen, die Name und Herkunft nachweisen. Durch den Zusatz im Ausweis wird aber klargestellt, dass es keinen amtlichen Nachweis gibt, sondern sämtliche Daten auf eigene Angaben des Flüchtlings beruhen. Daraus folgt: Heiraten nicht möglich.

Die Heirat war dafür nur ein Beispiel, aber zusammenfassend ist zu sagen:
Sämtliche Behördengänge, bei denen amtlich der Name und die Herkunft beglaubigt sein muss, sind für einen solchen Flüchtling nicht möglich. Noch vereinfachter gesagt: Dies ist ein Nachweis, dass der Flüchtling quasi registriert ist. Es hat nicht dieselbe Gültigkeit wie ein Personal- oder Reiseausweis.

Fazit

„Bananenrepublik Deutschland“? Also korruptes, rechtsloses Deutschland?
Ganz im Gegenteil, lieber Ersteller jenes Bildes: Durch diesen Zusatz in einem Ausweis ist geregelt, dass der Inhaber des Ausweises ein Flüchtling ist, der ohne gültige Ausweispapiere eingereist und somit bestimmten Beschränkungen unterworfen ist.

Vielleicht das nächste Mal genauer nachdenken und sich über die Bedeutung eines Dokuments informieren. Dann klappt es auch besser (oder schlechter) mit dem Empören.

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